Kommentar
17:15 Uhr, 25.07.2019

Negativrendite bei Anleihen, schwache Banken, Gold stark

Vordergründig schlagen sich die Aktienmärkte weiterhin hervorragend und scheinen das äußerst fragile wirtschaftspolitische Umfeld vollkommen zu ignorieren. Der Schein trügt allerdings, sind doch zwischen den Aktienmärkten und auch innerhalb der einzelnen Indizes deutliche Umschichtungen zu erkennen.

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Gastbeitrag von Dr. Christoph Bost, Experte auf Guidants (jetzt folgen!)

Die Indices selbst setzen ihren Steilflug allerdings fort und aufgrund der neuen anlagestrategischen Ausrichtung der Anleger aber auch der Anlagepolitik ist ein Ende der Aufwärtsbewegung noch nicht erkennbar. Inzwischen tendieren fast alle Modelle dazu, algorithmusgesteuert primär den Trendfolgemodellen bzw. der Geldpolitik zu folgen. Aktien, welche einen stabilen Aufwärtstrend aufweisen, haben teilweise bereits Bewertungen wie zuletzt im Jahre 2000 erreicht.

Bricht allerdings ein derartiger Aufwärtstrend, sind zweistellige Kurseinbrüche noch am selben Tag die Regel. Die Bereitschaft, grundsätzlich Geld in die Aktienmärkte zu investieren ist auf die Geldpolitik der Notenbanken zurückzuführen und diese scheinen tatsächlich zu beabsichtigen, ihre Politik erneut zu lockern. Dies gilt sogar für die US-Notenbank, welche zu mindestens einen Versuch unternommen hat, zu geldpolitischer Normalität zurückzukehren; der Versuch ist gescheitert! Der Notenbankchef spricht zwar unverändert von einem soliden Wirtschaftswachstum, er rechtfertigt allerdings die bereits jetzt in einigen Bereichen deutlich gelockert Geldpolitik sowie die voraussichtlich zum Monatsende anstehende Zinssenkung mit den gestiegenen Unsicherheiten weltweit.

Glaubt die FED etwa dem eigenen Präsidenten nicht, der doch baldige Deals in Aussicht stellt? Vielleicht blicken die Ökonomen der Notenbank aber auch etwas weiter in die Zukunft und können erkennen, dass selbst mit gelungenen Deals der durch die US-Wirtschaft politisch bereits angerichtete Schaden erheblich sein wird. Die „America-First“-Politik hat das Vertrauen in die US-Politik dramatisch zerrüttet. Aus Globalisierung wurde De-Globalisierung, was für viele Unternehmen nichts anderes bedeutet als steigende Kosten.

Noch viel schlimmer ist allerdings, dass Präsident Trump mit seinen erpresserischen Methoden den Unternehmern bewusst gemacht hat, dass die USA kein verlässlicher Partner mehr ist und man die eigenen Lieferketten neu aufbauen muss. Dies reicht von einer neuen Standortsuche bis hin zu neuen Abwicklungssystemen. Haben die Amerikaner über Jahrzehnte mit dem SWIFT-System noch die Welt beherrscht, so hat inzwischen Russland ein eigenes System entwickelt, die Chinesen sind auf einem ähnlichen Weg und immer häufiger suchen Länder wie zum Beispiel Indien, der Iran und andere ihre Geschäfte auf Basis heimischer Währungen abzuwickeln. Damit ist bereits jetzt klar, die Macht des US-Dollars wird gebrochen, vielleicht in kleinen Schritten aber die Tendenz wird unumkehrbar sein. Hierzu passt auch das Signal der Russen, dass sie bereit sind dem neuen europäischen SWIFT-System (INSTEX) beizutreten.

