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12:11 Uhr, 19.12.2022

EU-Gaspreis: Der Deckel soll es jetzt richten

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) beraten heute über eine Obergrenze für den Gaspreis. Damit wollen sie einen Weg auf der Krisen-Sackgasse ebnen.

Monatelang haben die EU-Staaten über Art und Ausmaß eines Gaspreisdeckels verhandelt und gestritten, nun sollen die Energieminister heute zu einem gemeinsamen Beschluss kommen. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, unter bestimmten Umständen den Preis für Gas, das am niederländischen Großhandelsplatz TTF verkauft wird, bei 275 Euro pro Megawattstunde zu deckeln. Einigen Staaten geht dies nicht weit genug. Im Gespräch ist eine niedrigere Grenze. So schlug die tschechische Regierung, die die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat, vor, die Obergrenze auf 188 Euro pro Megawattstunde festzusetzen.

Der Vorschlag, in den Markt einzugreifen, der bereits seit Frühjahr von einer Gruppe von Mitgliedstaaten gefordert wurde, hat zu einer Spaltung der Mitgliedstaaten geführt. In den letzten Wochen drängte Deutschland auf ein vorsichtiges Vorgehen, während Belgien, Griechenland, Italien und Polen ein aggressiveres Instrument mit einer Preisobergrenze von unter 200 Euro anpeilten. Die Bundesregierung in Berlin besteht nun noch darauf, dass Sicherheitsmechanismen eingebaut werden, um eine mögliche Versorgungslage auf dem europäischen Markt zu verhindern.

Auf dem Spiel steht nichts weniger als die Zukunft der 17-Billionen-Dollar-Wirtschaft der Union, wo die steigenden Energiepreise bereits die Inflation angeheizt haben und die EU in eine Rezession zu stürzen drohen. Die Krise hat zudem die Haushalte der europäischen Regierungen belastet. Diese haben nach einer Schätzung von Bloomberg mehr als 700 Mrd. Dollar an Hilfen für Unternehmen und Verbraucher aufbringen müssen.

Nach der jüngsten Überarbeitung würde der sogenannte Gasmarktkorrekturmechanismus in Kraft treten, wenn die Monats- bis Jahreskontrakte an der niederländischen TTF drei Tage lang 188 Euro je Megawattstunde übersteigen. Außerdem müsste die Differenz zu einem vorher festgelegten LNG-Preiskorb mehr als 35 Euro betragen. Verträge, die diese Obergrenze überschreiten, dürfen nicht ausgeführt werden.

Darüber hinaus sieht der neue Entwurf vor, dass die EU-Kommission ihre Marktinterventionen aussetzen kann, wenn diese die Maßnahmen der EU zur Reduzierung der Gasnachfrage untergraben. Das Exekutivorgan würde den Mechanismus auch sofort stoppen, wenn er die Versorgungssicherheit gefährdet. Einige Kritiker befürchten, dass eine Preisbegrenzung in Europa die Attraktivität des Marktes für Verkäufer auf der ganzen Welt eintrüben könnte.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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