Kommentar
07:30 Uhr, 04.08.2025

Wie erwartet: Zölle sollen schuld am Kursrutsch sein

In der Vorwoche hatte ich geschrieben: "Wenn es in den kommenden Tagen oder Wochen zu einer Korrektur an den Aktienmärkten kommt, bin ich sehr gespannt darauf, ob diese mit den Zöllen begründet wird."

Seitdem sind die Kurse deutlich gefallen, mit dynamischen Abwärtsbewegungen, nachdem die US-Indizes Nasdaq 100 und S&P 500 zuvor nach den Geschäftszahlen von Microsoft und Meta Platforms noch raketenartig auf neue Rekordhochs gestiegen waren (siehe "Microsoft und Meta überstrahlen die Fed").

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Prompt war heute zu lesen: "Das Hin und Her von US-Präsident Donald Trump bei den Zöllen hat Europas Aktienmärkte am Freitag belastet." Begründet wurde diese Aussage unter anderem damit, dass die US-Regierung "die gerade erst beschlossene Einführung neuer Zölle auf Importe aus der Europäischen Union in Höhe von 15 % um eine Woche" verschiebt.
Häh? Ist das nicht vielmehr vorteilhaft, wenn die höheren Zölle erst etwas später in Kraft treten? Ich bin mir sicher: Wären die Aktienkurse gestiegen, hätte man dies genau damit begründet. – Kurse machen eben Nachrichten. Und manchmal auch sehr kuriose.

Zölle wurden wie angekündigt in Kraft gesetzt

Das gilt auch für die Begründung, dass Trump zugleich "hohe Strafzölle gegen Dutzende Handelspartner" ankündigte, "darunter Kanada, Brasilien, Indien und die Schweiz". Denn auch dieser Zusammenhang ist aus meiner Sicht Unsinn. Schließlich ist war am Freitag der 1. August. Und daher wurden die Zölle nicht angekündigt, sondern lediglich zu diesem Termin (nach Ablauf der bis dahin geltenden Frist für Verhandlungen) in Kraft gesetzt, wie angekündigt. Das dürfte daher für die Börsen keine Überraschung und in den Kursen längst eingepreist gewesen sein.

Höhe der Zölle wie angekündigt, vielfach sogar niedriger

Zumal man sich die aktuellen Zölle, über die heute in den Medien berichtet wird, nur einmal im Vergleich anschauen muss:
Laos 40 %
Myanmar 40 %
Südafrika 30 %
Brasilien 50 %
Das sind genau die Zollsätze, über die ich bereits am 10. Juli berichtet hatte (siehe "Zölle ohne vernichtendes Urteil").
Lediglich beim Irak sind es nun sogar 35 % statt 30 %.

Bei den anderen heute genannten Ländern fallen die Zölle sogar niedriger aus als von Trump am von ihm sogenannten "Befreiungstag" verkündet:
Vietnam 20 % statt 46 %
Taiwan 20 % statt 32 %
Indien 25 % statt 26 %
Israel 15 % statt 17 %
Pakistan 19 % statt 29 %
Lediglich bei der Schweiz sind es 39 % statt 31 %.

Außerdem wurde noch ein Zollsatz für Syrien in Höhe von 41 % verkündet, zu dem ich aus der Vergangenheit nichts gefunden habe. Aber dieses Land dürfte die Anleger wohl kaum zu größeren Aktienverkäufen bewegt haben. Und das gilt auch für die Länder, die nicht in einem Anhang des Zoll-Dekrets aufgeführt sind, und für die ein allgemeiner Zollsatz von 10 % gilt. Denn diese Länder sind erstens für die Weltwirtschaft unbedeutend, zweitens ist deren Zollsatz moderat und drittens hatte Trump auch diesen zuvor bereits angekündigt.

Selbst, dass Trump die Zölle für Kanada von 25 % auf 35 % erhöht und dies mit der Untätigkeit und den Vergeltungsmaßnahmen des Landes begründet hat, dürfte die Anleger nicht plötzlich aus der Ruhe gebracht haben.

Saisonale Korrektur nach Übertreibung der Übertreibung

Ich bleibe daher bei meiner Aussage, dass die aktuellen Kursverluste schlicht der Saisonalität geschuldet sind und ein Rücksetzer sowieso längst fällig war, weil die Aktienmärkte bekanntlich massiv überkauft sind.

