Kommentar
22:10 Uhr, 09.01.2015

Warum Griechenland im Euro bleiben wird...

"Ein Optimist ist ein Mensch, der die Dinge nicht so tragisch nimmt, wie sie sind." (Karl Valentin)

Was wäre ein Wochenrückblick in diesen Tagen ohne einen Ausflug nach Griechenland?! Da erdreistet sich die Linkspartei Syriza doch tatsächlich, die uneingeschränkte Führung in den Wahlprognosen zu übernehmen. Doch damit nicht genug. Parteichef Tsipras ist auch noch abgebrüht genug, einen Austritt Griechenlands aus dem Euro als Drohkulisse an die Wand zu malen.

Alexis Tsipras weiß, mit welchen Pfunden er wuchern kann: Auf mehr als 50 Milliarden Euro summiert sich der direkte deutsche Anteil an den Rettungshilfen für Griechenland. Knapp 20 Milliarden kommen hinzu, wenn man die Forderungen der Europäischen Zentralbank berücksichtigt. Sollten die Griechen den Euro aufgeben und ihre Schulden nicht mehr bedienen, wäre ein Großteil des Geldes verloren. Vielleicht sogar die komplette Summe.

Doch dazu wird es nicht kommen.

In Wahrheit nämlich hat der geschmeidige Parteichef längst eine erstaunliche Wandlung vollzogen. Tönte Tsipras anfangs noch lauthals, die Kreditvereinbarung mit der Europäischen Zentralbank (EZB), dem Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission „in der Luft zu zerreißen", so will er heute nur noch die schlimmsten "Ungerechtigkeiten" beseitigen.

Aus dem wilden Tiger wurde ein zahmes Kätzchen...

Deshalb ist natürlich sonnenklar, dass entgegen der polternden Rhetorik aus dem Berliner Regierungspalast hinter den Kulissen längst an einem Kompromiss gearbeitet wird, der es allen Beteiligten nach dem heranrollenden Syriza-Tsunami ermöglichen wird, das eigene Gesicht zu wahren - denn um nichts anderes geht es hier:

Nach ihrem mutmaßlichen Wahlsieg in zwei Wochen wird die neue Linksregierung in Athen einen Teil ihrer reformkritischen Forderungen zurücknehmen. Im Gegenzug werden den geplagten Griechen Teile ihrer Schulden erlassen. Vielleicht kommt es auch zu einer Tilgungsstreckung. Dann hätte Athen mehr Zeit, seine Schulden zu bedienen. So könnte das Land ein weiteres Mal von der EU „gerettet“ werden – und alle sind zufrieden.

Bloß die griechischen Wähler nicht, die bald erkennen werden, dass sie erneut belogen wurden. Doch wen kümmert das dann noch? Eben.

Nach allem, was wir in den vergangenen Jahren beobachten mussten, wird es genau so kommen.

Denn wie sähe ein mögliches Alternativszenario aus? Sollte Griechenland tatsächlich den Euro abschaffen und die Drachme wieder einführen, wäre die naheliegendste Überlegung, dass sich das Land relativ zügig Russland und China annähern und der eurasischen Union beitreten würde.

Mit russischer Hilfe könnten die gigantischen Öl- und Gasvorkommen vor der griechischen Küste gefördert werden. Binnen weniger Jahre könnte Griechenland zu einer der prosperierendsten Regionen in Europa aufsteigen. Ein Alptraum, jedenfalls aus Sicht der größenwahnsinnigen Brüsseler Polittechnokraten.

Auch das eine oder andere international tätige Finanzhaus würde eine solche „Lösung“ vermutlich nicht gerne sehen. Schließlich lassen sich besagte Rohstoff-Vorkommen im Zuge weiterer Rettungspakete für die Griechen trefflich „privatisieren“...

DAS dürften die eigentliche Sorgen derjenigen Strategen sein, die einen Austritt Griechenlands aus der EU plötzlich für „verkraftbar“ halten. In Wahrheit werden diese grandiosen „Politgrößen“ daher alles tun, um einen „Grexit“ unter allen Umständen zu verhindern.

Sie, die Politiker, wären nämlich sauber blamiert, sollte Griechenland die gesamte Währungsunion ein weiteres Mal an der Nase herumführen. Nachdem das Land unter tätiger Mithilfe von Goldman Sachs schon bei der Aufnahme in den Euro geschummelt hatte, wird man es jetzt nicht „einfach so“ in die schuldenfreie Unabhängigkeit entlassen...

