Kommentar
14:10 Uhr, 15.07.2015

3D-Druck-Sektor: Finaler Abverkauf und dann Verdopplung?

Vom Glanz der Zukunftstechnologie ist nicht mehr viel geblieben. Innerhalb kurzer Zeit verlor der ganze Sektor über 80% seiner Marktkapitalisierung. Das ist eine klare Übertreibung. Der Trendwechsel steht bevor.

Erwähnte Instrumente

  • Stratasys Ltd.
    ISIN: IL0011267213Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (Nasdaq)
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  • voxeljet AG
    Aktueller Kursstand:  
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Von ein Sektor gefragt ist, dann kaufen Anleger Aktien fast zu jedem Preis Anteilsscheine. Einige haben das bei 3D Druckunternehmen Ende 2013 getan. Beim Branchenprimus 3D Systems waren Aktien für 99 Dollar zu haben. Jetzt stehen sie bei 17 Dollar. Voxeljet – ein deutlich kleineres Unternehmen – ging mitten im Hype an die Börse. Das Unternehmen war bei einem Umsatz von gut 10 Mio. einmal eine Milliarde wert. Inzwischen hat sich das mit einem Kursverlust von 90% bei der Aktie relativiert.

Das Fazit der letzten 18 Monate ist düster. Mit Ausnahme von kleineren Bärenmarktrallys gab es für Aktien nur eine Richtung. Wer als Anleger an seinen Aktien eisern festgehalten hat, der musste starke Nerven beweisen.

Für diese Anleger gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer. Wer Ende 2013 zum Hoch gekauft hat, der wird so schnell nicht mit Gewinnen aussteigen. Immerhin aber lassen sich die Verluste reduzieren, denn so langsam kommt ein Boden in Sicht. Für Anleger, die im Hype gekauft haben, ist das nur ein geringer Trost, denn selbst bei einer Kursverdopplung betragen die Verluste dann immer noch zwischen 60 und 70%.

Wer damals nicht gekauft hat, für den ist das aktuelle Kursniveau sehr interessant. Hier lassen sich hohe Gewinne erwarten. Diese werden sich nicht von heute auf morgen realisieren, denn wenn eine Spekulationsblase erst einmal platzt, dann braucht der Markt teils Jahre, um wieder einen Aufwärtstrend einzuleiten. Das Tief sowohl vom Preisniveau als auch vom Zeitpunkt her genau zu erwischen ist so gut wie unmöglich. Etwas Geduld muss man also mitbringen.

Wieso aber soll der Sektor jetzt überhaupt einen Boden bilden? – Für eine einsetzende Bodenbildung sprechen mehrere Gründe. Ein Hype baut sich immer ähnlich auf, ebenso wie eine Blase immer auf ähnliche Art und Weise platzt. Vom Zeitverlauf her bilden die meisten Aktien nach 18 bis 24 Monaten nach Beginn des Abverkaufs ein Tief aus. Dabei ist es vollkommen unerheblich, um welche Branche oder um welches Unternehmen es sich handelt.

Die Bodenbildung kann sehr schnell gehen, sie kann sich aber auch Jahre hinziehen. Nach dem Platzen der Technologieblase schwankten die Kurse vieler Aktien jahrelang in einer ±30% Range hin und her bis endlich wieder den Ausbruch nach oben schafften.

Der Ablauf eines Boom-Bust-Zyklus ist immer wieder sehr ähnlich. Allein darauf kann man sich allerdings kaum verlassen. Als Argument für den Kauf einer Aktie ist das zu wenig. Eine nachhaltige Trendwende kann nur eingeleitet werden, wenn der Sektor Zukunftsperspektiven hat und der momentane Wert der Unternehmen unterschätzt wird.

Für mich persönlich stehen die Zukunftsperspektiven für den 3D Druck außer Frage. Die Perspektiven sind allerdings nicht so wie sich das viele vor drei Jahren erhofft hatten. Der Markt erkannte anfänglich das Potential, ging dann aber von der Fehleinschätzung aus, dass innerhalb weniger Jahre jeder Konsument einen 3D Drucker zu Hause haben würde. Das waren einfach überzogene Erwartungen.

Der Markt für Konsumenten mag sich früher oder später noch erschließen lassen. In naher Zukunft ist jedoch der Nutzen vor allem im Industriebereich gegeben. Das wird ein solides Wachstum generieren, aber keine Luftsprünge ermöglichen. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig, aber die Technologie steht noch ganz am Anfang. Das tatsächliche Potential wird erst in vielen Jahren erreicht werden.

