Analyse
12:29 Uhr, 18.02.2020

Gemeinsam gegen den Steuerirrsinn!

Die Entmündigung der Bürger nimmt mit dieser Gesetzesänderung ganz neue Dimensionen an. Das kann so nicht weiter gehen, deshalb wird gehandelt!

Die im Dezember 2019 beschlossene Änderung des Einkommenssteuergesetzes (EStG) zielt darauf, ab 2021 die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten bei Termingeschäften für private Anleger, ebenso wie die Anrechnung von Totalverlusten mit Wertpapieren bereits ab 2020, stark zu beschränken. Wir fordern, dass die entsprechenden Passus, die mit dem „Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“, Art. 5 (s. Bundesgesetzblatt Teil I 2019 Nr. 52 vom 30.12.2019, S. 2884) eingeführt wurden, ersatzlos gestrichen werden.

Aus diesem Grund wurde gemeinsam mit unseren Partnern eine Petition ins Leben gerufen, die diesem Steuerirrsinn ein Ende bereiten soll. Dabei zählt jede Unterschrift, da es um die Zukunft von uns allen geht. Wir haben hier die Chance gemeinsam was zu verändern und vor allem Olaf Scholz & Co. zu zeigen, dass es reicht! Also mitmachen, die Zeit der Petition ist mit 8 Wochen sehr begrenzt. Ich hab gerade keine Zeit oder ich mach es später gibts nicht, die Unterschrift dauert 1 Minute. Wer nicht handelt darf später auch nicht meckern.

Auf den Link klicken, um zur Petition zu gelangen und Unterschrift abgeben: https://www.openpetition.de/petition/online/initiative-ruecknahme-der-steuerlichen-benachteiligungen-privater-anleger#

Zur Gesetzesänderung sollte man sich auch folgende Artikel genau durchlesen:

Diese Gesetzesänderung hat katastrophale Folgen für den Privatanleger

Besteuerung von Termingeschäften: Die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sich!

Steueränderung: Drei Trader ziehen Bilanz!

Begründung

Dem § 20 Absatz 6 EStG wurden nach Satz 4 weitere Sätze hinzugefügt – siehe: www.buzer.de/gesetz/13735/a233315.htm

Demnach dürfen ab 2021 realisierte Verluste aus Termingeschäften nur noch mit gleichartigen Gewinnen und nur noch bis maximal 10.000 Euro jährlich steuersparend verrechnet werden. Ein eventueller Differenzbetrag kann zwar als Verlustvortrag auf das/die Folgejahr/e vorgetragen werden, aber für diese/s gilt wiederum die 10.000-Euro-Grenze. Währenddessen müssen eventuelle Gewinne, die faktisch (und bisher auch steuerlich) durch diese Verluste gemindert wurden, vollumfänglich mit der Abgeltungssteuer versteuert werden.

Ein Anleger, der z.B. mit einzelnen Transaktionen Gewinne i.H.v. 35.000 Euro, aber mit anderen 20.000 Euro Verlust erzielt hat, muss davon nach derzeitiger Regelung 15.000 Euro (= 35.000 – 20.000) versteuern; nach der neuen Regelung müsste er dagegen 25.000 Euro (= 35.000 – 10.000) versteuern, weil nur 10.000 Euro Verlust anerkannt würden. Die Steuerschuld ist also um zwei Drittel höher, obwohl der Anleger den entsprechenden Saldo gar nicht vereinnahmt hat!

Folge der Regelung

Dadurch erfolgt zum einen eine – unserer Meinung nach eindeutig rechtswidrige – unterschiedliche steuerliche Behandlung von Verlusten und Gewinnen. Zum anderen wird die Anrechenbarkeit von Verlusten über verschiedene Anlageklassen hinweg verschlechtert (weil entweder ein dritter „Verrechnungstopf“ aufgemacht wird – neben dem bisherigen „Aktien-Verrechnungstopf“ und dem „Allgemeinen Verrechnungstopf“ – oder Termingeschäfte in keinem Topf mehr sind und die Anleger selbst die Verluste im Rahmen der Abgeltungssteuer geltend machen müssen). Das führt dazu, dass die Komplexität der Besteuerung von Kapitalerträgen weiter erhöht wird (die durch die pauschale Abgeltungssteuer ursprünglich drastisch vereinfacht werden sollte).

