Kommentar
15:10 Uhr, 02.02.2021

Gamestop-Aktie: Nach dem Short Squeeze nun die Suche nach dem "Greater Fool"

Der Kampf um höhere Kurse bei Gamestop, AMC und Co. geht weiter. Wer am Ende gewinnt, steht jetzt schon fest.

Erwähnte Instrumente

  • Gamestop Corp.
    ISIN: US36467W1099Kopiert
    Kursstand: 127,980 € (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
    VerkaufenKaufen
  • Gamestop Corp. - WKN: A0HGDX - ISIN: US36467W1099 - Kurs: 127,980 € (XETRA)

Jeder, der Aktien handelt, will am Ende Geld verdienen. Wer das jahrelang macht, stellt fest, dass das ein ziemlich unaufgeregter Job ist. Wer konsistent Geld verdienen will, hält sich penibel an Regeln. Man rennt keinen Trends hinterher. Man kauft also nicht Aktien wie Gamestop. Man shortet sie auch nicht. Beides – Hypes hinterherlaufen oder sie zu shorten – hat wenig mit dem Job zu tun, den man erledigen will: sein Geld vermehren. Langweilen muss man sich deswegen nicht. Eskapaden wie bei Gamestop und AMC sind hervorragendes Entertainment und zugleich eine Gelegenheit, um zu lernen. Es ist natürlich einfacher auf die Lehre hinzuweisen, wenn alles entschieden ist. Dann ist allen klar, was man meint und wieso es Sinn macht, sich bei Übertreibungen an der Seitlinie aufzuhalten. Wenn alles entschieden ist, kommen die Hinweise für viele zu spät...

Man kann jetzt schon sagen wie das Ganze enden wird. Die Aktienkurse werden kollabieren. Selbst dort, wo anscheinend alles seinen Anfang nahm (wallstreetbets auf Reddit), liest man davon. Hören wollen das die wenigsten.

Gamestop Corp.
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Was sich bei Gamestop abspielt, hat zwei Stufen. Die erste war ein Short Squeeze. Der Kurs stieg kräftig an. Shortseller kappten ihre Verluste und deckten sich mit Aktien ein. Diese Phase ist längst vorüber, hält aber eine Lehre bereit. Ob es nun Reddit gibt oder nicht, Short Squeezes gibt es immer. Je mehr Aktien leerverkauft wurden, desto höher ist die Gefahr, dass es dazu kommt. Wenn bereits mehr als ein Drittel aller Aktien leerverkauft ist, sollte man sich fernhalten oder zumindest nicht leerverkaufen. Das Risiko ist zu hoch.

Inzwischen wurde die zweite Stufe gezündet. Hier rufen alle möglichen Anleger dazu auf, die Aktie weiter zu kaufen. Das Argument: wir lassen uns von der Wall Street nicht diktieren, wo der Preis stehen soll; wir legen den Preis fest.

Das ist eine interessante Betrachtungsweise der Anleger, die die Aktie in die Höhe kaufen. Man versucht gar nicht, die Bewertung zu rechtfertigen. Es geht einfach nur darum, dass der Preis dort steht (möglichst hoch), wo er vernünftigerweise nicht stehen sollte (ca. 90 % tiefer). Damit das auf Dauer funktioniert, braucht es Nachschub an Geld.

Wer bereits 100 % seines Geldes in Gamestop gesteckt hat, braucht andere Anleger, die den Kaufdruck aufrechterhalten. Da der Kurs mit der Realität nichts mehr zu tun hat, braucht man am Ende einen noch Dümmeren, der kauft. Es ist die Greater-Fool-Theory ,wie man sie selten so deutlich miterlebt.

Da der Kurs von Gamestop und anderen Aktien jeden Tag enorm schwankt, kann man nicht davon ausgehen, dass die Anleger die Aktien tatsächlich halten. In den letzten Tagen wechselten sämtliche Aktien einmal pro Tag den Besitzer. Es wird also gezockt. Wollte man den Kurs tatsächlich dauerhaft auf diesem überbewerteten Niveau halten, müssten Anleger an ihren Aktien festhalten. Das tun sie nicht.

Wer also in diese Rally kauft, ist der nächst Dümmere. Mit Glück kommt dann noch jemand, der bei noch höheren Kursen kauft. Wenn man Pech hat, ist man der letzte in der Kette der Dümmeren und kauft gerade dann, wenn der Nachschub an Käufern endet. Ehe man sich versieht sitzt man innerhalb von wenigen Stunden auf einem Verlust von 50 %, der sich schnell zu 80 % ausweitet.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass es so kommen wird. Wie außergewöhnlich die Lage ist, zeigt auch ein Index, der die am meisten geshorteten Aktien abbildet.

Aktien werden aus einem bestimmten Grund leerverkauft. Sie sind überbewertet. Daher läuft dieser Index unter großen Schwankungen seitwärts. In wenigen Wochen hat sich der Index fast verdreifacht. Wenn es noch eine Woche so weitergeht, schließt der Index zum S&P 500 auf. Dann hätten Unternehmen, die mehr oder minder bankrott sind, in wenigen Wochen 12 Jahre S&P 500 Performance erzielt. Dass das nicht nachhaltig ist, dürfte klar sein.

Clemens Schmale


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2 Kommentare

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  • Phönix77
    Phönix77

    vielleicht eines der größten psychologischen Börsenexperimente der letzten 30 Jahre. Vielleicht kauft man einfach 2 Aktien.. was kann schon passieren? 😂 (bitte nicht zu ernst nehmen..)

    16:18 Uhr, 02.02.2021
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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