So lange muss man als Anleger nicht warten, da der Abverkauf nun so langsam zu einer Übertreibung wird. Grafik 1 zeigt den Verlauf bisher. Dargestellt sind Kennzahlen von 3D Systems, Stratasys, ExOne und Voxeljet. Es gibt noch einige andere Unternehmen, die an der Börse notieren, doch diese 4 Unternehmen zusammen haben einen Marktanteil von ca. zwei Drittel und repräsentieren den Sektor damit recht gut.

Anhand der Marktkapitalisierung erkennt man sehr gut die Euphorie des Marktes. Ende 2013 stand die Marktkapitalisierung bei knapp 18 Mrd. Dollar. Demgegenüber stand ein Umsatz von einer Milliarde. Der Gewinn der vier Unternehmen lag zusammen bei 7 Mio. USD.

Seit Platzen der Blase hat sich die Marktkapitalisierung deutlich relativiert. Aktuell liegt der Marktwert bei ca. 3,9 Mrd. Demgegenüber steht ein Umsatz von ungefähr 1,65 Mrd. Mit Gewinnen darf man 2015 hingegen nicht rechnen. Nach exzessiven Expansionsplänen treten die Unternehmen in eine Phase der Konsolidierung ein. Dabei werden Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte getätigt, die den Gewinn senken. Gleichzeitig stellen sich viele Übernahmen als weniger erfolgreich heraus als gedacht. Der Umsatz steigt weniger als angenommen, dafür bleiben die Kostensteigerungen wie prognostiziert. Das alles führt zu negativen Ergebnissen.

Sieht man über diese Effekte hinweg, dann ist das Kerngeschäft nach wie vor gesund. Es wächst, die Margen sind gut und strengeres Kostenmanagement wird umgesetzt. Bis sich die Unternehmen die Konsolidierung abgeschlossen haben ist 2015 vorbei. Ab 2016 sollte der Sektor wieder leicht profitabel sein.

Wenn man auf verschiedene Kennzahlen des Sektors blickt, dann zeigt sich ein durchaus erfreuliches Bild. Grafik 3 zeigt die Entwicklung des Kurs-Umsatz, des Kurs-Buchwert und des Kurs-Gewinn Verhältnisses. Das KGV ist teils wenig aussagekräftig. Es schwankt enorm stark und wäre derzeit negativ. Wachstumsbranchen anhand des KGVs allein zu beurteilen macht wenig Sinn. Viel interessanter ist der Blick auf das Kurs-Umsatz und Kurs-Buchwert Verhältnis. Hier liegen die aktuellen Werte bei 2,3 und 2,1. Das ist vergleichsweise wenig für Technologieunternehmen in einem Wachstumsbereich. Genau genommen ist die Bewertung inzwischen sogar vergleichsweise niedrig. Wer sich andere Wachstumsbranchen ansieht, der findet kaum Kurs-Umsatzverhältnisse unter 7. Bei vielen Unternehmen ergeben sich darüber hinaus Kurs-Buchwertverhältnisse von 5 bis 10.

Nimmt man an, dass sich die Marktkapitalisierung innerhalb der nächsten 2 Jahre nicht ändert, dann kann man die erwarteten Kennzahlen auch für 2016 und 2017 berechnen. Diese sind ebenfalls in der Grafik dargestellt. Wie aussagekräftig die Prognosen sind, sei dahingestellt.
Der 3D Drucksektor ist im vergleich zu anderen Wachstumsbranchen niedrig bewertet. Das bedeutet noch nicht, dass es auch wieder bergauf gehen muss. Bei vielen Unternehmen der Dotcom Blase brauchte es viele Jahre bis sich die Kurse wieder erholten. Für Anleger ist daher ein Vergleich zu diesen Unternehmen aufschlussreich. Grafik 3 zeigt die wichtigsten Kennzahlen von Unternehmen, die die Dotcom Blase überlebt haben zu dem Zeitpunkt als die Kurse einen Boden ausbildeten.

Die meisten Unternehmen waren nach dem Crash immer noch höher bewertet als der 3D Sektor heute. Alle 3 Kennzahlen waren im Durchschnitt der Dotcom Überlebenden höher als bei 3D Druckunternehmen heute. Das gilt nicht nur für die 5 gezeigten Unternehmen.

Grob kann man das so interpretieren: die Kurse von 3D Druckunternehmen wurden mehr abgestraft als die Kurse nach dem Platzen der Technologieblase. Ein Manko hat der Vergleich natürlich. Heute weiß man, welches Unternehmen damals überlebt hat. Bei 3D Druckunternehmen wissen wir noch nicht, wer letztlich überlebt und das neue Priceline wird.

Persönlich gefällt mir Stratasys ganz gut. Hier sehe ich langfristig sehr gute Chancen auf einen fulminanten Turnaround. Momentan beobachte ich die Kurse noch, kann mir innerhalb der nächsten Wochen aber einen Kauf vorstellen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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