Wirtschaft in Deutschland wächst um 8,8%
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Die Überschrift mag auf den ersten Blick wie ein Schreibfehler wirken. Sie ist es aber nicht. Denn würde das Statistische Bundesamt die Zahlen für das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland so vermelden wie die Statistikbehörde in den USA dies tut, hätte man in Deutschland für das zweite Quartal ein Wachstum von 8,8 Prozent ausweisen müssen. Der Trick der Amerikaner liegt in der Annualisierung. Wächst die Wirtschaft in einem Quartal gegenüber dem vorherigen um 2,2 Prozent, so wie es in Deutschland in diesem Jahr der Fall war, wird dies einfach auf das Jahr hoch gerechnet. Und so würde sich für Deutschland insofern ein Wachstum von 8,8 Prozent ergeben.
Auch andere Länder lassen ihre Wachstumsraten mit Hilfe dieses kleinen Tricks optisch besser aussehen. Nur wir Deutschen sind so solide und konservativ, dies nicht zu tun. Grundsätzlich ist das natürlich auch richtig, weil durch Sondereffekte verursachte Ausreißer völlig überzeichnete Zahlen liefern. Doch auch wenn die heimische Wirtschaft in diesem Jahr sicher nicht um 8,8 Prozent wachsen wird, sind die Wachstumszahlen für Deutschland beeindruckend und überraschen wieder einmal jeden Ökonomen. Mich im Übrigen auch, denn diese Dynamik habe auch ich nicht erwartet.
Es zeigt sich nun immer deutlicher, wie unterschiedlich sich die Volkswirtschaften in Europa in den vergangenen Jahren entwickelt haben. Während in der Boomphase hierzulande Agenda 2010 und Lohnzurückhaltung stattfand, lebte man anderswo in Saus und Braus auf einer mit aufgeblasenen Immobilienwerten unterlegten Schuldenwelle. Jahr für Jahr sank die Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder, weil das Preisniveau und insbesondere die Löhne schneller stiegen als hierzulande. Und dieser Prozess ist noch in keiner Weise umgekehrt worden, sondern geht auf Hochtouren weiter.
In Griechenland beispielsweise liegt die Inflation derzeit bei 5,5 Prozent. Diese Wettbewerbsstärke Deutschlands fördert massiv den Export in die anderen Länder Europas aber vor allem auch in die boomenden Schwellenländer. Und während Spanien mit einer Arbeitslosenquote von mittlerweile 20 Prozent kämpft, geht in Deutschland die Angst vor dem großen Fachkräftemangel um.
Politisch liegt in dieser Entwicklung noch eine Menge Sprengstoff für die Zukunft. Die ersten Vorwürfe gab es ja bereits und sie dürften erneut aufflammen, wenn die konjunkturelle Erholung in Frankreich, Spanien und den anderen schwachen Ländern weiter auf sich warten lässt, oder sich die Lage sogar nochmals verschärft. Zunächst aber sollten deutsche Aktien weiter mit Outperformance glänzen. So wie sich die Anleger auf die zinsmäßig immer unattraktiveren Bundesanleihen stürzen, dürfte dies auch mit den Aktien passieren. Insbesondere Exporttitel mit hoher Dividendenrendite sind hier interessant.
Stefan Riße, ist Deutschlandchef und Chefstratege von CMC Markets. Bekannt ist er durch seine jahrelange Tätigkeit als Börsenkorrespondent für den Nachrichtensender N-TV. Sein aktuelles Buch „Die Inflation kommt“, steht seit Wochen oben auf den Bestsellerlisten.
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