Eine Folge dieses Entwicklung ist auch der Trend, wieder verstärkt in Gold zu investieren, wie dies weltweit viele Notenbanken bereits im letzten Jahr getan haben und dieses Jahr sogar verstärkt fortführen. Im vergangenen Jahr haben die Zentralbanken ca. 650 Tonnen Gold gekauft, 74 % mehr als im Vorjahr, und im neuen Jahr liegt man nach fünf Monaten bereits wieder 73 % höher als im Jahr zuvor. Im Gegenzug sind viele Notenbanken bereit den Bestand an US-Dollaranleihen zu reduzieren. Auch wenn der Goldmarkt kurzfristig nun aus technischer Sicht stark überkauft ist und eine Korrektur zu erwarten ist, ist die Zahl der Analysten, welche von einem weiteren Anstieg des Goldpreises in den nächsten Jahren ausgehen, deutlich gestiegen.

Das Team um NED Davis verweist zusätzlich darauf, dass dem kurzfristig hohen Optimismus für Gold noch immer ein relativ hoher Pessimismus für Goldaktien entgegensteht. Man ist daher davon überzeugt, dass man mit Edelmetallaktien in den nächsten ein/zwei Jahren überproportionale Gewinne erzielen kann. Dies gilt umso mehr dann, wenn die Notenbanken ihre derzeitige Politik weiter fortführen, womit zu rechnen ist, bedenkt man, dass die globale Verschuldung mit 246.000 Milliarden Dollar bzw. 320 % des Welt Bruttoinlandsproduktes ein neues Rekordniveau erreicht hat.

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Derzeit weitet sich das Volumen der Anleihen mit negativen Renditen sukzessive aus. Nach Zahlen von Bloomberg hat sich allein in der vergangenen Woche das Volumen an Anleihen mit negativen Renditen aus den Schwellenländern auf 246 Milliarden USD verdoppelt. Das Volumen negativ verzinslicher Unternehmensanleihen hat sich auf rund 110 Milliarden USD nahezu verdreifacht (FAZ 17. Juli 2019). Das Volumen der von Euro-Ländern begebenen Euro-Staatsanleihen mit negativer Rendite liegt inzwischen bei 3.650 Milliarden Euro und auf Euro lautende Unternehmensanleihen erreichen ein Volumen von mehr als 430 Milliarden Euro. Selbst die als hochzinslich geltenden Anleihen von Unternehmen mit schwacher Kreditwürdigkeit, sogenannte Ramschanleihen, folgen diesem Trend. Merrill Lynch hat bereits 14 Unternehmen auf Ramschniveau gefunden, welche für das Begeben von Schulden Geld erhalten.

Halten wir fest, schlecht geführte Unternehmen, die unter marktwirtschaftlichen Bedingungen oft nicht überlebensfähig wären, werden nun auch noch finanziert, sie erhalten nicht nur kostenlos Geld sondern man bezahlt sie dafür, dass sie schlechte Arbeit leisten. Doch wer finanziert sie?

Es sind die dummen Sparer, welche z.B. auf Anraten der Bundesregierung zu einer vorsichtigen Geldanlage tendieren um ihren späteren Ruhestand zu sichern. Darüber hinaus sind es Versicherungen, deren Garantieverzinsung erneut fallen wird, Pensionsfonds und andere Anlagefonds, welche der Gesetzgeber regelrecht zwingt Anlagen mit negativer Verzinsung in ihr Portfolio aufzunehmen. Es stellt darüber hinaus auch noch eine Belastung für die schwachen europäischen Banken dar, welche durch diese Politik alleine im letzten Jahr mit ca. 8 Milliarden Euro belastet wurden.

Diese Belastung wird sich bei der erwarteten Fortsetzung der Geldpolitik in den nächsten zwei Wochen weiter verschärfen. Wird damit die Deutsche Bank doch noch ein Pleitekandidat? Niemand will mehr mit der Deutschen Bank zusammengehen. Nach Informationen von Bloomberg haben Kunden der Deutschen Bank, hauptsächlich Hedgefonds, einen Bankenrun gestartet, der mit einem täglichen Risiko von rund 1 Milliarde USD gipfelte (Zero Hedge, 16. Juli 2019). Dies könnte der Grund sein, warum die Deutsche Bank ihr Investmentgeschäft so rasch wie möglich abstoßen will.

