Kommentar
15:35 Uhr, 04.10.2021

Preisexplosion bei Kohle und Gas! Folgt nun Öl?

Gaspreise sind um den Faktor 6 gestiegen, Kohle um den Faktor 7. Es herrscht Knappheit an Energierohstoffen. Kommt Öl als nächstes dran?

Erwähnte Instrumente

  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 77,19300 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 77,19300 $/bbl. (FXCM)

Über die europäische Energiekrise hatte ich bereits berichtet. In den zwei Wochen seither hat sich viel getan. In Europa und auch im Rest der Welt sind die Gaspreise weiter gestiegen. In Europa und Asien wurden neue Allzeithochs erreicht. In Asien übertreffen die jüngsten Preise das Hoch aus dem vergangenen Winter. Dieser war besonders kalt. Entsprechend ist die Nachfrage nach Erdgas rasant gestiegen und es kam zu einer Knappheit. Der Gasmarkt reagiert sehr empfindlich auf Schwankungen der Nachfrage. Gas wird größtenteils über Pipelines transportiert. Die Kapazität ist begrenzt. Um Schwankungen auszugleichen, gibt es große Gaslager. Diese sind derzeit jedoch weniger voll als sonst üblich.

Die Lager werden vor dem Winter gefüllt, da man weiß, dass die Nachfrage im Winter steigt. Steigt die Nachfrage außerhalb der Saison an, leeren sich die Lager und können aufgrund begrenzter Kapazitäten nicht unbedingt wieder rechtzeitig aufgefüllt werden. Genau das ist nach Ende des Lockdowns geschehen.

Die Nachfrage nach Energie ist rasant gestiegen. Die Produktion läuft auf Hochtouren. Gleichzeitig war der vergangene Winter lang und kalt. Kommt es wieder dazu, könnte Gas richtig knapp werden. Der Preis reflektiert das in diesen Tagen. Wieso kam es aber überhaupt zu dieser Energiekrise?

Angefangen hat alles mit steigenden Kohlepreisen. Auch hier wurden neue Rekorde aufgestellt (Grafik 3). Der Preisanstieg bei Kohle kam vor dem Preisanstieg bei Erdgas. China ist besonders stark auf Kohle angewiesen. Ein Großteil der Energieproduktion basiert auf Kohle.


China hatte das gleiche Problem wie alle anderen. Erst standen die Laufbänder der Fabriken still, dann kam ein außergewöhnlicher Nachfrageanstieg. Zu allem Überfluss befinden sich Australien und China im Streit. China ist aber auf Kohleimporte aus Australien angewiesen bzw. wäre es. Da die Einfuhren begrenzt werden, steigt der Preis.

China selbst fördert viel Kohle. Die Sicherheitsbestimmungen wurden jedoch verschärft. Das hat die Fördermenge zumindest kurzfristig begrenzt. Da Kohle so teuer geworden ist, wurde vermehrt Gas eingesetzt. China kauft auf dem Weltmarkt, was es kriegen kann. Das hatte auch Auswirkungen auf Europa und hat zur Gasknappheit beigetragen.

In China wird inzwischen der Strom zeitweise abgestellt. Das liegt nicht daran, dass es keinen Strom mehr gibt. Die Regierung setzt vielmehr Klimaziele um. Theoretisch sollte das die Engpässe lindern. Bisher sind jedoch keine positiven Effekte zu erkennen.

Fossile Brennstoffe sind aktuell knapp. Es herrscht eine regelrechte Energiekrise. Der Ölpreis konnte davon bisher noch nicht profitieren. Es ist auch unwahrscheinlich, dass sich der Ölpreis vervielfacht. Öl ist allerdings ebenfalls knapper als viele glauben. Die Lager haben sich in Europa und den USA geleert. Der Lagerbestand ist so niedrig wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Die OPEC kann die Fördermenge zwar ausweiten, doch die Fördermenge an einem Tag ist begrenzt. Kurzfristiger Nachfrageanstieg kann nicht sofort bedient werden, denn auch bei Ölproduzenten sind die Lager leer. Saudi-Arabiens Lager sind so leer wie seit 2003 nicht mehr (Grafik 4). Die globale Nachfrage ist heute deutlich höher als 2003. Spitzt sich die Energiekrise bei Kohle und Gas weiter zu, könnte es auch bei Öl plötzlich zu einem Sprung nach oben kommen, allerdings bei weitem nicht in dem Ausmaß wie bei Gas und Kohle.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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