Wer ist von dieser Änderung betroffen?

Betroffen von der neuen gesetzlichen Regelung sind voraussichtlich nicht nur Futures und Optionen, sondern auch bankübliche Derivate wie Optionsscheine und Hebelprodukte, die eine breite Akzeptanz unter Anlegern finden. Damit belasten die neuen Regelungen also private Anleger z.B. in folgenden Fällen:

- Anleger, die ihre private Altersvorsorge über den Aktienmarkt aufbauen und absichern wollen. Denn der Kauf einer Absicherungsposition in Form eines Derivates ist mit erheblich weniger Kosten verbunden als der Abbau von breit diversifizierten Depotpositionen,

- Anleger, die über wenig Kapital verfügen und daher üblicherweise Derivate statt klassische Aktien als Anlage nutzen,

- Anleger, die konservative Derivate für ihre Altersvorsorge nutzen wollen, z.B. sogenannte Aktienanleihen oder Basket-Zertifikate,

- Anleger, die verschiedenste Anlagestrategien über Derivate nutzen.

Weitere Folgen für Anleger, die nicht erwünscht sein können

a. Sofern Anleger durch die Einschränkungen der Verlustverrechnung von Termingeschäften vor sich selbst geschützt werden sollten, ist das nicht gelungen. Da die Verluste in Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften gegengerechnet werden können, entsteht ein konträrer Effekt im Sinne des Gesetzes: Es ist davon auszugehen, dass gerade kleine Anleger alles versuchen werden, um eventuell entstandene Verluste durch Derivate mit erneuten Käufen von Derivaten auszugleichen, da diese nicht über andere Anlageklassen ausgeglichen werden können. Das kann zu einem ruinösen Prozess führen.

b. Anleger werden auf ausländische Broker ausweichen, da es dort keinen unterjährigen Abzug der Steuer gibt. Leider gibt es aber gerade im Ausland auch viele unseriöse Broker. Die Gefahr, dass kleinere Anleger in die Hände diverser unseriöser Anbieter getrieben werden, nimmt deutlich zu. Auch hier ist demnach der Schutz der Anleger massiv in Frage gestellt. Auf die Schwächung des Finanzstandorts Deutschland ist oben bereits hingewiesen worden.

c. Die Möglichkeit, die restlichen Verluste auf die nächsten Jahre vorzutragen, wird bei vielen Tradern dazu führen, dass immer größere Verlustvorträge entstehen, die gar nicht mehr sinnvoll abgebaut werden können. In der Realität wird dieses Gesetz also bei einigen Anlegern zu einem unfassbaren Steuerirrsinn eskalieren.

Hinweis: Diese Petition ist eine gemeinschaftliche Initiative verschiedenster Finanzinformationsanbieter, Medienunternehmen, Anlegerportalbetreiber, Finanzsoftwareentwickler & Angehörige der Börsen, Anleger-Communities und anderen.

Argumente gegen die neuen Steuerregeln im Detail

1. Asymmetrie in der Besteuerung

Was ein Gewinn ist, wird durch das Gesetz zum Nachteil der Anleger neu definiert. Positiv verlaufene Transaktionen werden anders behandelt als negativ verlaufene Transaktionen. Dies führt dazu, dass sogar dann Gewinnsteuern entrichtet werden müssen, wenn nach der bisherigen und einzig richtigen Definition gar keine Gewinne angefallen sind. Diese Asymmetrie folgt nicht nur keinerlei Logik, sondern ist auch geeignet, das Vertrauen der Steuerpflichtigen in den Staat zu unterminieren.

2. Grundrechte und steuerliche Prinzipien verletzt

Der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes wird durch das neue Gesetz in offenkundiger Weise verletzt. Außerdem ist ein klarer Verstoß gegen das Nettoprinzip erkennbar, ebenso wie gegen den Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit.

