Fundamentale Nachricht
12:08 Uhr, 18.09.2020

Die Fed setzt auf Inflation

...und will sich nicht in die Karten schauen lassen, meint Vincent Reinhart, Chefökonom bei Mellon, einer Gesellschaft von BNY Mellon Investment Management.

Mit der jüngsten Ankündigung knüpft die US-Notenbank ihre Politik an längerfristige Ziele und Strategien. Da allerdings ihre Ziele mehrdeutig sind, ist auch die Guidance hinsichtlich ihrer Maßnahmen nicht ganz klar. Die Fed strebt an, längerfristig ein Maximum an Beschäftigung und eine Inflation von 2 Prozent zu erreichen. Um dies zu schaffen, will sie die Inflation für „einige Zeit“ „moderat“ über 2 Prozent halten. Dieser Mangel an Präzision gibt der Fed einen großen Ermessensspielraum, was dem Stil ihres Vorsitzenden Powell entspricht. Außerdem hat die Notenbank ihre Begründung für den Kauf von Vermögenswerten ausgeweitet: Es geht nicht mehr nur um die Unterstützung eines funktionierenden Marktes, sondern auch um die Bereitstellung von Liquidität.

Das ist nicht nach jedermanns Geschmack, und zwei Mitglieder der Fed haben der Entscheidung widersprochen. Das ist ein Hinweis auf eine gesunde interne Debatte. Präsident Kaplan von der Fed in Dallas wollte mehr Flexibilität, während sich Präsident Kashkari von der Fed in Minneapolis verpflichten wollte, dass keine Zinserhöhung vorgenommen wird, bevor die Inflation dauerhaft bei 2 Prozent liegt. Einig waren sich alle Mitglieder darin, dass es wahrscheinlich angemessen sei, den Leitzins bis 2021 bei Null zu belassen. Fast alle sehen dies sogar zumindest bis 2023 so.

Zum jetzigen Zeitpunkt im Konjunkturzyklus will die Fed vermeiden, dass die Anleger eine zu frühe Straffung der Geldpolitik fürchten müssen. In der Pressekonferenz spielte der Fed-Chef deshalb die zuletzt besseren Wirtschaftsdaten herunter, betonte die längerfristigen Schwierigkeiten, eine Erholung zu erreichen, und unterstrich die Notwendigkeit zusätzlicher fiskalischer Impulse. Im Kern lautet die Aussage: Die Notenbank toleriert nicht nur, sondern erhofft geradezu für einige Zeit eine Preissteigerung von mehr als 2 Prozent. Hervorgehoben wurde auch, dass die Erreichung dieses Ziels geraume Zeit in Anspruch nehmen wird, denn die Inflationsprognose liegt bis 2023 darunter.

Die Botschaft ist wichtig. Der von Jerome Powell in der Pressekonferenz am häufigsten wiederholte Begriff, um eine unkonkrete Maßnahme zu beschreiben, war „kraftvoll“ (powerful). Im Wesentlichen war dies ein Versprechen gegenüber der Bevölkerung, dass die Fed ihren beträchtlichen Ermessensspielraum nutzen wird, um eine Rückkehr zur maximalen Beschäftigung zu fördern. Wie der Zauberer von Oz würde er es allerdings vorziehen, dass niemand versucht, hinter den Vorhang zu schauen, sondern alle darauf vertrauen, dass die Fed ihre Arbeit tun wird.

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