Kommentar
13:51 Uhr, 13.07.2015

Griechenland: Die so genannte "Einigung"...

Wie heißt es so schön: "Das dicke Ende kommt erst noch". Besser lässt sich die aktuelle Lage in der krisengeschüttelten Europäischen Union kaum beschreiben. Auch der jüngste Gipfelkompromiss in Sachen Griechenland ist ein Indiz hierfür...

An den Börsen wird gerade die Einigung im Griechenland-Streit gefeiert. Der DAX notiert anderthalb Prozent im Plus. Wie man den faulen Kompromiss der Brüsseler Verhandlungsnacht "toll" finden kann, bleibt schleierhaft. Insbesondere der "Rettungsfonds", der vorsieht, einen Großteil des griechischen Volksvermögens zu privatisieren, dürfte den Eurorettern schon bald auf die Füße fallen.

Man muss sich das vorstellen: Den Griechen soll jetzt ein Sparprogramm auferlegt werden, das um einiges härter ist, als jene Vorschläge, die von fast zwei Dritteln der Bevölkerung vor Wochenfrist per Referendum abgelehnt wurden. Gar nicht zu reden von dem Porzellan, das von allen Seite auf der Vertrauensebene zerschlagen wurde. Man muss schon reichlich naiv sein, um nach der bislang längsten Nacht von Brüssel von einer "Beilegung der Krise" zu sprechen.

Meiner persönlichen Einschätzung nach geht das Drama jetzt erst so richtig los. Was uns hier als "Lösung" verkauft wird, das ist in Wahrheit die völlige Demütigung des griechischen Volkes. Das Ergebnis des Brüsseler Verhandlungsmarathons vermittelt folgenden Eindruck: Geldgeber und EU treten auf den am Boden liegenden Gegner und feiern dessen Kapitulation als "Sieg".

Das wird sich bitter rächen. Schwere Turbulenzen und Neuwahlen dürften in Griechenland nur noch eine Frage der Zeit sein. Und schon heute ist absehbar, dass sich die Dinge derart zuspitzen werden, dass auch Italien, Spanien und Frankreich in den Strudel gezogen werden. Spätestens dann wird sich hoffentlich die Idee durchsetzen, dass wir dringend einen Neuanfang brauchen.

Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten bemerken zu den aktuellen Vorgängen:

"Mit einer Einigung mit Griechenland beginnt der Schrecken erst richtig – für Griechenland und für Europa. Am Ende wird der Bruch stehen: Entweder die Südstaaten gründen eine neue Union, aber Deutschland tritt aus. George Soros hatte dies bereits vor Jahren empfohlen, er wird recht bekommen.

Die chaotische Abwicklung der Euro-Zone wird gewaltige Summen kosten. Der Lebensstandard wird in keinem der EU-Länder zu halten sein. Der private Sektor wird ausgehöhlt. Was bleibt, ist eine Zwangsherrschaft von staatlichen Einzel-Interessen. Das Zusammenleben in Europa wird nicht mehr von Verträgen bestimmt, sondern vom Recht des Stärkeren.

Angela Merkel ist, wie Gregor Gysi prophezeit hat, zur Zerstörerin des Euro geworden. Denn alle Euro-Staaten sind mehr oder weniger „pleite“, wenn man die Maßstäbe des Fiskalpakts anlegt. Die Summen, die noch vernichtet werden, werden ein Vielfaches dessen sein, was das Griechenland-Desaster kostet. Wir werden soziale Unruhen, Aufstände und Gewalt sehen".

deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/07/13/ende-mit-grauen-die-abwicklung-der-euro-zone-hat-begonnen/

Das ist in der Tat zu befürchten. Die alles entscheidende Frage lautet daher, was noch alles geschehen muss, bis machtbesessene und völlig ahnungslose Brüsseler Technokraten zur Vernunft kommen.

