Wissensartikel
13:32 Uhr, 07.09.2023

Gleich-/kapitalisierungsgewichtet – Gibt es einen Gewinner?

In diesem Jahr ist aufgrund der Outperformance der Big Techs in den USA eine Debatte entbrannt: Gleichgewichtete oder kapitalisierungsgewichtete Indizes? Welche Version sollten Anleger bevorzugen? Dieser Artikel klärt auf und räumt mit Vorurteilen auf.

Derzeit steht die Art der Indexgewichtung häufig in der Kritik. So ist oft zu lesen, dass ein Korb aus sieben S&P-500-Unternehmen (die sogenannte "magnificent 7", bestehend aus Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Nvidia, Meta, Tesla) auf über 50 % Jahresperformance kommt, während die restlichen 493 Indexkomponenten gerade einmal magere 4 % Jahresperformance aufweisen. Alles in allem kommt der S&P 500 auf eine Jahresperformance von etwa 15 %, siehe nachfolgende Grafik:

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The Kobeissi Letter

Bärische Marktteilnehmer führen jetzt an: Die Marktbreite, also das Verhältnis aus steigenden zu fallenden Aktien, ist ja übel und die komplette Rally wird nur von wenigen hoch marktkapitalisierten Unternehmen getragen. Kurz: Die Rally ist nicht nachhaltig und auf wackeligen Füßen gebaut.

Nachfolgende Grafik zeigt, wie enorm der standardgemäß marktkapitalisierungsgewichtete S&P 500 seinen gleichgewichteten Halbbruder outperformed. Und zwar, so stark wie seit der Dotcom-Blase nicht mehr.

Den Bullen dagegen gefällt nicht, wie seitens der Bären unterschlagen wird, dass die hohe Indexgewichtung der "magnificent 7" im Jahr 2022 der ausschlaggebende Faktor für die deutlichen Underperformance des S&P 500 gegenüber der gleichgewichteten Variante war. So schlimm wie seit dem Jahr 2010 nicht mehr.

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Deutsche Bank Research

Die Bären geben sich aber nicht geschlagen und merken an, dass der Markt deutlich überbewertet ist. So notiert der S&P 500 auf Basis der zukünftigen Gewinne bei einem KGV von 18 und die Bewertung der der Mega-Caps für sich genommen liegt sogar bei 27,4. Auch hier kann man die Gegenseite nehmen und argumentieren, dass der Großteil der Bewertung auf die Kappe der Large-Caps geht und diese aufgrund ihrer Positionierung ein höheres Multiple verdient haben. Zudem ist die Bewertung historisch gesehen eher Durchschnitt und die Chancen schlummern in den Nebenwerten.


Welches Widget auf dem stock3 Terminal Euch dabei hilft, die Auswirkung der Index-Gewichtung auf den Gesamtindex anschaulich abzubilden, erfahrt ihr in diesem Beitrag von mir. Fast alle Aktien rot, aber Index positiv? Dieses Widget hilft!

Gleich- versus kapitalisierungsgewichtete Indizes/ETFs

In der Finanzwelt gibt es ständig Debatten über die besten Strategien und Ansätze, um den Markt zu schlagen. Eine solche Debatte dreht sich um die Vorzüge von gleichgewichteten gegenüber kapitalisierungsgewichteten Indexfonds und ETFs. Während kapitalisierungsgewichtete Indizes/ETFs ihre Komponenten anhand ihrer Marktkapitalisierung gewichten, gehen gleichgewichtete Indizes/ETFs ganz simpel vor und vergeben jedem Bestandteil jeweils denselben prozentualen Anteil, unabhängig von ihrer Größe oder Marktkapitalisierung.

Daher habe ich mir das Reseach Paper "Equal Weighted Indices Versus Market Capitalization Weighted Indices: Which Index Provided the Best Risk Adjusted Returns, the S&P 500 Equal Weighted or the S&P 500 Capitalization Weighted Index" von Mitchell Miller und Dale Pronzinski für Euch angesehen.

