Kommentar
07:13 Uhr, 19.02.2015

Zinserhöhung - aber wie?

Die erste Leitzinserhöhung der Fed seit der Finanzkrise ist zwar wieder etwas weiter in die Ferne gerückt, wird jedoch früher oder später kommen. Wie wird sie aber konkret umgesetzt werden?

Etwa drei ganze Din A4-Seiten widmet das aktuelle Protokoll der letzten FOMC-Sitzung (die „Minutes“) der Diskussion über die sogenannten „Liftoff Tools“, den Werkzeugen zur Anhebung der Leitzinsen, im Arsenal der US-Notenbank.

- Einmal wären da die Zinsen auf Überschussreserven (IOER - Interest on Excess Reserves), welche die Hauptlast bei einer Zinserhöhung stemmen müssten. Wird dieser Satz von der Fed in absehbarer Zeit von heute 0,25% auf beispielsweise 0,5% angehoben, dann haben Banken keine Anreize mehr, ihre Reserven untereinander zu niedrigeren Kosten zu verleihen. Effektiv steigen damit die kurzfristigen Zinsen.

- IOER steht aber nur Banken offen, und übt auf die kurzfristigen Zinssätze am Repomarkt nur beschränkten Einfluss auf, weshalb die Fed ab dem nächsten Zinsschritt mittels reversen Overnight-Repos (ON RRP), und reversen Repos mit einer Laufzeit von 21 Tagen (term RRP) eine zweite Untergrenze etablieren will.

Mittels den ON RRPs bzw. term RRPs können Geldmarktfonds oder Government Sponsored Enterprises (GSEs) wie zum Beispiel Fannie Mae oder Freddie Mac ihr überschüssiges Geld im Austausch gegen Bonds der Fed leihen, und dafür Zinsen kassieren.

Diese ON RRPs wurden ausgiebig getestet und in der Vergangenheit mit 0,05% verzinst, während der maximale Betrag, den die Teilnehmer bei der Zentralbank hinterlegen konnten, auf $300 Mrd begrenzt war.

Aus den FOMC Minutes ging nun hervor, dass man nach dieser Testphase im Großen und Ganzen davon ausgeht, dass ON RRPs im Zusammenspiel mit RRPs in der Lage sind, einen mehr oder weniger soliden Boden unter die Zinssätze einzuziehen. Allerdings muss die derzeitige Begrenzung von $300 Mrd pro Operation wohl signifikant aufgestockt, bzw. sogar aufgehoben werden, da es unabdingbar ist, dass die Straffung der Geldpolitik reibungslos verläuft und die Federal Funds Rate kontrollierbar bleibt.

Im letzten Jahr beispielsweise kam es nämlich bei einer RRP-Operation vor, dass die Nachfrage nach Fed-Anleihen so groß war, dass der Notenbank mit $407 Mrd weit mehr angedient wurden, als der $300 Mrd-Deckel erlaubt hat. In der Folge konnte der Zinsboden von 0,05% nicht gehalten werden und fiel auf Null Prozent. Ein Debakel dieser Art im Zuge einer Zinsanhebung hätte katastrophale Folgen für die Glaubwürdigkeit der Zentralbank und sollte deshalb unter allen Umständen vermieden werden.

Auf der anderen Seite muss die Fed immer beachten, dass sie ihre Begrenzung klein genug wählt, um nicht zu viel Dominanz im Repomarkt aufzubauen, da eine Verdrängung von privaten Firmen wohl unkalkulierbare Folgen für die Finanzmarktstabilität hätte.

Um ihre Werkzeuge weiter zu kalibrieren, wird die Fed bis zum März weitere term RRP- und RRP-Operation durchführen.

Ich habe bezüglich der ausgiebigen Diskussion innerhalb des FOMC gemischte Gefühle. Einerseits spürt man es der Fed ab, dass sie sich wirklich mit der alles andere als trivialen Umsetzung einer Zinsanhebung auseinandersetzt.

Auf der anderen Seite muss man nicht zuletzt wegen der zusätzlich angesetzten Testläufe befürchten, dass die geplanten Maßnahmen immer noch wenig ausgereift sind. Wie geht es weiter, wenn sich die Tools auch Ende des erstens Quartals noch als nicht 100% effizient erweisen, oder in heiklen Situationen immer noch nicht verlässlich funktionieren?

Wie dem auch sei – zum Glück war die Fed bisher noch nicht gezwungen, die Zinsen anzuheben..

2 Kommentare

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  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Ich glaube nicht dass die Fed Probleme mit langfristigen Zinsen haben wird, die werden gerade im Falle einer Zinsanhebung weiter unter Druck bleiben. Der Dollar wird stärker werden, und die EM unter Druck bringen, die laut Analysten möglicherweise vor einer Abwertungswelle stehen.

    16:17 Uhr, 19.02. 2015
  • Investor
    Investor

    Die FED hat mehrere Probleme:

    - Nach den Berechnungen des US Kongresses gibt es ein strukturelles US Haushaltsdefizit mit einem zusätzlichen Kapitalbedarf zwischen 500 - 1000 Mrd.

    - Wenn die FED vermeiden will, neue QE Programme aufzulegen, um das Defizit zu finanzieren, bleiben nur der private Markt, und dies erfordert weiter negative Realzinsen. Würden die Realzinsen steigen, würden die Anleihepreise fallen und eine Verkaufswelle auflösen.

    - Parallel möchte die FED die Inflation bei ca 2% etablieren und den Konsum (als Basis der Wirtschaft) zumindest gleich lassen bzw steigern.

    - Gleichzeitig sind die größten Halter von treasuries neben der FED Ausländer.

    Aus meiner Sicht bedeutet dies, daß die FED hier mit EZB und BoJ eng zusammen arbeiten muß.

    - Mit den QE Programmen der EZB verkaufen die Banken ihre europ. Anleihen und werden mit dem cash neue Anlagen suchen, die möglichst wenig EK benötigen. Wahrscheinlich führt dies zu Anlagen in US Anleihen. Kredite oder Aktien benötigen EK der Banken.

    - Die FED muß Programme aufsetzen, die die nominalen Zinsen steigen lassen ohne die negativen Realzinsen speziell für ausländische Anleger schrumpfen zu lassen. Der einfachste Weg wäre eine Erhöhung der Nominalzinsen und ein stärkerer USD.

    - Die erhöhte Nachfrage nach US Tresuries wird die FED via RRP an US Banken und deren Verkauf an europ. Banken prozessieren. Dadurch wird die FED ihre Asset Bestände reduzieren und Liquidität wieder entziehen.

    - Dies sollte Liquidität aus den EMs ziehen, und tendenziell dort das Wachstum schwächen.

    - Dies sollte US Firmen wieder stärker auf den US Markt fokussieren und könnte die Löhne und den Konsum treiben.

    09:50 Uhr, 19.02. 2015

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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