Kommentar
10:25 Uhr, 21.05.2010

USA: Entspannung am Hypothekenmarkt steht weiterhin noch aus

• Die Daten zu den Ausfallraten von Hypotheken zeigen, dass die Situation am Hypothekenmarkt weiterhin sehr angespannt ist. Die zuletzt erfreulichen Anzeichen einer baldigen Entspannung am Hypothekenmarkt haben sich nicht fortgesetzt.

• Der Anteil der Hypotheken mit Zahlungsrückständen ist im ersten Quartal 2010 von 9,47 % auf 10,06 % überraschend angestiegen. Im Rahmen unserer Erwartungen nahm der Anteil der Hypotheken mit schwerwiegenden Zahlungsverzögerungen (d.h. länger als 90 Tage) von 4,58 % auf 4,63 % leicht zu.

• Enttäuschende Entwicklungen lassen sich in den Bereichen der Zahlungsverzögerung bis 30 und 60 Tage feststellen, wenngleich erneute Rekordstände nicht erreicht worden sind. Die gestrigen Zahlen zum Hypothekenmarkt stellen zwar insgesamt eine leichte Enttäuschung dar. Zu einer Neubewertung der Situation am Hypothekenmarkt kommen wir aber nicht.

1. Bereits gestern Nachmittag wurde von der Mortgage Bankers Association (MBA) Daten zu den Zahlungsrückständen und Zwangsvollstreckungen bei Hypothekenkrediten („Mortgage Delinquencies“) veröffentlicht. Sie zeigen, dass sich der Hypothekenmarkt weiterhin in einer äußerst angespannten Situation befindet. Anders als noch in den beiden Vorquartalen haben sich die Anzeichen für eine zukünftige Entspannung eher verschlechtert. So hat sich der Anteil der Hypotheken mit Zahlungsrückständen (Delinquencies) im ersten Quartal von 9,47 % auf 10,06 % überraschend deutlich erhöht. Der Anteil der tatsächlichen Zwangsvollstreckungen stieg im ersten Quartal von 4,58 % auf 4,63 % nur geringfügig und im Rahmen unserer Erwartungen an. Die Belastung der Banken hat somit nicht wesentlich zugenommen, wenngleich der kräftige Anstieg bei den Zahlungsrückständen auf zukünftig noch höhere Zwangsvollstreckungen hindeutet.

2. Dieses zweigeteilte Bild, dass sich aktuell die Situation nicht wesentlich verschlechtert hat, aber zukünftig noch höhere Belastungen drohen könnten, lässt sich auch anhand der Detailstatistiken erkennen. Erstmals seit Beginn der Hypothekenkrise haben sich die Anstiege bei den schwerwiegenden Zahlungsverzögerungen (d.h. länger als 90 Tage) nicht in allen Segmenten fortgesetzt. Im Subprime-Bereich sanken die Anteile geringfügig sowohl für feste Verzinsung auf 21,78 % (nach 22,06 %) und für variable Verzinsung auf 42,49 % (nach 42,70 %). Im Prime-Segment legten die entsprechenden Anteile für Hypotheken mit fester Verzinsung auf 5,11 % (nach 4,99 %) und mit variabler Verzinsung auf 18,26 % (nach 18,13 %) nochmals zu. Insgesamt zeigen also diese Detailinformationen, dass die Situation am Hypothekenmarkt zwar schlimm ist, aber sich nicht weiter verschlechtert hat. Diese Ergebnisse stehen weitgehend mit unserer Erwartung in Einklang, dass sich die Anteile der schwerwiegenden Zahlungsverzögerungen erst im weiteren Jahresverlauf in allen Segmenten verringern werden.

3. Unsere Erwartung einer Verringerung des Anteils von schwerwiegenden Zahlungsverzögerung hatte zwei Gründe: Erstens dürfte sich die Situation am Hypothekenmarkt aufgrund einer sich bessernden gesamtwirtschaftlichen Lage, insbesondere am Arbeitsmarkt, aufhellen. Zweitens ließ sich in den beiden Vorquartalen eine sukzessive Verbesserungen im Bereich der Hypotheken feststellen, die erst 30 bzw. 60 Tage in Zahlungsverzug gewesen sind. Diese stellen einen Nährboden für weitere schwerwiegende Zahlungsverzögerungen dar (eine schwerwiegende Zahlungsverzögerung liegt dann vor, wenn die Verzögerung länger als 90 Tage beträgt oder der Prozess der Zwangsvollstreckung in Gang gesetzt worden ist). Wenn man so will wurde dieser Nährboden im ersten Quartal neu gedünkt: In allen Bereichen (Zahlungsverzögerungen bis 30, 60 und 90 Tage) und Segmenten (Subprime und Prime, variabel und fest verzinst) sind die Anteile im Vergleich zum Vorquartal wieder angestiegen. Da im Bereich von 90 Tagen auch in den Vorquartalen noch keinerlei Verbesserungen vorlagen (diese Verbesserungen hätten unseren Erwartungen nach nun im ersten Quartal stattfinden sollen) wurden hier in allen Segmenten erneut Rekordstände erreicht. So schlimm sieht es zumindest in den Bereichen 30 und 60 Tagen nicht aus. In keinem Fall wurden hier neue Rekordstände verzeichnet, wenngleich die Anstiege selbst bereits eine Enttäuschung darstellen. 4. Sowohl die konjunkturelle Lage, als auch die Situation am Arbeitsmarkt haben sich bereits verbessert, und wir gehen davon aus, dass sich diese Tendenz dauerhaft fortsetzen wird. Somit dürfte sich grundsätzlich auch die Situation am Hypothekenmarkt entspannen. Die gestiegenen Zahlungsverzögerungen im Bereich von 30 und 60 Tagen könnten Ausdruck dessen sein, dass die Vorquartale von staatlichen (und geldpolitischen) Stützungsmaßnahmen profitiert haben. Somit läge nur ein Rückpralleffekt vor, der sich in den Folgequartalen womöglich nicht fortsetzt. Kritischer müsste man die Situation am Hypothekenmarkt einschätzen, wenn in den kommenden Quartalen neue Rekordstände in den Bereichen 30 und 60 Tage erreicht werden sollten. Die gestrigen Zahlen stellen zwar insgesamt eine leichte Enttäuschung dar, zu einer Neubewertung der Situation am Hypothekenmarkt kommen wir aber nicht.

Rudolf Besch - Analyst bei der Dekabank

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