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12:16 Uhr, 06.05.2022

Gold: Geldpolitisch blockiert

Dass die US-Notenbank aggressiver gegen die Teuerung vorgeht als die Europäische Notenbank, zeigt die Performance des Goldpreises in US-Dollar und Euro in diesem Jahr. Für den Goldanleger im Euroraum steht noch ein Plus von gut 10 Prozent zu Buche, während es in US-Dollar gerechnet nicht einmal mehr 3 Prozent sind.

Frankfurt/ London (Godmode-Trader.de) - Gold erfreute sich ab Jahresbeginn wieder einer hohen Nachfrage. Die Rückkehr der Inflation gab dem Edelmetall zunächst in seiner Funktion als Inflationsschutz Auftrieb. Die Teuerungsraten erreichten sowohl in den USA als auch im Euroraum Rekordwerte wie zuletzt vor 40 Jahren. So hat sich der US-Preisauftrieb im April auf 8,5 Prozent beschleunigt, im Euroraum auf 7,5 Prozent.

Mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine im Februar kam der sichere Anlagehafen als Kaufargument hinzu. Das hatte den Preis sowohl in US-Dollar als auch in Euro temporär wieder in Richtung seiner Allzeitniveaus bis knapp 2.030 US-Dollar bzw. 1.855 Euro je Unze befördert. Die Rekordmarke von knapp 2.070 in US-Dollar schien in greifbarer Nähe.

Doch dann kam die Kehrtwende, die Preise kamen zurück, insbesondere in Dollar. „Mit dem Erreichen dieser Marken bröckelte die Zuversicht unter den Anlegern, da die Opportunitätskosten des zinslosen Goldes in den Vordergrund drängten“, kommentierte Gertrud Traud, Head of Research bei der Helaba.

Hintergrund ist die Geldpolitik der Federal Reserve: Seit sich die US-Notenbank dem Kampf gegen die hohe Inflation stellt, ging es für das gelbe Edelmetall erst einmal bergab. Nach dem ersten Zinsschritt im März tendierte der Preis unter 1.900 Dollar/Unze, er bäumte sich zwar zweimal auf und stieg zeitweilig zurück auf 1.977 Dollar/Unze: Mit dem sich anbahnenden und dann vollzogenen nächsten Zinsschritt jetzt am Mittwoch der Fed konnte Gold die Marke von 1.900 Dollar aber erneut nicht mehr halten und rutschte bis auf 1.850 Dollar ab, zuletzt notierte die Unze bei 1.880 Dollar.

Nachdem die Fed nun die größte Zinserhöhung seit dem Jahr 2000 vorgenommen hat und zugleich signalisierte, dass sie den Straffungskurs weiter streng befolgen wird, rechnen Beobachter nun damit, dass die US-Geldpolitik am Ende des Jahres ein neutrales Niveau erreicht. An den Finanzmärkten hat diese Aussicht den Anleiherenditen zunächst weiter Auftrieb verliehen, was auch den US-Dollar hat aufwerten lassen. „Üblicherweise ist Gold in Zinsanhebungsphasen der Fed sehr eng an die US-Währung gebunden, so dass für das Edelmetall hier wenig zu holen ist“, urteilte die Helaba.

Für das Edelmetall werde es erst am Ende des Zinszyklus wieder richtig spannend. „Dann wird sich zeigen, ob es der Notenbank mit ihrem raschen Neutralisierungskurs gelingt, die Inflationsdynamik einzufangen und gleichzeitig vor dem Hintergrund eines Angebotsschocks eine sanfte Landung der US-Wirtschaft zu bewerkstelligen“, schrieb Analystin Traud. Längst sei nicht ausgemacht, ob diese Rechnung aufgehen werde.

Dass die US-Notenbank aggressiver gegen die Teuerung vorgeht als die Europäische Notenbank, zeigt die Performance des Goldpreises in US-Dollar und Euro in diesem Jahr. Für den Goldanleger im Euroraum steht noch ein Plus von gut 10 Prozent zu Buche, während es in US-Dollar gerechnet nicht einmal mehr 3 Prozent sind.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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