Es ist durchaus beklemmend, dass viele unserer "verrückten Prognosen" der vergangenen Jahre allmählich in der Realität ankommen. In der kommenden Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs werden wir die aktuellen Entwicklungen einordnen und Vorschläge erarbeiten, was jetzt zu tun ist...

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de

57 Kommentare

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  • A-B-C
    A-B-C

    Lieber Herr Hoose, Sie sind mir mit vielen Ihrer Meinungen durchaus sympathisch, und ich lese Ihren Antizyklischen Börsenbrief mit großem Interesse. Aber Ihr Mitgefühl mit den Griechen geht doch ein bischen sehr weit. Zitat Goldman Sachs ( sinngemäß ): "Skeptisch,weil Griechenland in der Vergangenheit zugesagte Maßnahmen stets wieder annuliert, sprich: betrogen hat, nachdem erst mal Geld geflossen ist. Deshalb wäre es zwingend, sie an der sehr kurzen Leine zu halten." Das finde ich auch, wenn es schon ( leider ) nicht zum Grexit kommen sollte.

    11:59 Uhr, 14.07.2015
    1 Antwort anzeigen
  • bembes
    bembes

    Griechen: und wer war damals Bundeskanzler ?? Putin Freund und Genosse Schröter !!!

    04:32 Uhr, 14.07.2015
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Die griechische Gesellschaft ist korrupt, zutiefst korrupt, seit Jahrzehnten. Wer Griechenland und die dortigen Verhältnisse kennt, wird das bestätigen. Fakelaki ist der Normalzustand, ob Fakelaki für einen schnelleren Arzttermin, Fakelaki für den Architekten oder Fakelaki für passende politische Entscheidungen. Vielleicht wurde bei Tsipras auch mit Fakelaki nachgeholfen?

    Loyalität mit seinem Staat ist dem Griechen wesensfremd. Eher bewacht ein Schäferhund die Fleischvorräte als das ein Grieche ordnungsgemäß seine Steuern entrichtet. Nun ändert das jedoch alles nichts an der Tatsache, das die Griechen von ihren Politikern und den EU-Akteuren übers Ohr gehauen wurden. Bankenrettung statt Griechenrettung. Das Land hätte nie und nimmer in die Eurozone integriert werden dürfen. Goldman hat Greece in die Eurozone getrickst, von den damals Verantwortlichen durchaus erkannt, aber unternommen wurde nichts.

    Wenn man das Verhandlungswochenende in Brüssel rekapituliert, dann ist es kein besonders weiter Weg zu der Vermutung, das an diesem Sommerwochenende im Juli 15 der Grundstein für das endgültige Scheitern der Eurozone gelegt wurde.

    23:00 Uhr, 13.07.2015
    1 Antwort anzeigen
  • HumphreyWeyden
    HumphreyWeyden

    Diese Karrikatur ist passenderweise an Bitterkeit kaum zu überbieten.
    22:48 Uhr, 13.07.2015
  • PAOK
    PAOK

    Ende gut alles gut :-) *Späßle*

    21:39 Uhr, 13.07.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Husky
    Husky

    Griechenland ist unwillig und unfähig, von innen heraus echte Reformen des Staatswesens durchzuführen. Die Selbständigen und Unternehmer / Unternehmen betrügen bei der MwSt, die kleinen abhängig Beschäftigten udn Rentner bessern mittels Sozialbetrug ihre Kasse auf (die Griechen haben die schlechtesten Augen aller Völker dieser Erde!).

    Ich hätte eine andere Idee für die Reformen in GR:

    Deutschland übernimmt die Zahlung des Blindengeldes. Dies macht bei der Regiserung in Athen fast 1 MRD Euro frei, die in echte Investitionen umgeleitet werden sollen. D als Zahler überprüft durch Angestellte der Rentenversicherung Bund die tatsächliche Bedürftigkeit - und zahlt nur genau diesen Griechen das Blindengeld aus. Die zusätzliche Belastung (etwa 80 Mio!) wird vom Bund durch Erhöhung des Bundeszuschusses (ja, 34% der Renten in D sind steuerfiannziert!) ausgeglichen. Man kann das Blindengeld dann sogar erhöhen.

