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11:30 Uhr, 17.05.2016

Warum CFDs den KO-Zertifikaten überlegen sind

Nach wie vor sind Hebelzertifikate in Deutschland immer noch populärer als CFDs. Absolut unverständlich, wie Sie in diesem Artikel erfahren.

Auf dem Papier hat dieses Duell einen klaren Sieger laut dem Investment Trends Report von April 2015: Im Untersuchungszeitraum haben 91.000 Trader in Deutschland mit Hebelzertifikaten und/oder Optionsscheinen gehandelt. Dem gegenüber standen nur 47.000 CFD-Trader. Noch dazu stieg die Zahl der Zertifikate-Trader weitaus stärker an. Wo also bleibt der lang erwartete Siegeszug der viel gepriesenen CFDs?

Er findet schon längst statt. Diese oben genannten Zahlen umfassen nämlich selbst jene Trader, die nur ein einziges Mal in den letzten 12 Monaten ein entsprechendes Produkt gehandelt hat.

Das größte Volumen wird aber natürlich mit der Minderheit der täglich aktiven Trader umgesetzt. Und gerade diese Hauptzielgruppe der Broker, die Heavytrader, haben die gravierenden Schwächen der beliebten Knock Outs längst erkannt. Um nur die markantesten zu nennen:

Chartmarken lassen sich nicht 1:1 umsetzen

CFDs bilden den zugrunde liegenden Markt möglichst exakt ab. Der Preis von Zertifikaten hängt hingegen von anderen Faktoren ab. Angenommen Sie identifizieren eine Seitwärtsphase im DAX30-Index mit dem Widerstand bei 11.000 Punkten.

Als CFD-Trader können Sie bei der Spekulation auf einen Ausbruch einfach die Kauforder auf oder knapp über diese Marke setzen. Auch aus dem Chart heraus übrigens.

Mit einem Knock Out hingegen müssen Sie spekulieren, wo dessen Preis stehen wird, wenn der Dax von seinem aktuellen Niveau aus bis 11.000 steigt. Bei Optionsscheinen ist dies aufgrund der impliziten Vola und des Zeitgeldes noch weitaus intransparenter. Aber auch bei KO´s bedeuten 10 Ticks im Underlying noch lange nicht 10 Cent im Schein.

Womit wir zum zweiten Nachteil kommen.

Willkürliche und intransparente Preisstellung

Wer News-Trading betreibt, also kurz vor Veröffentlichung von Quartalszahlen etwa auf stark steigende oder fallende Kurse spekuliert, der findet in Knock Outs theoretisch das perfekte Produkt:

Begrenztes Risiko in Form der KO-Schwelle, auch ein noch so großes Gap zu Ungunsten des Traders ist also kein Beinbruch. Bei gleichzeitig unbegrenzter Gewinnchance.

Wer diese Taktik schon einmal versucht hat in die Praxis umzusetzen, weiß aber um den so harmlos klingenden Begriff „Risikoaufschlag“. Der Emittent versieht die Scheine mit umso höherem Aufgeld, je größer ihm das Risiko eines Gaps über die KO-Schwelle hinaus erscheint.

So kommen Trader schon mal in den „Genuss“, bereits einige Tage vor Quartalszahlen nur Scheine zu finden mit Aufgeldern von 100 % und mehr. Selbst bei KO´s auf liquide Indizes wie den DAX sind Intraday ein paar Cent Aufschlag zu bezahlen.

Was sich umso mehr auswirkt, je näher der Kurs der KO-Schwelle kommt. Und sehr beliebt bei vielen mit der Materie nicht so vertrauten Tradern ist tatsächlich möglichst hoch gehebelte Zertifikate zu handeln. Umso geringer der Abstand zur Knock-Out-Schwelle umso besser also.

Diesen Kriterien entspricht, während ich das schreibe, der KO-Call auf den XDAX (DAX wird nach 17:30 indikativ weitergepreist) mit der WKN TD5T3K von HSBC. Dieser Schein wird jetzt gerade um 18:56 zu 0,33/0,35 EUR gepreist, und hat eine Knock Out-Schwelle von 9.934 Punkten.

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Der XDAX notiert zur gleichen Zeit bei 9950. Der KO ist also nur noch 16 Dax-Punkte bzw. 16 Cent vom wertlosen Verfall entfernt, gleichzeitig muss man aber 35 Cent für den Einstieg bezahlen. Das ist selbst bei einem liquiden Titel wie dem DAX ein Aufgeld von 118 %!

Sie hätten damit also ein tatsächliches Risiko von 35 statt 16 Punkten. Da läppert sich am Ende des Jahres ein schöner Haufen versteckter Kosten an, zusätzlich zum Spread und den Ordergebühren, die ich weiter unten noch beschreibe.

