Welt: OECD-Frühindikatoren signalisieren Rezessionsgefahr für die Industrieländer
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- Der OECD Composite Leading Indicator ist im Juli um 0,6 % gegenüber dem Vormonat gesunken. Der Frühindikator für die Weltwirtschaft nahm im Juli im Vormonatsvergleich um 0,3 % ab. Der Frühindikator der Schwellenländer stieg ein weiteres Mal um 0,2 % gegenüber dem Vormonat an.
- Weiterhin zeigt sich noch keine erneute Schwächephase in der tatsächlichen globalen Produktionsentwicklung. Angesichts der Finanzmarktturbulenzen ist eine baldige Abschwächung aber nicht auszuschließen.
1. Die Gefahr einer erneuten Rezession zumindest für die gewichtigsten Industrieländer nimmt zu: Die heute von der OECD veröffentlichten Frühindikatoren zeichnen ein trübes Bild von der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung. Im Juli ist der OECD Composite Leading Indicator um 0,6 % gegenüber dem Vormonat gesunken. Hiermit war der Frühindikator nicht nur deutlich schwächer als von uns erwartet (DekaBank: -0,3 %), es wurde zudem die jüngere Vergangenheit des Indikators nach unten revidiert. Die Jahresveränderungsrate des Frühindikators verringerte sich im Juli auf -0,8 %, den tiefsten Stand seit Mai 2009.1
2. Wie üblich werden von der OECD nicht nur Frühindikatoren für die OECD-Länder berechnet, die vorwiegend den etablierten Industrieländern zuzurechnen sind, sondern auch für mehrere gewichtige Schwellenländer. Fasst man die Frühindikatoren der Schwellenländer zu einem Indikator zusammen, dann stieg dieser Indikator um 0,2 % und damit zum vierten Mal in Folge im gleichen Ausmaß gegenüber dem Vormonat an. Dies ist zwar für einen konjunkturellen Aufschwung eine verhältnismäßig geringe Dynamik. Eine unmittelbare Rezession lässt sich hieraus aber nicht ableiten. Der Frühindikator der Industrieländer verringerte sich um 0,6 % gegenüber dem Vormonat. Fasst man die Frühindikatoren aller Länder zusammen, dann sank der von uns berechnete Frühindikator für die Weltwirtschaft im Juni um 0,3 %.2 Rückgänge in dieser Größenordnung gab es in den vergangenen knapp 40 Jahren in konjunkturellen Aufschwungphasen noch nicht.
3. Ähnlich wie im Monat zuvor weist die Länderaufteilung in unserem Quadranten-Schema (siehe Anhang) im Vergleich zum Vormonat kaum Änderungen auf. Weiterhin verharrt von den schwergewichtigen Volkswirtschaften nur China im Quadranten „stabil“. Von den westeuropäischen Volkswirtschaften findet sich nur Norwegen in diesem Quadranten. Für die großen Länder USA, Japan und Indien gilt, dass deren Jahresveränderungsraten zwar noch im positiven Terrain liegen. Damit befinden sie sich nach unserer Indikatoreinteilung immerhin „nur“ in einer Abwärtsbewegung und nicht in einer länger anhaltenden Schwächephase. Gleichwohl liegen die jeweiligen Jahresveränderungsraten nur noch knapp im positiven Bereich, sodass bereits mit den Augustdaten ein Abwandern dieser Länder in den Quadranten „labil“ droht.
4. Die Entwicklung des globalen Frühindikators ist auf den ersten Blick einfach zu interpretieren: Sie deutet den Beginn einer globalen Rezession an. Dass die Interpretation allerdings derzeit schwierig ist, liegt daran, dass es nach wie vor möglich ist, dass die Frühindikatoren lediglich die eigentliche und wenig beachtete Schwächephase zu Beginn des Jahres noch nachzeichnen. Tatsächlich zeigt sich anhand der globalen Industrieproduktion weiterhin kein konjunktureller Wendepunkt. So stieg zwischen Mai und Juli die globale Industrieproduktion um durchschnittlich 0,6 % pro Monat an. Dies ist immerhin eine überdurchschnittliche Dynamik. Gemessen an der Entwicklung des von uns berechneten globalen Frühindikators hätte die Produktion in diesem Zeitraum nur um 0,1 % pro Monat ansteigen dürfen. Bislang klaffen die Entwicklungen der Frühindikatoren und der Produktion noch nicht auffallend auseinander. Abweichungen dieser Größenordnung treten während eines Konjunkturzyklus durchaus immer wieder auf. Noch besteht also die Hoffnung, dass die Frühindikatoren wieder nach oben drehen, ohne dass die Industrieproduktion zwischenzeitlich schwächelt. Die Risiken einer zeitnahen globalen Wachstumsverlangsamung sind aufgrund der jüngsten Finanzmarktturbulenzen gleichwohl hoch.
Rudolf Besch
1 Der Datensatz der von der OECD berechneten Frühindikatoren beinhaltet drei verschiedene Berechnungsmethoden: normalised, amplitude adjusted und trend restored. Wir beziehen uns in unserer Kommentierung ausschließlich auf die Zeitreihen „trend restored“. Diese sind mit der ebenfalls trendbehafteten Entwicklung der Industrieproduktion vergleichbar.
2 Der OECD Composite Leading Indicator ergibt sich aus den (nach Kaufkraftparitäten) gewichteten Indizes der einzelnen OECD-Länder. Da die OECD auch für gewichtige Nicht-OECD-Länder entsprechende Frühindikatoren ermittelt, lässt sich mit deren Hilfe ein globaler Index berechnen sowie eine Unterscheidung nach Industrieländern und Schwellenländern (Emerging Markets) vornehmen.
Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Eine Gewähr für ihre Richtigkeit kann aber nicht übernommen werden.
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