    Alle gewinnen:

    - die wirklich Sehschwachen bekommen Ihren Zuschuß zum Lebensunterhalt garantiert und pünktlich (und vielleicht sogar mehr als bisher)

    - die griechische Regierung bekommt mehr als 1 Mrd. € frei für Investitionen

    - der deutsche Steuerzahler braucht nur 8% (bei Erhöhung 10%) der Summe aufbringen, die ansonsten in Form von Krediten nach Athen erforderlich gewesen wären

    - die Griechen lernen, dass sich Sozialbetrug nicht lohnt

    Und da gibt es noch die abenteuerlichsten Gesetze in GR. So darf man nur dann einen Marktstand betreiben, wenn man keinen festen Wohnsitz hat. Mit dieser Festlegung wollte man wohl die Besitzer / Betreiber von stationären Geschäften schützen. Das hat aber eine Kehrseite: wer keinen festen Wohnsitz hat, zahlt auch keine Steuern an das FA, denn er hat keine Steuernummer und ist auch mit dem Namen allein nicht identifizierbar. An wen schickt das FA dann eine Steuerfestsetzugn / Steuerbescheid?

    Diese Regelung verhindert, dass Kleingewerbetreibende etwas tun können, dass der Staat die MwSt einnehmen kann und dass endlich wieder mehr Menschen in Lohn und Brot kommen.

    Derartige sinnfreie Gesetze zu kassieren kostet keine sozialen Einschnitte oder Erhöhung des Renteneintrittsalters - also keinen sozialen Kahlschlag. Es wäre aber Voraussetzung, um endlich der Wirtschaft die Schlinge vom Hals zu nehmen. Mit solchen Gesetzen am Hals hätte es in D nach dem WKII kein Wirtschaftswunder gegeben.

    18:11 Uhr, 13.07.2015
  • Lumpazi
    Lumpazi

    Die EU ist das Problem

    In den Kommentarspalten der Medien wimmelt es von Verzweifelten, die ökonomischen Sachverstand einfordern. Dabei wird das verfolgte Hauptziel übersehen: ,,mehr Europa" als zentralistischer Einheitsstaat nach Idee und Vorbild aus Frankreich. Der Euro soll den nötigen Treibstoff bieten. Koste es, was es wolle.

    Man übernehme einmal nur einen Moment lang diesen Standpunkt. Dann stellt man fest, dass alles folgerichtig ist: Bruch des Maastrichtvertrages (Haushaltsdefizitgrenze, Gesamtverschuldungsgrenze, Staatsfinanzierungsverbot, Haftungsausschluss), endlose Griechenlandsubventionierung, Kredittöpfe (EFSF, ESM), EZB-Statutbruch (indirekte Staatsfinanzierung, Notkredite für insolvente Banken), Sonderrechte für Großbritannien. Niemand soll durch unangenehme Konsequenzen vor den Kopf gestoßen werden. Maximale Größe wird angestrebt. Der Weg zur Vereinheitlichung duldet aber auch kein Ausscheren und kein furchtsames Zurückweichen. Langmut der EU-Politiker und griechische Pokerei sind daher zwei Seiten derselben Medaille.
    Die Halsstarrigkeit des bankrotten Griechenlands wirkte vor diesem Hintergrund wie die Gefahr des Separatismus. Im staatlichen Normalfall würde man dagegen Soldaten schicken, im Spezialfall der unvollendeten EU schickt man ein drittes Kreditpaket oder den Schuldenerlass. Nicht zufällig kommen die stärksten Befürworter dafür aus Frankreich. Die Transferunion wird die zwingende Folge sein.

    Ob sich die historisch gewachsenen Nationen das gefallen lassen werden? Nicht zufällig kommt der stärkste politische Widerstand dagegen mit der Front National auch aus Frankreich.

    18:08 Uhr, 13.07.2015
    1 Antwort anzeigen