Qual der Wahl

Zum EUR/USD finde ich aktuell über 5.000 verschiedene angebotene Scheine. Wer schnell mal einen Trade abschicken möchte weil er eine Gelegenheit entdeckt hat, loggt sich in die Handelsplattform ein und muss dann erst einmal ein für ihn und sein Risikoprofil passendes Zertifikat finden.

Während es nur einen DAX-CFD beim Broker gibt, und der kann bequem und vor allem spontan gekauft oder leerverkauft werden.

Auf der Haben-Seite können KO´s für sich verbuchen, dass es Scheine oft auch für Aktien-Nebenwerte gibt, die von CFD-Brokern nicht im Angebot geführt werden.

Verlässlichkeit

Jeder der regelmäßig mit KOs oder Optionsscheinen im Direkthandel mit den Emittenten agiert, kennt die ärgerliche Situation, in Zeiten hektischer Volatilität bei News keine Kurse gestellt zu bekommen. Meist werden Serverprobleme vorgeschoben, oder die Orders werden mittels Re-Quotes abgelehnt.

Das hat sich in den vergangenen Jahren kaum gebessert. Warum auch, wenn Otto Normaltrader trotzdem weiterhin gerne mit Derivaten handelt. Mit professionellem Daytrading hat das aber nichts zu tun.

Ein Verbindungs- oder Kursdatenausfall bei einem CFD-Broker hingegen ist äußerst selten, diese Broker wissen um die Bedeutung hochwertiger Ausführungsqualität für Heavytrader.

Kosten

Nehmen wir für den Kostenvergleich den beliebten DAX.

1 Cent Spread bei den Knock-Outs entspricht 1 Punkt Spread, was fast identisch mit allen CFD-Brokern ist. Es geht hier allerdings auch schon ab 0,8 Punkten, und zwar ohne weitere Gebühr. Während beim Handel mit Zertifikaten und Optionsscheinen die Online-Broker auch noch bezahlt werden wollen.

So kommt man beim Handel eines Zertifikats im günstigsten Fall bei einem An- und Verkauf von 100 Stück, das entspricht 1 € pro Punkt, auf 12 € Kosten pro Roundturn beim Handel über Frankfurt oder Stuttgart beim in diesem Fall günstigsten Broker CapTrader (es wären eigentlich sogar 13 €, aber Mitglieder von BrokerDeal erhalten in diesem Beispiel 1 € retour).

Wohingegen der Handel von 1 CFD, was 100 KO´s entspricht bzw. ebenso 1 € pro Punkt bewegt, inklusive Gebühren schon ab lediglich 0,8 € (!!) machbar ist.

Das macht einen Preisunterschied von sensationellen 1400 % zugunsten CFDs (gelegentliche Freetrade-Aktionen der Emittenten sind hier nicht mit eingerechnet, da nur im Direkthandel möglich).

Letzte Skeptiker überzeugt vielleicht folgende Grafik, die visualisiert wie enorm sich die kumulierten Kosten nach 1.000 Trades unterscheiden.

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Kenner der Materie werden jetzt noch einwenden wollen „aber was ist mit den Finanzierungskosten der CFDs?“. Korrekt, beim Halten von CFD-Longpositionen über Nacht werden Zinsen an den Broker fällig (für den Kredit in Form der geringen Margin).

In der Regel so um die 2 % + Euribor. Diese können beim Halten über einen längeren Zeitraum stark ins Gewicht fallen, macht das im Dax pro Nacht doch ca. 0,6 Punkte Finanzierungskosten. Aber der Artikel zielt ja auf die täglich aktiven Heavytrader an, von denen nur selten Positionen über Nacht gehalten werden. Und der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt, dass bei Shortpositionen keine Übernachtzinsen zu bezahlen sind.

Übrigens: beim Trading mit Zertifikaten und Optionsscheinen wird sich der Broker automatisch um den Abzug der Abgeltungssteuer kümmern. Das ist natürlich bequem, entzieht einem aber auch Liquidität. Für den Handel mit CFDs kann man auch Broker wählen die das Konto meist in London führen. Um die Versteuerung muss man sich also selbst sorgen am Ende des Jahres, hat damit mehr Kapital zum arbeiten. Man hat hier jedenfalls die Wahlmöglichkeit, da es auch CFD-Broker mit Sitz in Deutschland gibt.

Fazit

Ja, Knock-Outs schützen durch die eingebaute Stop-Loss Schwelle vor ungeplanten Verlusten bei großen Kurslücken. Dieser einzige Vorteil muss aber teuer erkauft werden. Zu teuer wie ich hoffentlich für jeden ernsthaften Trader aufzeigen konnte. Besser ein Gaprisiko hinnehmen wie jeder Profi auch, die mit Aktien und Futures handeln, als sich bei jeder Order über den Tisch ziehen zu lassen. "Aber die Nachschusspflicht!" rufen jetzt einige. Richtig, der maximale Verlust ist mit CFDs nicht auf den Einsatz begrenzt wie mit Zertifikaten und Optionsscheinen. Nur ist diese Gefahr bei vernünftigem Money- und Risikomanagement minimal, ich bin während der letzten 15 Jahre nie auch nur in die Nähe einer solchen Situation gekommen. Nur aus Angst vor einem seltenen Black-Swan Event bin ich nicht bereit, unprofessionelle Instrumente zu verwenden. Außerdem verzichten bereits immer mehr CFD- und FX-Broker auf die Nachschusspflicht.

