USA: Die Arbeitslosenquote fällt wie ein Stein – nur die Beschäftigungszuwächse bleiben enttäuschend
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- Die Anzahl der Beschäftigten ist im Januar lediglich um 36.000 Personen gestiegen. Die beiden Vormonate wurden um insgesamt 40.000 Stellen nach oben revidiert. Die Arbeitslosenquote fiel überraschend auf 9,0 %. Die durchschnittlichen Stundenlöhne nahmen im Vergleich zum Vormonat um 0,5 % zu, und die durchschnittliche Wochenarbeitszeit war um 0,3 % im Vergleich zum Vormonat niedriger.
- Die Beschäftigungsentwicklung dürfte durch den Schneesturm in der Erhebungswoche nach unten verzerrt gewesen sein. Wir gehen davon aus, dass diese Belastung im Bereich von 50.000 bis 100.000 Stellen gelegen hat. Das Bureau of Labor Statistics macht hierzu keine expliziten Aussagen.
- Die Arbeitslosenquote ist aus unserer Sicht statistisch nach unten verzerrt. Die Lohnentwicklung ist insgesamt ausreichend für eine weiterhin durchaus kräftige Konsumdynamik der privaten Haushalte. Auch unter Berücksichtigung der Witterungsverhältnisse stellt die Beschäftigungsentwicklung weiterhin eine Enttäuschung dar.
1. Die Arbeitsmarktstatistik in den USA ist immer wieder eine Quelle von Widersprüchen. Da gibt es einmal eine Unternehmensumfrage, anhand derer die Beschäftigungsentwicklung ermittelt wird. Daneben gibt es aber auch eine telefonische Haushaltsbefragung, die zur Ermittlung der Arbeitslosenquote herangezogen wird. Statistiken haben eines gemeinsam: Sie stellen kein perfektes Abbild der Realität dar. Der Arbeitsmarktbericht für Januar bietet hierfür ein gutes Beispiel. Nach Berechnungen des Bureau of Labor Statistics stieg die Anzahl der Beschäftigten um 36.000 Personen. Dies war deutlich weniger als erwartet worden war (Bloomberg-Umfrage: 146.000 Personen, DekaBank: 145.000 Personen). Die beiden Vormonate wurden zwar insgesamt um 40.000 Personen nach oben revidiert. Zudem stellte ein Blizzard während der Erhebungswoche einen Belastungsfaktor dar. Dennoch kann weiterhin nicht von einer zufriedenstellenden Beschäftigungsentwicklung gesprochen werden.
Frei von Witterungseffekten dürfte die Entwicklung der Arbeitslosenquote gewesen sein. Im Januar sank die Arbeitslosenquote zum zweiten Mal in Folge um 0,4 Prozentpunkte auf 9,0 %. Sie ist damit zwar weiterhin weit weg von durchschnittlichen Werten. Die Abwärtsdynamik der Arbeitslosenquote deutet für sich genommen aber auf eine extrem positive Arbeitsmarktentwicklung. Einen Rückgang dieser Größenordnung gab es zuletzt Ende 1958. Welche Statistik hat nun recht? Die Zusammensetzung der Arbeitslosenquote zeigt, dass einerseits nach der Haushaltsbefragung die Anzahl der Beschäftigten um knapp 120.000 Personen zugenommen hat. Dies passt verhältnismäßig gut zu der Beschäftigungsentwicklung aus der Unternehmensbefragung. Allerdings sank die Anzahl der Erwerbspersonen im Januar um 504.000 Personen. Die beiden Teilstatistiken der Arbeitslosenquote sind durchaus von Volatilität geprägt, sodass selbst dieser Rückgang der Erwerbspersonen nicht ungewöhnlich ist. Der Eindruck, es hätten sich Personen vom Arbeitsmarkt zurückgezogen, wäre also aus unserer Sicht falsch. Dennoch dürfte das Niveau der Arbeitslosenquote zumindest im Januar deutlich untertrieben sein und nicht die erhoffte Entspannung am Arbeitsmarkt bedeuten.
