Verbot von CFDs mit Nachschusspflicht - blaues Auge und Chance zugleich
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Die europäischen Regulierungsbehörden scheinen sich wohl in einem Wettbewerb zu wähnen, wer welche Maßnahmen rascher umsetzt. Nachdem Zypern und UK vorgelegt haben, hat endlich auch die BaFin ihre Pläne öffentlich gemacht. CFDs mit Nachschusspflicht sollen verboten werden. Das ist auf den ersten Blick eine begrüßenswerte und anlegerfreundliche Maßnahme. Wenn das denn keine empfindliche Verteuerung mit sich bringt.
Man könnte fast meinen die europäischen Regulierungsbehörden sind 2016 aus ihrem Dornröschenschlaf aufgewacht. Nach Belgien, Frankreich, Holland, Israel, Zypern und Großbritannien nun also Deutschland. Als vordergründiger Beweggrund wird der Anlegerschutz hochgehalten. Das trifft des Pudels Kern aber nicht immer zu 100 %. Vielmehr quälen den ein oder anderen wohl nationale Steuerinteressen, mehr dazu im Artikel "Vertrieb von Binäre Optionen, CFDs und Forex in Belgien verboten - staatliche Heuchelei?".
Während wir ein Verbot von Binären Optionen sehr begrüßen, ist ein Eindreschen auf CFDs mit der gleichen Keule formal völlig unbegründet. So war denn auch ein allgemeines Aufatmen hörbar in der Szene, als die BaFin endlich ihre Pläne offenlegte, CFDs mit Nachschusspflicht verbieten zu wollen ab dem Frühjahr 2017.
Während es im Blätterwald von Handelsblatt, FAZ & Co rauschte als wäre das der Todesstoß für diese Instrumente, wissen Insider wie behutsam die BaFin eigentlich vorgegangen ist. Da man von Maßnahmen wie radikal verringertem Hebel, Werbeverboten oder höheren Mindesteinlagen abgesehen hat, bleiben CFDs für den Privatanleger mit kleiner Börse weiterhin die erste Wahl. Statt einer Einschränkung könnte diese Maßnahme sogar dafür sorgen, dass CFDs einen neuerlichen Siegeszug in Deutschland antreten.
Ist die drohende Gefahr eines Verlustes über die Einlage hinaus doch immer das lauteste Argument der Befürworter von Zertifkaten und Optionsscheinen. Dabei weiß jeder erfahrene Trader, dass gerade diese OTC-Produkte mit erheblichen intransparanten Mehrkosten und Risiken verbunden sind. Lesen Sie dazu etwa unsere Artikel Erstaunliche Aufgelder bei Knock Outs oder Asynchrone Kursstellung von Zertifikaten.
MÖGLICHE AUSWIRKUNGEN
Während wir auf der einen Seite also positiv vermerken, dass wir als Trader künftig noch besser geschützt sind bei unerwarteten Ereignissen wie dem Schweizer Franken Crash, Brexit, Trump & Co, bleibt abzuwarten wie die Broker darauf reagieren.
Zwar gibt es seit dem SNB-Debakel am 15. Januar 2015 ohnehin bereits vermehrt Broker ohne Nachschusspflicht, auch wenn es noch das ein oder andere Schlupfloch in manchen AGBs gibt. Aber das Gros der Anbieter muss jetzt erst noch auf diese Einschränkung für deutsche Kunden reagieren. Dass sich das jeder antun wird steht praktisch außer Frage, ist Deutschland doch einer der wichtigsten Märkte für CFD-Broker. Spannend wird es dann aber bei der Frage, ob und wie die Broker dieses Mehrrisiko auf die Kunden abwälzen.
Hebel größer als 1:200 oder vlt. sogar 1:100 sind wohl Geschichte, der Margin Call bzw. Stop Out könnte auch früher erfolgen als bisher. Mit all dem können ernsthafte aktive Trader leben, die ohnehin um die Bedeutung von solidem Risikomanagement im Portfolio wissen. Ärgerlich wird es erst, sollten Kosten dann in Form von höheren Spreads bzw. Kommissionen auf uns umgelegt werden.
Auf Nachfrage geben sich die Broker noch bedeckt, erst müssen die internen Diskussionen zu einem Ergebnis führen. Ich persönlich denke auch, dass man wohl versucht abzuwarten, welchen Zug die Konkurrenz macht. Um am Ende dann vielleicht sich doch zu einem attraktiverem Angebot zu entschließen.
STP/DMA-BROKER MIT PROBLEMEN
Am kniffligsten wird diese Herausforderung wohl für jene Broker, die Orders zu 100 % durchleiten, und nur an Spreadaufschlägen bzw. Kommissionen verdienen. Wenn ein Trader eine riskante Wette abschließt, dann war er bisher auch für das Ergebnis verantwortlich. Wenn solche wie am 15. Januar geschehen ins Minus kamen, dann wanderte das Konto ja im Gegensatz zu einem Broker mit Dealing Desk nicht zum Broker, sondern der STP-Broker schuldete die entsprechende Summe nun seinem Liquiditätsprovider.
Dieses unkalkulierbare Risiko könnte nun zur Folge haben, dass vor allem Kunden mit höherer Einlage sich als professionelle Trader klassifizieren lassen müssen, wollen diese weiterhin bei diesem Broker bleiben. Und ein professioneller Trader hätte dann weiterhin die Verpflichtung zum Ausgleich eines Negativsaldos aus eigenen Mitteln.
Während die Köpfe der Broker also rauchen, bleibt für uns CFD-Trader erst einmal festzuhalten: durch diese begrüßenswerte Zurückhaltung der BaFin ist aus einem potentiellen KO erst einmal ein blaues Auge geworden - Business as usual also.
Viel Erfolg beim Trading
Michael Hinterleitner
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