18 Kommentare

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  • shark
    shark

    Da muss ich an den Experten doch mal eine Frage bzgl des Haftungsrisikos stellen..

    Wer haftet unbegrenzt persönlich über den Kaufpreis und sein Depotguthaben hinaus -

    Der Käufer eine Ko.-Scheines oder der eines CFDs ??

    10:54 Uhr, 26.05. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • Michael Hinterleitner
    Michael Hinterleitner

    Ich versuche vielleicht einfach mal Bilder sprechen zu lassen.

    Dies ist eine Simulation über 1.000 Trades. Startkapital 10.000€, Trefferquote 50%, Risiko 1% pro Trade, ein Gewinntrade macht im Schnitt 1,3% Profit.

    Grün die Bruttoperformance.

    Blau die Performance bei 0,8€ Kosten pro Trade, was 0,8 Punkten Spread mit einem Dax-CFD entspricht.

    Orange die Performance bei 5,6€ Kosten pro Trade über DeGiro, günstiger geht es mit Zertis nicht in der Regel. Die Performance mit seltenen und auf bestimmte Emis zugeschnittenen Freetrade-Aktionen kann ich nachreichen.


    Zum Unterschied braucht man denke ich nicht mehr viel sagen.

    Und der Vollständigkeit halber noch der selbe Vergleich mit der Kostenstruktur von flatex, mit 5,9€ Flatt Fee:


    Da wird der Ertrag sogar negativ...
    10:35 Uhr, 26.05. 2016
  • Verzockt
    Verzockt

    Bei KO-Zertifikaten weiß ich aber wenigstens, dass maximal mein Einsatz weg ist.

    Bei CFD's vielleicht auch mein Haus?

    23:31 Uhr, 17.05. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • Morningstar
    Morningstar

    Aus Angst vor seltenen Black Swan Ereignissen?!?. Also ich würde sagen, da hatten wir in den letzten Monaten schon ein paar und das Risiko vor zukünftigen steigt eher an, als zu fallen. Natürlich "versichern" sich die Emittenten auch vor solchen Volatilitätssprüngen, z.B. vor Apple Zahlen oder nachbörslichen FED Sitzungen und sonstigem, mit höheren Aufgeldern, aber das sieht man auch an den gelisteten Optionen, dass vor solchen Events die Impl Vol. steigt. Aber mit CFDs in solche Ereignisse zu marschieren ist Glücksspiel par exellence und kann sehr schnell zu einem Desaster führen, während man bei Zertifikaten genau kalkulieren kann was man im Worst Case verlieren kann, aber das hat natürlich seinen Preis.

    19:22 Uhr, 17.05. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • 123ok
    123ok

    Sehr geehrter Herr Hinterleitner Sie wollen einfach nicht akzeptieren die kleine Auswahl von Aktien-CFD`s bei allen Brokern ! !

    Das sind dumme Jungs-Geschäfte, man hält einen Titel und über Nacht wird dieser aus der Marginliste gestrichen, vor allem bei JFD-Broker.

    Um einen Hebeleffekt zu erzielen ist dieses nur über seriöse Bedingungen mit einen Effekten-kredit zu erzielen, damit ich den Titel auch handeln kann der gerade angesagt ist, leider erfüllt kein einziger Broker diese Bedingung ! !

    13:16 Uhr, 17.05. 2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Michael Hinterleitner
Michael Hinterleitner

Michael Hinterleitner ist seit 2006 Redakteur und Trader bei GodmodeTrader.

Bereits 1998 der Faszination Börse erlegen, wurde Trading neben dem Studium der Wirtschaftswissenschaften zu seiner Hauptbeschäftigung. Sein Fokus: Aktien. Neben der täglichen spannenden Jagd an den Börsen kam 2011 die Idee zu einem neuen Brokervergleich, der nicht nur einen detaillierten Blick hinter die Kulissen erlaubt, sondern auch handfeste Vorteile für Mitglieder bringt.

Als Mitbegründer der Vergleichsplattform BrokerDeal.de hat sich Michael Hinterleitner zum Ziel gesetzt, Licht in den Brokerdschungel zu bringen. Er erklärt, worauf es bei der Brokerwahl ankommt, welche Anbieter für welche Bedürfnisse Sinn macht und auf welche Unterschiede man bei den Produkten und der Ausführungsqualität achten sollte.

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