Nasdaq 100: Ein Schluck zu viel aus der Pulle

Wahrscheinlich hatten die Bullen nach den Zahlen von Microsoft und Meta einfach nur einen "Schluck zu viel aus der Pulle" genommen. Denn wie am Freitag ebenfalls bereits beschrieben: Der Nasdaq 100 war damit auch noch mit einem fahnenstangenartiger Anstieg aus dem oberen Aufwärtstrendkanal nach oben ausgebrochen, nachdem die Aufwärtsbewegung zuvor schon immer steiler geworden war.

Nun ist die Stimmung eben einfach kurzfristig gekippt, von einem übereuphorischen "Kaufen, kaufen, kaufen!" zu "Ich nehme mal ein paar Gewinne mit".

Sicherlich, der aktuelle Rücksetzer erscheint im Vergleich zu den vorherigen Kursbewegungen heftig. Das liegt aber auch daran, dass der letzte Rücksetzer des Nasdaq 100 um mehr als 1 % mehr als 1,5 Monate (!) her ist, wie ich am vergangenen Sonntag bereits den Lesern des Trading-Dienstes "Target-Trend-CFD" vor Augen geführt hatte.

Dazu schrieb ich auch noch: "Zu diesem Zeitpunkt hat es auch den letzten, eigentlich harmlosen Rücksetzer von mehr als -2 % (-2,31 %) gegeben. Für diesen brauchte der Technologieindex allerdings sage und schreibe sieben (!) Handelstage. Einen Rücksetzer von mehr als 3 % hat es zuletzt im Mai gegeben. Und die letzte größere Korrektur fand beim April-Crash statt. Und wann waren die Schwankungen des US-Technologieindex zuletzt als normal zu bezeichnen? Ich erinnere mich nicht."

Insofern: Wunderbar! Die Anleger wurden jetzt endlich mal wieder aus ihren Bullenträumen gerissen, so dass sie jetzt womöglich ihre Scheuklappen ablegen und wieder ein wenig mehr von der Realität erkennen, die um sie herum passiert.

DAX: Korrekturbeginn mit Ansage

Beim Live-Trading-Webinar von stock3 hatte ich die Teilnehmer vorgestern darauf aufmerksam gemacht, dass in den vergangenen beiden Jahren Korrekturen jeweils am 31. Juli bzw. 1. August begannen. Siehe 2024:

Und siehe 2023:

Und es fällt auf, dass in beiden Fällen volatile Seitwärtsbewegungen nach starken Aufwärtsbewegungen vorausgingen. Passend dazu hatte ich im Chartanalyse-Dienst "Target-Trend-Spezial", in dem der DAX börsentäglich analysiert wird, die Leser wiederholt gewarnt, dass aus einem wilden Auf und Ab gerne eine Topformation wird. "Und das würde derzeit zur Saisonalität passen", hieß es dazu. Jetzt haben wir genau diese Kursentwicklung also das dritte Jahr in Folge:

Und in diesem Zusammenhang erinnere ich an das bearishe ABC-Szenario aus der Börse-Intern vom Mittwoch vergangener Woche:

Für die Leser des Trading-Dienstes "Target-Trend-CFD" ist übrigens vor diesem Hintergrund besonders erfreulich, dass der Long-Trade auf den DAX, über den ich hier am Dienstag berichtet habe (siehe "EUR/USD & DAX: Devisenmarkt bleibt beim Urteil, Aktienmarkt revidiert"), noch bei 24.420 Punkten seinen Take-Profit erreicht hat. Der Trade wurde dadurch automatisch geschlossen und ein Gewinn in Höhe von 465 EUR€ je CFD-Kontrakt realisiert, nach nur drei Tagen.

Mit dem zuvor am 9. Juli realisierten Gewinn in Höhe von 1.100 EUR je CFD-Kontrakt geht die Performance aller bislang beendeten DAX-Trades derzeit durch die Decke.

Hinzu kommt, dass wir mit aktuell laufenden Trades derzeit auf der Short-Seite übergewichtet sind und somit nun auch noch von den fallenden Kursen profitieren.

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