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Weitere Risiken für die längerfristige Entwicklung stellt die sinkende Investitionsbereitschaft dar, müssen doch nicht nur die Unternehmen ihre Lieferketten neu strukturieren sondern ist die Verunsicherung inzwischen stark gestiegen, ob die Konjunkturabschwächung aufgrund des Protektionismus nicht letztendlich auch auf die Binnenmärkte abfärbt und damit die Rezessionswahrscheinlichkeit deutlich steigt. Der stark rückläufige Handel in Singapur, einem der wichtigsten Umschlagplätze, von ca. 7,2 % ist bemerkenswert und, dass die Exporte von Primärchemikalien nach China im Juni um 50 % eingebrochen sind, ist sicherlich auch keine gute Nachricht.

Der Case Freight Frachtindex ist bereits den siebten Monat in Folge negativ und verzeichnet im Juni ein Minus von 5,3 %. Es gibt zwar erste Anzeichen auf eine leichte Stabilisierung, insgesamt deuten die Wirtschaftsdaten aber darauf hin, dass sich das Weltwirtschaftswachstum auch im zweiten Halbjahr verlangsamen wird. Die chinesische Regierung fährt ihrer Staatsausgaben hoch und versucht diesem Trend gegenzusteuern, um das Wachstum aber wieder wesentlich zu dynamisieren bedarf es der Hilfe der anderen großen Wirtschaftsnationen und diese ist derzeit noch gering. In Europa hofft man auf Kosten der Chinesen mit einer disziplinierten Ausgabepolitik zu punkten.

Bleibt letztlich die Frage offen, wie lange wird diese Politik noch funktionieren und wann wird der dumme Anleger endlich die Nase voll haben und sich gegen die kontinuierliche Enteignung wehren!

Vieles steht auf Messers Schneide und eines dürfte sicher sein, die derzeitige Geldpolitik dient lediglich einer Politik zum Schaden des kleinen Mannes, denn die Reichen profitieren von ihren Aktien- und Immobilienanlagen. Wird es gelingen, auf dem jetzt deutlich gestiegenen Preisniveau die kleinen Sparer in die Aktienmärkte um zu lenken? Wir haben unsere Zweifel. Die Bereitschaft, in Gold zu investieren, dürfte bei diesem Anlegerprofil eher gegeben sein. Dies gilt umso mehr, wenn dem Anleger die Absurdität des Negativzinses erst richtig bewusst wird und wenn ihm klar wird, dass neben dem negativen Zins auch noch die Enteignung durch die bestehende Inflation von ca. 1,5 % forciert wird.

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3 Kommentare

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  • netzadler
    netzadler

    diese dinge sind alle mindestens seit 2015 klar.

    diese trickle down Theorie ist an Blödheit und Primitivität eigentlich auch durch nichts zu unterbieten. die Rechnung liegt schon lange auf dem tisch

    es wird sehr ungemütlich, die asiaten und die Amerikaner haben noch das glück ihrer technologieführerschaft aber auch das Pech ihrer konsumjunkies

    Europa hat leider nur konsumjunkies.

    Selbstüberschätzung ist schon eine ziemlich dumme sache, das deutsche wirtschaftsmodell wird gerade in seine Einzelteile zerlegt

    ...aber scholzi sagt ja, alles wird gut..nur eine delle...die EZB wird schon ihren Job machen

    jetzt geht's erst mal in die Sommerferien.....ich sag schon mal gute nacht deutschland

    09:00 Uhr, 26.07.2019
    1 Antwort anzeigen
  • benz49
    benz49

    Prima, endlich wird mal Klartext gesprochen.

    06:24 Uhr, 26.07.2019