Hinzu kommt ein weiterer wesentlicher Punkt: Käme Griechenland mit einer neuen Währung entgegen der gruseligen Untergangsparolen, die derzeit überall verbreitet werden, nach einer zweifellos schwierigen Übergangsperiode besser zurecht, als gedacht, dann wäre eines so sicher wie das Amen in der Kirche:

Im Handumdrehen würde das Beispiel Schule machen. Bei nächster Gelegenheit würden andere krisengeschüttelte Euroländer wie Spanien, Italien oder Portugal den Griechen folgen und den Euro ebenfalls abschaffen.

Angela Merkel würden ihre eigenen Worte auf die Füße fallen: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“. So tönte es noch vor wenigen Monaten gebetsmühlenartig aus dem Kanzleramt. Jetzt, wo das Scheitern der Gemeinschaftswährung Realität werden könnte, soll ein Austritt Griechenlands plötzlich „verkraftbar“ sein. Keine Rede mehr von der Alternativlosigkeit der Eurorettung.

Was für eine traurige Schmierenkomödie...

Dabei wäre es schon heute das Klügste, den Griechen den Abschied von der Gemeinschaftswährung so einfach wie möglich zu machen und sie in der turbulenten Übergangsphase bei der Einführung einer neuen Währung nach Kräften zu unterstützen. Natürlich auch finanziell und mit Hilfen der EU.

Doch da unsere Politiker in den vergangenen Jahren nicht gerade durch weitblickende Entscheidungen aufgefallen sind, wird daraus nichts werden. Statt dessen regieren Eitelkeit, Großmannssucht und Profitgier.

Deshalb wird Griechenland auch nach den Wahlen vom 25. Januar 2015 im Euro bleiben.

Und zwar so lange bis gar nichts mehr geht, weil Griechenland und all die anderen europäischen Krisenregionen vollständig ausgeblutet sind...

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de

11 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    ​Meines Erachtens will Griechenland nur deshalb im Euro bleiben weil sie an QE ran wollen.

    Also Cash zum Nullkupon, daher passt auch die amerikanisch subventionierte Wahl und Draghis QE. Braucht eigentlich niemand ausser Greece.

    Nur was haben sie noch zu bieten? Die Grundstücke wurden doch schon verkauft und die Bodenschätze der neuen Öl&Gasfelder sind doch auch schon 2012 aufgeteilt worden.

    Einen Teil an US (Exxon&Shell) der andere betrifft den Transport und die Förderung, hier kommt GUS in´s Spiel. Die Gläubiger sind nicht so blöd wie alle denken, nur dem Volk wird ziemlich viel Blödsinn erzählt. Gut, einer muss die Schulden ja zahlen. Die Griechen wollen sicher nicht.

    12:53 Uhr, 29.01. 2015
  • 3433
    3433

    21:58 Uhr, 11.01. 2015
  • haechamatus
    haechamatus

    Abendländer denken abstrakt, Orientale hingegen konkret. Es ist nicht so, lieber Herr Andreas, dass die griechischen Herren abgebrüht sind, es ist genau umgekehrt: Sie haben absolut keine Achtung vor den Europäern, weil dies von ihnen gar nicht verlangt wird !!​ Die Griechen haben doch Europa schon X-mal angelogen und an der Nase herumgeführt - ich wiederhole, sie tun dies, weil sie wissen, dass man das mit den Europäern tun kann. JEDES Kind verhält sich seinen Eltern gegenüber genau gleich !! Beispiel: Kein 18-jähriger Sohn eines Arbeiters wird sich von seinem Vater einen Porsche wünschen, vielleicht einen Fiat 500 weil das in der Möglichkeit des Vaters liegt. Die Agressionen der Muslime bei uns (Paris ist ja nicht der Anfang) ist genau dasselbe Verhalten: In Europa kann man das, ohne dass sich die Europäer wehren. Ich bin Ethologe/Biologe und kann versichern, dass der offene Krieg der Muslime gegen uns Degenerierten weiter gehen wird.

    14:44 Uhr, 11.01. 2015
  • 3433
    3433

    ​Die "hohen informierten Kreise " sind doch auch nur Deppen,die für die nächste Etage die Schuhe putzen.

