Axel Weber und die Inflation
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Erwähnte Instrumente
Die Geldpolitik der Notenbanken ist ein beliebtes Angriffsziel für ganz unterschiedliche Menschen. Nicht nur am Stammtisch schimpfen die Leute auf die Geldflut, mit der die Notenbanken nach der Finanzkrise von 2008 die Weltwirtschaft "retten" wollten (und dies - allen Unkenrufen zum Trotz – eigentlich auch erreichten).
Während sich die lockere Geldpolitik alles in allem bewährt hat, sind die meisten Argumente der Kritiker längst widerlegt. Während der Finanzkrise wurde besonders von deutschen Ökonomen gewarnt, die Geldflut werde eine (Hyper-)Inflation zur Folge haben. Doch die Geldflut führte bisher so gut wie gar nicht zu einem Anstieg der Verbraucherpreise. Im Gegenteil waren in den meisten Volkswirtschaften der Welt disinflationäre Tendenzen zu beobachten. Die von der Krise ausgelöste Nachfrageschwäche hatte einen weit größeren Einfluss auf die Verbraucherpreise als der Anstieg in der Geldmenge. Und auch Befürchtungen, die lockere Geldpolitik werde die Finanzstabilität gefährden, haben sich bisher kaum bewahrheitet (auch wenn es für eine abschließende Bilanz noch zu früh ist). Gezeigt hat sich allerdings bereits, dass eine zu straffe Geldpolitik durchaus die Finanzstabilität gefährden kann – wie etwa die Erfahrungen während der Eurokrise in Südeuropa vor Augen führen.
Der ehemalige Bundesbankchef und UBS-Präsident Axel Weber, der eigentlich mal EZB-Chef werden sollte, ist ein bekannter Kritiker der Geldflut der Notenbanken und steht damit ganz in der Bundesbank-Tradition. In einem neuen Kommentar für das „Project Syndicate“ kritisiert Weber nun nicht die konkrete Ausgestaltung der Geldpolitik, sondern deren gesamte Orientierung am Maßstab der Verbraucherpreise. Denn die allermeisten Notenbanken weltweit setzen Inflation mit einem Anstieg der Verbraucherpreise gleich und haben ein Inflationsziel, das meist in der Nähe von zwei Prozent liegt. Die EZB hat ein Mandat der Preisstabilität und definiert dies als einen Anstieg der Verbraucherpreise von „unter, aber nahe zwei Prozent“. Warum gerade zwei Prozent? Weil eine Inflationsrate von zwei Prozent noch recht moderat ist und (das zeigt die Erfahrung) den Notenbanken genügend Spielraum lässt, die Konjunktur wenn nötig durch eine lockere Geldpolitik wieder anzuschieben und eine Deflation zu vermeiden.
Die Fixierung auf die Konsumentenpreise in der Inflationssteuerung sei aber reine Willkür, schreibt Axel Weber und beklagt, dass es inzwischen sogar in den volkswirtschaftlichen Lehrbüchern heiße, die Aufgabe einer Zentralbank bestehe darin, für stabile Verbraucherpreise zu sorgen. Neben den Verbraucherpreisen seien aber die Vermögenspreise, also vor allem die Kurse von Aktien und Anleihen sowie die Immobilienpreise, genauso wichtig, argumentiert Weber. Stabil bleibende oder leicht steigende Preise der Konsumgüter seien nicht gleichbedeutend mit der Geldwertstabilität. Die Geldpolitik sollte an einem langfristig stabilen Geldwert ausgerichtet sein und kurzfristigen Fluktuationen der Konsumentenpreise weniger Aufmerksamkeit schenken, argumentiert der UBS-Chef. Damit vertritt Weber eine typisch deutsche Position, die die Geldwertstabilität über alles andere stellt und sie für die einzige Aufgabe einer Notenbank hält. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) steht in dieser Tradition, hat sich im Zuge der Euro-Krise aber immer deutlicher davon entfernt.
Die Argumente von Axel Weber sind ganz klar gegen die lockere Geldpolitik gerichtet, auch wenn Weber dies mit keinem Wort explizit ausspricht. Doch klar ist: Werden die Vermögenspreise, also zum Beispiel Aktienkurse und Immobilienpreise, in die Inflationsberechnung miteinbezogen, dann ist die Geldpolitik der Notenbank weltweit viel zu locker und müsste dringend gestrafft werden. Denn die Geldflut hat die Vermögenspreise (anders als die Verbraucherpreise) kräftig steigen lassen.
Während das seit März laufende (und eigentlich viel zu spät beschlossene) QE-Programm der EZB erste Erfolge zeigt (die Kreditvergabe steigt wieder, die Inflationsrate zieht an, das Wirtschaftswachstum erholt sich), müsste die Geldflut sofort beendet werden, würde man sich an den Forderungen Webers orientieren. Dabei ist die Arbeitslosenquote in der Eurozone mit zuletzt 11,1 Prozent immer noch viel zu hoch. Schlimmer noch: Mit einer Jugendarbeitslosigkeit von zuletzt 49,6 Prozent in Spanien und 40,0 Prozent in Italien droht eine ganze verlorene Generation im Süden Europas. Da wirken akademische Debatten über die Angemessenheit unterschiedlicher Inflationsmaßstäbe recht deplatziert.
Die viel drängendere Frage müsste eigentlich sein, wie die Notenbanken (und speziell die EZB) die Konjunkturerholung unterstützen können und ob es nicht angemessen wäre, der EZB neben dem Mandat der Geldwertstabilität (ähnlich wie der Fed) auch ein Mandat zu geben, mit ihrer Geldpolitik die Vollbeschäftigung anzustreben.
Passende Produkte
WKN | Long/Short | KO | Hebel | Laufzeit | Bid | Ask |
---|
Interessant was die EZB alles leisten soll, besser wäre mal die Frage wann den die Politiker in Europa mal anfangen wollen irgend etwas auf die Reihe zu bekommen, sonst könnte man glatt auf die Idee kommen das es besser wäre alle 4 Jahre den EZB-Rat zu wählen statt nationale Regierungen
... wo Herr Weber recht hat, da hat er recht ...
Mehr ist dazu nicht zu sagen ...