Wissensartikel
15:30 Uhr, 06.09.2023

Science Corner: So tradest Du Earnings richtig

In der Finanzwelt gibt es das Phänomen Post-Earnings-Announcement Drift (PEAD). Wann dies besonders wahrscheinlich ist und wie ihr es in Eurer Geldanlage profitabel nutzt, lest ihr hier.

Unter Post-Earnings-Announcement Drift (PEAD) versteht man die Tendenz von Aktien, sich nach einer Gewinnüberraschung allmählich in die Richtung der Ankündigung zu bewegen, selbst nachdem die Ankündigung gemacht wurde.

Das bedeutet: Wenn ein Unternehmen Ergebnisse meldet, die über dem Konsens liegen, kann dessen Aktie über einen längeren Zeitraum hinweg steigen, selbst nachdem die Nachricht bereits bekannt gegeben wurde. Umgekehrt könnte eine negative Gewinnüberraschung dazu führen, dass die Aktie über einen längeren Zeitraum hinweg fällt.

Warum passiert das? Es gibt viele Theorien. Eine ist, dass Investoren Zeit brauchen, um Informationen zu verarbeiten und zu entscheiden, wie sie handeln möchten. Eine aktuelle Studie aus dem European Journal of Finance mit dem Titel "Seasonal patterns of earnings releases and post-earnings announcement drift" hat sich dieses Phänomen angesehen. Im Folgenden stelle ich Euch die Kurzfassung mit praktischer Handelsidee vor.

Hauptergebnisse

  • Einfluss von institutionellen Anlegern und Finanzanalysten: Die Studie zeigt, dass Unternehmen mit weniger institutionellen Anlegern oder Finanzanalysten, insbesondere in Wochen mit sehr vielen Quartalsberichten, einen ausgeprägteren PEAD aufweisen. Wenn weniger große Akteure oder Experten ein Unternehmen beobachten, ist es wahrscheinlicher, dass der jeweilige Aktienpreis nach einer Gewinnankündigung länger braucht, bis er sich wieder auf einem angemessenen Level befindet. Der Markt ist hier ineffizienter.
  • Gewinnankündigungen in den Höhepunkten der Quartalsberichtssaison: Interessanterweise neigen Unternehmen, die ihre Gewinne in hochfrequentierten Wochen ankündigen (wenn viele Unternehmen ihre Ergebnisse veröffentlichen), zu einem stärkeren PEAD im Vergleich zu denen, die in ruhigeren Zeiten ankündigen. Je mehr Gewinnnachrichten veröffentlicht werden, desto stärker werden die Investoren abgelenkt. Laut früheren Studien impliziert eine stärkere Ablenkung durch irrelevante Ereignisse eine stärkere Unterreaktion auf Gewinnnachrichten, was zu einem stärkeren PEAD führt. Die Hauptursachen für Unterreaktionen sind nicht nur die mangelnde Aufmerksamkeit oder Ablenkung der Investoren, sondern auch die begrenzte Fähigkeit der Investoren, gleichzeitig zu reagieren.

Wie kann man die Ergebnisse für's Trading nutzen?

Wer nun weiß, was der PEAD ist und durch welche Faktoren dieser gelenkt wird, kann dieses Wissen in seiner Handelsstrategie für sich nutzen. Selbst wenn man nicht vorhersagen kann, in welche Richtung sich eine Aktie nach einer Gewinnankündigung bewegen könnte, kann man von dem länger fortwährenden "Post Earnings Drift" profitieren.

Da Unternehmen mit weniger Coverage stärker vom PEAD betroffen sind, eignet sich die Anlagestrategie besonders bei Small- und Mid-Caps. Wie man Unternehmen findet, die die Erwartungen geschlagen haben? Hier kann man beispielsweise auf den Pattern-Screener-Desktop zurückgreifen. Diesen habe ich Euch hier vorgestellt. Zudem sollte dieser "Nebenwert" bestmöglich auch in der Woche der Quartalsberichtssaison mit den meisten Terminen (Earnings-Peak-Week) berichten. Idealerweise dann, wenn die Big Techs ihre Bücher öffnen. Denn dann liegt der Fokus voll und ganz auf diesen Large-Caps.


Wichtiger Zusatzhinweis: Der PEAD-Effekt kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. Dazu gehören Analystenratings sowie die Berichterstattung von Unternehmen aus der gleichen Branche (Peer Group).

Analystenratings:

  • Wenn ein Unternehmen seine Gewinne bekannt gibt und diese über oder unter den Erwartungen liegen, passen Finanzanalysten ihre Einschätzungen und Empfehlungen für diese Aktie oft an.
  • Diese neuen Ratings können zusätzliche Aufmerksamkeit auf die Aktie lenken und den PEAD-Effekt verstärken. Zum Beispiel könnte ein Upgrade von Analysten nach einer positiven Gewinnüberraschung dazu führen, dass der Kurs weiter steigt. Umgekehrt könnte ein Downgrade nach einer negativen Gewinnüberraschung den Verkaufsdruck erhöhen und den Kurs weiter fallen lassen. Daher ist es auch wenig ratsam, nach enttäuschenden Quartalszahlen direkt den fallenden Kurs zum Einstieg zu nutzen (buy the dip).

Quartalszahlen der Peer Group:

  • Unternehmen, die in derselben Branche oder im gleichen Sektor tätig sind, werden oft gemeinsam betrachtet. Wenn also ein Unternehmen aus der Branche unerwartet gute oder schlechte Ergebnisse meldet, könnte dies die Erwartungen für andere Unternehmen der Branche beeinflussen.
  • Diese Relationen/Stories handle ich persönlich besonders gerne. Welcher starke Effekt hieraus resultieren kann, das könnt ihr hier nachlesen. Ein Beispiel: Der Cybersecurity-Konzern Fortinet hatte schwache Zahlen vorgelegt und damit den gesamten Sektor belastet. Wer aber weiß, welche Unternehmen in dem Sektor besonders robust sind, kann hier sogar den Dip als Kaufchance nutzen.

Wo findet ihr Informationen zur Peer Group?

Sucht auf stock3 nach dem jeweiligen Unternehmen und öffnet die Detailansicht des Instrumentes. Anschließend stellt ihr von "Überblick" auf "Kennzahlen" um. Hier das Beispiel für Nvidia:
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2 Kommentare

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  • Riccardo90
    Riccardo90

    Und wie sieht die Performance aus, wenn man genau diese Strategie die letzten 12 Monate gefahren hätte?

    16:32 Uhr, 06.09.2023
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Valentin Schelbert
Valentin Schelbert
Community Marketing Manager

Bereits mit 17 Jahren packte Valentin Schelbert die Leidenschaft für die Börse. Fortan bildete er sich autodidaktisch weiter. Während seines BWL-Studiums konnte er seine Kenntnisse für wirtschaftliche Zusammenhänge noch weiter steigern – was sein Interesse dafür nur noch mehr ankurbelte. 2020 baute er sich in den sozialen Medien eine eigene Community mit seinem Daily Market Briefing auf. Sein Steckenpferd: das Zusammenspiel aus Fundamentaldaten, Newsflow und Charttechnik. Bevor wir ihn als Community Marketing Manger gewinnen konnten, war er bei einem bekannten Neobroker tätig und verantwortete dort die Kreation von Inhalten zu Aktien, ETFs, Zertifikaten und Crypto.

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