3. Aushebelung von BFH-Urteilen

Der BFH hat entschieden, dass Totalverluste auch ohne „Schlusstransaktion“ steuermindernd berücksichtigt werden müssen. Totalverluste konnten zwar bis zu dem Urteil nicht geltend gemacht werden, bis zum BFH-Urteil konnten sie aber dadurch zur Anerkennung kommen, dass die ganz oder nahezu wertlosen Papiere an einen Dritten verkauft wurden. Das neue Gesetz ignoriert nicht nur das BFH-Urteil, sondern verbaut außerdem noch die Möglichkeit, bei (nahezu) Totalverlusten via Transaktion den Verlust geltend zu machen.

4. Entmündigung der Bürger

Eine selbstbestimmte Verwaltung des eigenen Vermögens beinhaltet, dass Anleger die gesamte Bandbreite der verfügbaren Anlage-Instrumente nutzen können. Es ist nicht Aufgabe des Staates, über eine prohibitiv ausgestaltete Steuergesetzgebung sozusagen ein „Ersatzverbot“ bestimmter Anlagemöglichkeiten durchzusetzen. Wenn das Ziel des Gesetzgebers ist, wie in der Gesetzes-Begründung angeführt, das investierte Volumen der Privatanleger in Termingeschäften gering zu halten, um diese letztlich zu schützen, kann dies auch auf einen deutlich faireren Weg wie z.B. einem zwingenden „Börsenführerschein“ für Termingeschäfte erreicht werden.

5. Arbeitsplätze gefährdet

Da davon auszugehen ist, dass nicht nur weniger Derivate gehandelt werden, sondern dass Anleger auf ausländische Broker ausweichen, sind Tausende Arbeitsplätze bei Onlinebrokern, CFD-Brokern, Emittenten und Finanzportalen direkt oder indirekt gefährdet. Der Finanzstandort Deutschland wird durch dieses Gesetz aller Wahrscheinlichkeit erheblich geschwächt.


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6. Unnötige Belastung der Gerichte

Aufgrund der offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Gesetzes und der bereits vorliegenden Urteile des BFH ist es offensichtlich, dass es zu vermutlich Tausenden Klagen betroffener Anleger kommen wird. Damit werden die ohnehin überlasteten Gerichte in völlig vorhersehbarer Weise einer unnötigen Klagewelle ausgesetzt, mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Kläger Recht bekommen und die Gesetzesänderungen rückgängig gemacht werden müssen.

7. Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen für den Mittelstand

Die Regelung bzgl. der beschränkten Anerkennung von Totalverlusten benachteiligt u.a. auch die Aktien und Anleihen von Mittelständlern. Während die Anleihen von Großkonzernen sogar von der EZB gekauft werden und deren Finanzierungskosten drücken, versuchen Mittelständler sich auch bei Privatanlegern zu refinanzieren. Die neuen Regeln führen nicht nur dazu, dass man als privater Anleger dieses Risiko kaum eingehen kann. So können Unternehmen schon bevor sich echte Risiken materialisieren, allein durch rein steuerlich motivierte Verkäufe in Probleme geraten. Denn sobald das Ausfallrisiko evident ist, wird der Verlust nicht mehr (bzw. nur noch bis 10 TSD EUR p.a.) anerkannt. Großunternehmen leiden tendenziell nicht unter diesem Problem, da deren Aktionäre und Anleihegläubiger in aller Regel überwiegend professionelle Anleger sind, die den neuen Regelungen nicht unterworfen sind (siehe dazu www.gesetze-im-internet.de/estg/__20.html).

8. Keinerlei Notwendigkeit für dieses Gesetz

Es ist nicht erkennbar, welches Problem das neue Gesetz lösen soll. Fiskalische Gründe kann es nicht geben, da mögliche Steuereinnahmen sogar wegfallen werden, wenn die Anleger aufgrund der neuen steuerlichen Regelungen weniger oder gar nicht mehr mit entsprechenden Finanzinstrumenten handeln. Auch ein Risiko für die Finanzstabilität ist angesichts des überschaubaren Handelsvolumens der privaten Anleger überhaupt nicht ersichtlich. Die Termingeschäfte von professionellen Anlegern/Spekulanten (so auch des Hochfrequenzhandels) dagegen werden steuerlich genauso behandelt wie zuvor.