Was waren die Haupterkenntnisse der Autoren?

  • Der S&P Equal-Weighted Index erzielte zwischen 1990 und 2009 eine durchschnittliche jährliche Rendite von 9,1 % (einschließlich Dividenden), verglichen mit 7,5 % beim kapitalisierungsgewichteten S&P-Index.
  • Für den Zeitraum von April 2009 bis März 2020 schnitt der kapitalisierungsgewichtete Index auf risikoadjustierter Basis (Sharp Ratio) besser als der gleichgewichtete S&P 500-Index ab. WICHTIG: In den anderen vier von fünf getesteten Zeiträumen waren die Unterschiede nicht signifikant.

✅ Je nach gewähltem Zeitraum performt entweder die eine oder die andere Strategie besser.

  • Kapitalisierungsgewichtete Indizes sind aufgrund ihrer Konzentration in den Dickschiffen nicht zwangsläufig riskanter. So sind gleichgewichtete Indizes stärker in kleinere Unternehmen investieren, die volatiler sind, aber unter Umständen mehr Performance bringen. Das Konzept bezeichnet sich als Small-Cap-Prämie und gehört der modernen Portfoliotheorie an; speziell dem Faktor-basierten Investieren. Innerhalb dieses Rahmens werden verschiedene Risikofaktoren identifiziert, die über die Zeit hinweg systematische Renditeunterschiede zwischen verschiedenen Gruppen von Aktien erklären können. Einer dieser Faktoren ist die Unternehmensgröße, gemessen an der Marktkapitalisierung. Das Konzept besagt, dass Aktien von kleineren Unternehmen (Small Caps) tendenziell höhere erwartete Renditen bieten als Aktien von größeren Unternehmen (Large Caps), um Investoren für das zusätzliche Risiko zu entschädigen, das mit dem Investieren in kleinere Unternehmen verbunden ist. Allerdings sollte man die Performances nur auf risikoadjustierter Basis vergleichen.
  • Wer sich ETFs zu den Strategien ansieht, dem sollte schnell auffallen, dass gleichgewichtete Fonds höhere Kosten haben. Grund: Sie müssen regelmäßig Rebalancing betreiben, um sicherzustellen, dass jede Aktie gleichgewichtet bleibt. Zudem korreliert die Marktkapitalisierung stark mit der Handelsliquidität, was den Einsatz von kostengünstigem passivem Indexing erleichtert.
    👉 Xtrackers S&P 500 Equal Weight UCITS ETF 1C
    👉 iShares Core S&P 500 UCITS ETF

Fazit: Während gleichgewichtete Fonds in bestimmten Marktbedingungen Vorteile bieten, schneiden sie wiederum in anderen Situationen unterdurchschnittlich ab. Die Debatte über gleichgewichtete versus kapitalisierungsgewichteten Indizes und ETFs wird vermutlich weitergehen. Beide Konzepte haben ihre Daseinsberechtigung. Wer gerne gegen den Mainstream schwimmt und weniger von den magnificent 7 abhängig sein möchte, der entscheidet sich für den Equal-weight-Ansatz.

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Über den Experten

Valentin Schelbert
Valentin Schelbert
Community Marketing Manager

Bereits mit 17 Jahren packte Valentin Schelbert die Leidenschaft für die Börse. Fortan bildete er sich autodidaktisch weiter. Während seines BWL-Studiums konnte er seine Kenntnisse für wirtschaftliche Zusammenhänge noch weiter steigern – was sein Interesse dafür nur noch mehr ankurbelte. 2020 baute er sich in den sozialen Medien eine eigene Community mit seinem Daily Market Briefing auf. Sein Steckenpferd: das Zusammenspiel aus Fundamentaldaten, Newsflow und Charttechnik. Bevor wir ihn als Community Marketing Manger gewinnen konnten, war er bei einem bekannten Neobroker tätig und verantwortete dort die Kreation von Inhalten zu Aktien, ETFs, Zertifikaten und Crypto.

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