Kommentar
08:04 Uhr, 11.02.2015

Hohe Öl-Lagerbestände: Garantie für weiter fallende Preise?

Die Öllager sind jetzt so voll wie noch nie zuvor. Damit ist eigentlich klar, dass sich das Überangebot weiter ausweitet. Wieso aber konnten sich dann die Ölpreise wieder stabilisieren?

Erwähnte Instrumente

Einerseits reagieren Ölpreise relativ stark auf Lagerdaten. Andererseits sind die Daten nicht immer leicht zu interpretieren. Die erste und natürliche Reaktion ist ein fallender Ölpreis, wenn der Lagerbestand steigt. Umgekehrt steigt der Ölpreis, wenn sich die Lager leeren. Der Lagerbestand dient gewissermaßen als Gradmesser von Angebot und Nachfrage. Ist das Angebot größer als die Nachfrage, dann steigt der Lagerbestand und der Preis sinkt. Das war in den vergangenen Wochen immer wieder gut zu beobachten.

Grafik 1 zeigt den Zusammenhang. Es sind der Lagerbestand und der Ölpreis abgebildet. Zur besseren Vergleichbarkeit ist der Ölpreis invertiert. Je höher der Wert, desto geringer ist der Preis in Wirklichkeit. Eine solche Grafik hatte ich hier schon vor zwei Wochen veröffentlicht. Sie ist nicht wirklich neu. Was aber neu ist, ist die Reaktion der Ölpreise auf die Lagerdaten.

Obwohl die Laber bisher ihr absolutes Rekordhoch erreicht haben, sind die Preise nicht weiter gefallen. Das kommt immer wieder vor. Betrachtet man nicht die wöchentlichen Daten, sondern die Daten auf Jahresbasis, dann zeigt sich schon fast überhaupt kein Zusammenhang mehr. Von 2001 bis 2011 stiegen Ölpreis und Lagerbestand parallel an. Diese Tendenz ist auch teilweise in den wöchentlichen Daten in Grafik 1 zu sehen. Ein solches Verhalten ist nicht gerade logisch.
Es gibt für dieses konträre Verhalten einige Erklärungsansätze. Es ist nämlich für Produzenten, Rohstoffhändler und sogar Hedge Fonds interessant bei niedrigen Preisen Öl zu lagern. Das gilt vor allem dann, wenn der aktuelle Preis deutlich niedriger ist als der zukünftige. Momentan kostet Öl mit Lieferung im März 2015 etwas über 50 USD. Eine Lieferung von Öl für März 2016 kostet 10 USD pro Barrel mehr. Davon können Firmen profitieren. Sie kaufen Öl zum aktuellen Preis und lagern es. Konkret gehen sie einen Future Trade mit physischer Lieferung ein. Sie kaufen dabei also zum aktuellen, niedrigen Preis und verkaufen Öl mit Lieferung irgendwann in der Zukunft, z.B. März 2016.

Im Normalfall sollte der Markt so effizient sein, dass es keinen Anreiz für die Öllagerung gibt. Der zukünftige Ölpreis sollte dem aktuellen Preis entsprechen, zuzüglich der Lagerungskosten. Ist Öl mit einem zukünftigen Liefertermin teurer als der aktuelle Preis zuzüglich Lagerkosten, dann macht es Sinn Öl zu lagern. Das geschieht gerade. Es gibt vermehrt Berichte darüber, dass nun Rohstoffhändler anfangen Öltanker für die Lagerung zu chartern. Es wird vermutet, dass damit pro Monat im aktuellen Umfeld ein Gewinn von 0,5 USD pro Barrel gemacht werden kann. Chartert man einen großen Tanker mit z.B. 2,5 Mio. Barrel Fassungsvermögen, dann kommt über die Zeit eine Menge an Geld zusammen. Pro Monat lässt sich so momentan über eine Millionen USD verdienen, wenn man Öl einfach nur im Tanker liegen lässt.

So lange die Futures deutlich über den aktuellen Preisen stehen ist der Anreiz groß Lager aufzubauen. Erst wenn die Terminkurve wieder deutlich abflacht ist davon auszugehen, dass die Lager wieder abgebaut werden. So kann es zu der etwas absurden Situation führen, dass ein Überangebot zu einer Verknappung von Rohstoff führt, weil es einfach lukrativer ist den Rohstoff zu lagern als ihn zu verkaufen. Ziehen dann die Preise an werden Lager abgebaut. Das wirkt dann allerdings auch wieder dämpfend auf die Preise, weil das Angebot wieder steigt.

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2 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    Wo stammen die Daten eigentlich her, bzw. Um welche Lagerstätten handelt es sich?

    a) Dürften amerikanische Lagerstätten nicht nur durch den milden Winter sondern vor allem zum Arbeitsplatzschutz der Fracking Unternehmen gestützt werden quasi Anti-Saudi

    b) Weniger schön aber wie wird ein militärischer Aufbau im Falle eines Krieges bewertet?

    c) Es wird als Folge von b dann vielleicht mit dem politischen Ausfall eines oder mehrerer Lieferanten kalkuliert. Was den Future rechtfertigt.

    Wobei die Staaten einen geringen Anteil an russischen Rohstoffen haben dürften.

    18:10 Uhr, 11.02. 2015
  • schimpanse69
    schimpanse69

    "Next Level" - Angebot und Nachfrage.

    Man sollte den VWL Unterricht um Future-Angebot und Nachfrage erweitern.

    11:51 Uhr, 11.02. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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