    16:45 Uhr, 10.01. 2015
  • Sonnenschein
    Sonnenschein

    In EU wächst Unterstützung für griechischen Schuldenschnitt - Presse

    Quelle: Jandaya.de

    heute 14:51Uhr

    "In Brüssel wächst einem Pressebericht zufolge die Unterstützung für einen Schuldenschnitt in Griechenland. "Ein Schuldenschnitt in Griechenland ist unausweichlich, weil das Land sonst mit seiner Schuldenlast nicht fertig wird", hieß es nach Angaben der Tageszeitung Welt in hohen EU-Kreisen, die mit den Beratungen über Griechenland vertraut sind.

    Die Meinungen über den Zeitpunkt des Schuldenschnitts gingen allerdings in Brüssel auseinander, schreibt die Zeitung weiter. Teilweise werde der Schuldenschnitt schon in diesem Jahr als notwendig erachtet, es gebe aber auch die Auffassung, wonach der Schuldenschnitt "erst in ein paar Jahren kommen wird, wenn keine Gefahr mehr besteht, dass andere Krisenländer ebenfalls auf einen Schuldenerlass spekulieren." Als Größenordnung für den Schuldenschnitt wurde "ein Drittel bis die Hälfte der Staatsschulden" genannt.

    Die Gesamtschuld Griechenlands liegt derzeit bei rund 320 Milliarden Euro. Davon befinden sich 260 Milliarden Euro, also 80 Prozent, in der Hand öffentlicher Gläubiger. Griechenland ist schon 2012 ein Schuldenschnitt gewährt worden: Dabei erließen Banken und andere private Gläubiger Verbindlichkeiten in Höhe von 107 Milliarden Euro.

    Wie die Welt weiter berichtet, hieß es in hohen informierten EU-Kreisen auch, dass "Griechenland in absehbarer Zeit wohl nicht an den Kapitalmarkt zurückkehren kann und eine vorsorgliche Kreditlinie in Höhe von zehn Milliarden Euro darum keinen Sinn macht". Die Kreditlinie würde sofort ausgeschöpft und hätte damit ihren Sinn als Präventivmaßnahme verloren. In den Kreisen wird erwartet, dass das laufende Hilfsprogramm zunächst über Ende Februar 2015 hinaus verlängert wird und sich dann wahrscheinlich ein drittes Hilfspaket anschließen wird. Der Finanzbedarf Athens liege mittelfristig bei rund 20 Milliarden Euro."

    :-)

    Wie hieß es auf dieser Seite vor wenigen Wochen - frei wiedergegeben: Die Psychopathen sind behandlungsbedürftig ...

    16:36 Uhr, 10.01. 2015
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ​@ student

    "Die Deutschen verlören nur ein paar tausend Milliarden ... "

    Weißt du eigentlich, was für einen Blödsinn du da schreibst ... ???

    Tausend Milliarden sind eine Billionen ... - so viel verliert Deutschland nicht mal, wenn der gesamte Euro crashed ...

    Denk mal nach bevor du hier was schreibst ...

    15:06 Uhr, 10.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • student
    student

    ​Lieber Herr Hoose,

    ein Staatsbankrott in Griechenland ist beileibe kein geschichtlicher Einzelfall. Die Eurozone würde den Austritt verkraften. Die lächerlichen 240 Mrd. Euro Schulden auch.

    Und weiter: ein gut vorbereiteter Staatsbankrott täte den meisten europäischen Staaten gut. Die Deutschen verlören nur ein paar tausend Milliarden, die sowieso uneinbringlich gewesen wären und hier nicht gebraucht werden.

    Oder investieren die Deutschen allen Ernstes in ETFs, oder andere Titel südländischer Staatspapiere für ihre Altersversorgung?

    Ein alter Grieche von Rhodos meinte jüngst zu meinem Gelaber über die neue Souveränität:

    das griechische Volk kennt keine Demokratie, sie werden regiert und wollen im besten Fall eine gut geführte Diktatur. :-)))

    Viele Grüße

    22:43 Uhr, 09.01. 2015
  • 3433
    3433

    ​Gebe ab sofort Russischkurse,bitte bei Interesse melden unter 007677832648648366441963

    22:39 Uhr, 09.01. 2015