Kommentar
09:04 Uhr, 01.06.2021

AMC, Gamestop und Co: Wie Kleinanleger Unternehmen retten

Kleinanleger werden gern als naiv und unbedeutend bezeichnet. Ersteres mag zutreffen, letzteres sicherlich nicht mehr.

Erwähnte Instrumente

  • AMC Entertainment Holdings Inc - WKN: A3D7MZ - ISIN: US00165C3025 - Kurs: 26,120 $ (NYSE)
  • Gamestop Corp. - WKN: A0HGDX - ISIN: US36467W1099 - Kurs: 222,000 $ (NYSE)

Kleinanleger sind wieder am Werk. Am Freitag erreichte die Aktie der Kinokette AMC ein neues Allzeithoch bei knapp 37 Dollar. Das bisherige Hoch liegt Jahre zurück und lag bei 36 Dollar. Seither hat sich die Anzahl an Aktien jedoch vervielfacht. Der Aktienkurs mag am Freitag wieder auf dem Niveau von 2016 gewesen sein, doch die Marktkapitalisierung stand deutlich höher. Kurzfristig lag die Marktkapitalisierung bei mehr als 16 Mrd. Dollar. Das bisherige Hoch lag vor einigen Jahren bei 4,2 Mrd. Zu diesem Zeitpunkt schrieb die Kinokette über 5 Mrd. Umsatz und wies einen Gewinn von 100 Mio. aus . Die Schulden lagen bei 4,4 Mrd. Heute ist die Ausgangslage eine andere. Die Schulden stehen bei mehr als 10 Mrd. Dollar, der Umsatz liegt bei geschätzten 2,4 Mrd. in diesem Jahr und der Verlust dürfte bei mehr als 1 Mrd. stehen. Das ist gegenüber einem Verlust von 4,5 Mrd. im abgelaufenen Jahr eine deutliche Verbesserung, aber alles andere als gut.


AMC ist auf dem Papier bankrott. Das Unternehmen ist so dermaßen insolvent, dass man sich die Augen reibt. Es ist auch unwahrscheinlich, dass sich dies bald ändert. Analysten sagen bis 2023 Verluste voraus. Trotzdem hat das Unternehmen bisher keine Insolvenz anmelden müssen.
AMC Entertainment Holdings Inc
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Das hat das Management Kleinanlegern zu verdanken. Dank einer unvergleichlichen Spekulationswut konnte das Unternehmen immer wieder neue Aktien ausgeben und sich mit dem so eingenommenen Geld über Wasser halten. Ohne den Rückenwind der Kleinanleger wäre AMC Geschichte.

So wurde bisher sichergestellt, dass bei vollem Betrieb fast 40.000 Mitarbeiter einen Job haben. Die Spekulation mit der Aktie ist zwar nicht unbedingt sozial motiviert, hat aber diesen positiven Nebeneffekt. Die Motivation ist eine ganz andere. Man will Shortsellern das Handwerk legen und nebenbei reich werden.

Bisher gelingt das. Ewig lässt sich das nicht durchhalten. Fundamental bleibt das Unternehmen bankrott und da es weiterhin Verluste einfahren wird, braucht AMC regelmäßig frisches Kapital. Kleinanleger müssten auf Lebenszeit immer wieder nachkaufen. Dass das gelingt, ist unwahrscheinlich.


Dagegen ist die Wette auf Gamestop fast schon rational. Das Unternehmen ist 18 Mrd. wert. Analysten trauen dem Unternehmen ab 2023 wieder Gewinne zu, wenn auch nur geringe. Die Schuldenlast ist aber tragbar und mit der Ausgabe neuer Aktien können die Schulden abgebaut und das Unternehmen saniert werden.
Gamestop Corp.
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Unter normalen Umständen wäre wohl auch Gamestop schwer zu retten gewesen. So aber verschaffen Kleinanleger der Firma Zeit, um sich zu sanieren. So unsinnig die Spekulation aus fundamentalen Gesichtspunkten ist, sie hat positive Nebeneffekte. Sie rettet Firmen.

Offenlegung: Ich halte eine Shortposition auf AMC.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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