2. Durchaus interessant war im Januar auch die Lohnentwicklung. So stiegen die durchschnittlichen Stundenlöhne um 0,3 % (inkl. Arbeitnehmer, die Weisungsbefugnis besitzen) bzw. um 0,5 % (exkl. Arbeitnehmer, die Weisungsbefugnis besitzen) sehr stark gegenüber dem Vormonat an. Gleichwohl ist die durchschnittliche Wochenarbeitszeit unabhängig von der statistischen Abgrenzung gegenüber dem Vormonat gesunken. Rechnet man die Beschäftigungsentwicklung, die Stundenlöhne und die Wochenarbeitszeit zusammen, dann errechnet sich hieraus ein monatlicher Zuwachs der Gesamtlöhne um 0,3 % gegenüber dem Vormonat. Diese Lohndynamik ist zwar ausreichend für eine weiterhin kräftige Konsumdynamik der privaten Haushalte. Sie kann aber die zyklische Schwäche der Beschäftigungsentwicklung nicht überdecken.
3. Wie stark war der Belastungsfaktor durch die Schneestürme für die Beschäftigungsentwicklung? Nach Einschätzung des amerikanischen Wetterdienstes (National Oceanic and Atmospheric Administration) war der Schneesturm an der Ostküste in seinen Auswirkungen leicht überdurchschnittlich ausgeprägt. Das BLS weist in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass es eine Belastung gegeben haben könnte. Über deren Ausmaß werden aber wie in solchen Fällen üblich keine Angaben gemacht. Insgesamt könnte die Witterung nach unseren Berechnungen zu einer Belastung von 50.000 bis 100.000 Personen geführt haben. Rechnet man dies zu der tatsächlichen Entwicklung hinzu, kann man jedoch weiterhin nicht von einer spürbaren Aufwärtsentwicklung am Arbeitsmarkt sprechen. Trotz dieser erneut enttäuschenden Entwicklung gehen wir davon aus, dass die Beschäftigungsdynamik zeitnah an Kraft gewinnen wird: Die Bankenkrise nimmt ab, die Unternehmen investieren, die Gewinnentwicklung der so wichtigen kleinen Unternehmen ist vielversprechend, die Stimmung der Unternehmen ist mindestens gut wenn nicht sogar hervorragend, Produktivitätsgewinne wurden hinreichend erzielt, und die Unternehmen sind extrem kosteneffizient aufgestellt.
4. Die heute veröffentlichten Daten beinhalten auch die jährliche Benchmark-Revision, die aufgrund von neuem Zahlenmaterial durchgeführt wurde. Nach neuesten Erkenntnissen war die Anzahl der Beschäftigten im Dezember 2010 um 483.000 Personen niedriger als zuvor ausgewiesen. Bereits bekannt war aufgrund einer Vorausschätzung des BLS, dass das Beschäftigungsniveau vom März 2010 um rund 360.000 Personen nach unten revidiert werden würde. Sieht man von den Aufwärtsrevisionen für November und Dezember ab, dann wurde die Beschäftigungsentwicklung der jüngeren Vergangenheit nach unten korrigiert. Eine substanziell andere Entwicklung liegt nun aber nicht vor. Insgesamt wurden in 2010 nicht wie bislang 1,1 Millionen Stellen zusätzlich geschaffen, sondern nur rund 900.000 Stellen.
5. Der Abwärtsrevision bei der Beschäftigungsentwicklung steht allerdings eine Aufwärtsrevision der durchschnittlichen Stundenlöhne gegenüber. Fasst man die Revisionen inklusive der Wochenarbeitszeit zusammen, dann wurde die Lohnsumme aus der Anzahl der Beschäftigten und der Löhne pro Kopf bis Juli 2010 nach oben korrigiert. In den Folgemonaten liegt die Lohnsumme nun betragsmäßig unter dem bisherigen Stand.
Rudolf Besch - Analyst bei der DekaBank
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