Wissensartikel
22:14 Uhr, 01.01.2023

Traden mit ETFs: Bis zu 30% Steuern sparen?

ETFs sind vor allem als Langfristinvestition bei Anlegern sehr beliebt. Aber man kann "Exchange Traded Funds" auch kurzfristig handeln - und dabei sogar steuerliche Vorteile einheimsen!

Erwähnte Instrumente

Die Besteuerung von Fonds wurde 2018 im Investmentsteuergesetz geändert. Die vorher recht komplexen Regeln wurden etwas vereinfacht. Details können Sie hier nachlesen.

Was vielen Tradern auch heute noch nicht bewusst sein dürfte, ist ein steuerliches "Goodie", das der Gesetzgeber einbaute.

Steuern sparen im kurzfristigen Handel mit ETFs - es ist wirklich so!

Hintergrund ist, dass Fonds seit der Reform des Gesetzes inländische Dividenden versteuern müssen (Kursgewinne aber nicht!). Auch können seither Anleger Quellensteuern auf die ausgeschütteten ausländischen Erträge des Fonds im Rahmen der Steuererklärung nicht mehr anrechnen lassen.

Um dafür einen Ausgleich zu schaffen, wurde die sogenannte "Teilfreistellung" eingeführt. 30 % der Erträge mit den Fonds sind steuerfrei. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass der Aktienanteil im Fonds mindestens 50 % beträgt.
Es kommt nun auf die Struktur der erwirtschafteten Erträge an, ob man dadurch wirklich Steuern spart.

Dividenden: Sogar eine Mehrbelastung gegenüber dem Direktinvestment in Aktien!

Bei Dividenden sieht es so aus: Der Fonds muss Dividenden mit 15 % versteuern. Von den verbliebenen 85 % sind dann bei Ausschüttung an den Halter des Fonds 30 % freigestellt.

An einem Beispiel sei dies verdeutlicht: Ein Fonds, der 1 Mio. EUR an Dividenden vereinnahmt, muss 150 TSD EUR Steuern darauf zahlen.
Es bleiben also 850 TSD EUR, die zur Ausschüttung bereitstehen (das Beispiel sei ein ausschüttender Fonds, eine Thesaurierung würde aber prinzipiell nichts ändern).

Diese 850 TSD EUR müssen von den Fondshaltern versteuert werden, und zwar 70 % davon mit der Abgeltungsteuer von 26,37 % incl. Solidaritätszuschlag (25 % plus 5,5 % Soli).

70 % von 850 TSD EUR sind 595 TSD EUR. Davon 26,37 %=156.901,50 EUR

Die gesamte steuerliche Belastung der Dividende beim Empfänger beträgt also 150 TSD EUR +156901,5 EUR=306901,5 EUR. Also gut 30,6 % !

Man sieht sofort: Ein Direktinvestment in die Aktien, die der Fonds/ETF hält, ist bezogen auf die Dividenden steuerlich für den Anleger günstiger, denn hier fallen nur 26,37 % an - eben die Abgeltungsteuer.

Die Kursgewinne der Aktien im Fonds sind der Steuer-Turbo

Aber anders sieht es mit Kursgewinnen aus, denn diese kann der Fonds steuerfrei vereinnahmen. Je höher der Anteil von Kursgewinnen an der Gesamtperformance des Fonds, desto höher ist der Steuerspareffekt. Und es ist wirklich eine Minderung der Steuerlast, nicht nur eine Stundung!

Wenn man alle anderen Faktoren ausblendet (Orderkosten, Spread) dann ist im Extremfall eine bis zu 30 %ige Steuerersparnis möglich, wenn die gesamte Performance eines Fonds nur auf Kursgewinne der darin enthaltenen Aktien zurückzuführen ist.

Man stelle sich dazu einen Trade auf den DAX vor, der einen Monat läuft. In dem Beispiel-Monat soll der DAX 10 % zulegen und es fallen keine Dividenden an.

Eine Investition in einen DAX-ETF in Höhe von 100 TSD EUR würde dann bei Verkauf brutto 10 TSD EUR Ertrag abwerfen. Der Besteuerung unterworfen würden aber nur 7 TSD EUR, da 30 % freigestellt sind.

Die Abgeltungsteuer hierauf lässt sich so berechnen: 26,375 % (Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag)* 7 TSD EUR= 1846,25 EUR.

Eine gleich hohe Investition in ein Indexzertifikat würde ebenso zu einem Brutto-Gewinn von 10 TSD EUR führen, die Abgeltungsteuer betrüge aber 2637,5 EUR.

(Die Berechnung berücksichtigt keine Ordergebühren und verfolgt nicht die Frage, ob die Spreads im ETF und Zertifikat gleich gut sind. Außerdem wird der Sparerfreibetrag ignoriert, seit Januar 2023 sind das 1000 EUR jährlich für Ledige und 2000 EUR für Verheiratete).

Man sieht sofort: Es lohnt sich.

Wichtig: Es versteht sich von selbst, dass die Teilfreistellung auch bei Verlusten gilt. Wer also mit den ETF-Trades Miese macht, der kann steuerlich auch entsprechend weniger an Verlusten geltend machen.

Auch die Spreads zeigen: ETF-Trading kann sehr sinnvoll sein

Da wir gerade beim DAX sind: Hier ist eine Liste von DAX-ETFs. Es gibt gar nicht besonders viele. Man erkennt auf dem Screenshot auch gleich: Die Spreads sind so gestaltet, dass man damit auf jeden Fall traden kann.

Diese Liste lässt sich im stock3 Terminal hier live einsehen, auf stock3.com an dieser Stelle.

Zur Erläuterung: Thesaurierend bedeutet, dass Dividenden reinvestiert werden; ausschüttend heißt, dass die Dividendenzahlungen der im ETF befindlichen Unternehmen in regelmäßigen Abständen an die ETF-Halter weitergereicht werden.

Steuerlich ergibt sich dadurch außer einem Stundungseffekt kein Unterschied.

Ein anderes steuerliches Thema habe ich hier bewusst unterschlagen: die Vorabpauschale. Das ist ein fiktiver Ertrag als Grundlage für eine jährlich zu zahlende Steuer auf die Erträge aus Fonds, die aber insgesamt die Steuerlast nicht tangiert. Aufgrund der Art der Berechnung, die ich hier nicht weiter ausführe, fällt in 2022 keine Vorabpauschale an. Ab 2024 wird wieder eine Vorabpauschale anfallen.

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Fazit: Traden mit ETFs macht Sinn!

Nicht nur spart man Steuern - der eine oder andere wird es auch nicht unangenehm finden, mit Sondervermögen statt Derivaten von Emittenten zu handeln. Im Zweifelsfall kann man so einen ETF dann eben auch mal viele Jahre liegen lassen.

Sicherlich ist aufgefallen, dass hier nur von ETFs gesprochen wurde. Die Ausführungen gelten für aktiv gemanagte Fonds genauso. Sie sind nur deutlich teurer, was die Gebühren angeht.

Die laufenden Kosten eines DAX-ETF liegen im Bereich von 0,08 % bis 0,16 % p.a, während aktiv gemanagte Fonds sehr viel teurer sind, teil auch über 2 % p.a., plus Performance-Fee.

Wer einfach nur Indizes günstig handeln will, fährt mit ETFs am besten.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Chefredakteur

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Seit 2012 leitet Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader)
Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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