Kommentar
13:45 Uhr, 22.09.2016

Autonomes Fahren: Radikaler Jobabbau droht

Es geht um Millionen von Jobs weltweit. Allein in Deutschland sind knapp eine Millionen Jobs betroffen.

Erwähnte Instrumente

  • Mercedes-Benz AG - WKN: 710000 - ISIN: DE0007100000 - Kurs: 63,550 € (XETRA)
  • Volkswagen AG Vz. - WKN: 766403 - ISIN: DE0007664039 - Kurs: 121,100 € (XETRA)

Fortschritt gefällt nicht allen. Am wenigsten gefällt er denen, deren Job vom technologischen Fortschritt bedroht wird. In den kommenden Jahren geht es vor allem um Menschen, die in der Transportwirtschaft arbeiten. Konkret geht es um den Personen- und Gütertransport. Derzeit arbeiten in Deutschland hunderttausende Menschen als Fahrer für Busse, Taxis und LKWs. Diese Tage sind gezählt.

In Deutschland gibt es laut Bundesarbeitsagentur 121.000 Busfahrer. Über 600.000 fahren Lastwagen und noch einmal 120.000 fahren Taxis oder sind anderweitig im individuellen Personenverkehr beschäftigt (siehe Grafik). Alles in allem sind es knapp 900.000 Jobs, die mittelfristig wegfallen werden.

Wieso werden diese Jobs wegfallen? Man braucht sie einfach nicht mehr. Sie werden durch Technologie ersetzt. Selbstfahrende Autos sind schon jetzt in Gebrauch und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie einen Großteil der Flotte ausmachen.

Insbesondere für den Warentransport sind selbstfahrende Lastwagen eine Möglichkeit für Unternehmen, hohe Personalkosten zu sparen. Zudem können die LKWs Tag und Nacht fahren. Es müssen weder Arbeits- noch Ruhezeiten beachtet werden. Ein einzelner LKW kann so an einem Tag deutlich längere Strecken zurücklegen. LKWs können viel besser genutzt werden. Heute stehen sie einen Großteil der Zeit rum. Das ist mit selbstfahrenden Autos nicht mehr notwendig.

Auch im Personenverkehr dürften sich selbstfahrende Autos durchsetzen. Jeder Unternehmer wäre dumm, wenn er die Technologie nicht in Erwägung ziehen würde. Durch die Verdrängung von Menschen aus dem Beruf des Fahrers lassen sich gleich mehrfache Effizienzgewinne erzielen. Zum einen sinken die Kosten, weil ein Großteil des Personals wegfällt, zum anderen können Fahrzeuge ununterbrochen verwendet werden. Heute stehen Taxis und LKWs größtenteils ungenutzt herum.

Für die Berufsgruppe ist die Technologie natürlich ein herber Schlag. Im Prinzip ist die ganze Berufsgruppe betroffen und praktisch abgeschafft. In Deutschland wird das mittel- bis langfristig knapp eine Millionen Arbeitsplätze überflüssig machen. So ähnlich sieht es in Großbritannien aus.

Auf die Gesamtbeschäftigung gerechnet fallen in Großbritannien und Deutschland knapp 2 % aller Arbeitsplätze in der Volkswirtschaft weg. In den USA sind es sogar 3 %. Würde der Wandel hin zum selbstfahrenden Auto über Nacht stattfinden, dann läge die Arbeitslosigkeit in den meisten Ländern schlagartig um 2 bis 3 Prozentpunkte höher. Das ist ein größerer Anstieg als in Deutschland während der letzten Rezession. Die Tragweite des technologischen Fortschritts ist immens.

Die Entwicklung wird nicht über Nacht stattfinden und vermutlich auch nicht mehr in diesem Jahrzehnt. Bis 2020 werden wohl kaum Jobs durch selbstfahrende Autos wegfallen. Inzwischen sind zwar die ersten Uber Fahrzeuge selbstfahrend, aber es sitzt trotzdem noch ein Mensch am Steuer, um notfalls eingreifen zu können. Bis es überhaupt keinen Menschen am Steuer mehr braucht, vergehen noch Jahre.

Gelangt die Technologie zur vollumfänglichen Marktreife, dann wird es schnell gehen. Unternehmen, die z.B. selbstfahrende Taxis einsetzen, können zu personengefahrenen Autos erhebliche Preisvorteile bieten. Der Verdrängungswettbewerb wird wahrscheinlich kurz und schmerzvoll für die traditionellen Taxiunternehmen und Fahrer.

Das selbstfahrende Auto ist nur ein Beispiel wie technologischer Wandel zur Abschaffung von Berufsgruppen beitragen kann. Autonome Fahrzeuge haben sicherlich den größten Effekt. Weltweit dürften zwischen 100 bis 150 Mio. Arbeitsplätze wegfallen. Zudem wird dies relativ schnell geschehen, wenn die Technologie soweit erprobt ist, dass sie auf die Straße gebracht werden kann.

Bedenklich ist, dass weder die Politik noch die Arbeitnehmer selbst einen Plan für die Zukunft zu haben scheinen. Es wirkt, als lasse das jeder einfach so auf sich zukommen. Eine Lösung ist das nicht. Automatisierung macht immer mehr Berufsgruppen überflüssig. Einfach abwarten führt nur zu einem bösen Erwachen. Nachdem derzeit keiner Anstalten macht für die Menschen, die ihren Job verlieren werden, eine Perspektive zu entwickeln, lässt sich das böse Erwachen kaum vermeiden.

Clemens Schmale

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  • 1 Antwort anzeigen
  • Chamäleon
    Chamäleon

    Man kann es von 2 Seiten betrachten, aber meist sind es nur die extremen.

    Technisch ist es schon heute möglich aber auch m.e. auch noch nicht in 100 Jahren

    in der Form umsetzbar, wie es beschrieben wird.

    Zuviel Unwägbarkeiten, welche hier schon Zuhauf erwähnt wurden, und dass sind längst

    nicht alle. Das hat nichts mit Zukunftsverweigeung zu tun sondern mit Realitätssinn.

    Ein Beispiel?

    Das erste E-Auto wurde 1839 gebaut...... wieviel fahren heute?

    Das sind sagenhafte 177 Jahre her, muß man das weiter kommentieren das Traum

    und Realität was ganz anderes sind.

    Tut mir Leid dieses Abenteuer dauert noch sehr, sehr lange. Das wird hier keiner von

    uns erleben, jederfalls nicht in der vorgestelten Form.

    Hier wird einfach zuviel Sci-Fiction Filme geguckt und die Vorstellungen von solchen

    Autoren 1:1 übernommen.

    Da fällt mir auch noch Industrie 4.0 ein. Da sollen auch so ca. 5 Mio Arbeitsplätze

    flöten gehen.... mindestens.

    Achja, wofür brauchen wir denn da eine Zuwanderung in unsere Facharbeiterwelt, welche vor

    allem von der Politik und den Unternehmen so gefordert wird ?

    Kann man auch mal drüber nachdenken.

    12:00 Uhr, 23.09.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Supereifelyeti
    Supereifelyeti

    Bin gespannt , wenn der erste selbstfahrende Lkw den ersten Radfahrer zwangsweise mitnimmt und dann nicht anhält.... Ach so, der Mensch zählt ja nix mehr....

    10:53 Uhr, 23.09.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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