Kommentar
07:01 Uhr, 06.10.2014

US-Indizes nach Arbeitsmarktdaten nicht mehr zu halten. Zu Recht?

In den USA gibt die Wirtschaft weiter Gas. Es wurden deutlich mehr Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Anleger geraten nahezu in Kaufpanik.

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Wie gut sind die Zahlen wirklich?

Die Zahlen sind auf den ersten Blick wirklich sehr überzeugend. Es wurden im September 248.000 neue Stellen außerhalb der Landwirtschaft geschaffen. Erwartet wurde lediglich ein Zuwachs von 215.000 Stellen. Die Arbeitslosigkeit fiel damit erstmalig seit Juli 2008 wieder unter 6%. Offiziell sind jetzt nur noch 5,9% der Amerikaner arbeitslos.

Die Nachfrage nach Arbeitskräften zeigt sich auch in der Dauer der Arbeitslosigkeit. Durchschnittlich sind Arbeitslose über 31 Wochen lang ohne Arbeit. Das ist deutlich unter dem Krisenhoch von knapp 41 Wochen, aber noch immer sehr viel höher als in den Vorkrisenjahren. Die Dauer der Arbeitslosigkeit ist in den vergangenen Jahren tendenziell angestiegen. Zu Beginn der Datenreihe lag die Dauer bei 12 Wochen, kurz vor der Krise dann bei 17 Wochen. Seit der Krise liegt der 2 Jahresdurchschnitt bei 36 Wochen. Das ist eine ganz andere Dimension als in den Jahrzehnten zuvor. Das ist eine schlechte Nachricht. Die gute ist sicherlich, dass sich der Wert wieder verbessert - und das relativ schnell.

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Trotz der insgesamt guten Zahlen und erfreulichen Signale ist die Performance der US Wirtschaft noch immer unterdurchschnittlich. Darüber kann auch ein Wirtschaftswachstum von 4,6% im zweiten Quartal nicht hinwegtäuschen. 2014 wurden bisher jeden Monat im Durchschnitt 226.000 Stellen geschaffen. Das ist besser als die 194.000 im Jahr 2013, die 186.000 im Jahr 2012. 2011 waren es pro Monat sogar nur 173.000 neue Stellen, 2010 lediglich 88.000 und 2009 gingen pro Monat 423.000 Stellen verloren. Der Trend stimmt also. Vom Tief 2009 gab es eine kontinuierliche Steigerung. In früheren Boomphasen lag der monatliche Stellenzuwachs allerdings durchschnittlich über 250.000. Davon sind die USA noch ein Stück entfernt, obwohl die Bevölkerung seit der letzten Boomphase noch einmal merklich gewachsen ist.

Die Zahlen sind daher nur auf den ersten Blick wirklich gut. Im Detail zeigt sich, dass die US Wirtschaft noch immer an den Folgen der Krise leidet. Von einer vollkommenen Normalisierung kann noch keine Rede sein.

Strukturelle Probleme bleiben

Die US Notenbank erklärt regelmäßig wie glücklich sie über die Fortschritt in den USA ist. Sie betont aber auch, dass es nach wie vor große strukturelle Probleme gibt. Ein großes Problem ist die Menge an Personen, die sich aus dem Arbeitsmarkt ausgeklinkt hat. Die Partizipationsrate geht seit Jahren zurück. Seit der Finanzkrise geht der Prozentsatz der arbeitenden Bevölkerung deutlich zurück.

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Die Partizipationsrate zeigt an, wie viele Menschen von der gesamten Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter auch wirklich arbeiten. Dazu zählen Menschen ungefähr zwischen 16 und 65. Wer sich in dieser Range befindet, aber studiert oder frühpensioniert ist, partizipiert nicht.

Die dritte Grafik zeigt, dass in den USA immer weniger Menschen am Arbeitsleben partizipieren. Das bereitet der Notenbank Sorge. Inzwischen gesteht sie aber auch ein, dass dieser Rückgang nicht unbedingt etwas mit der Finanzkrise zu tun haben muss. Im Gegensatz zu früheren Jahren studieren immer mehr jungen Menschen in den USA. Das reduziert die Partizipationsrate deutlich. Grundsätzlich ist es aber erfreulich, wenn mehr Menschen sich gut ausbilden lassen.

Wegen solcher Effekte ist es wirklich schwer zu sagen, welcher Teil des Rückgangs auf Elemente zurückzuführen sind, die nichts mit der Finanzkrise zu tun haben. Eines ist aber klar: die Partizipationsrate fällt seit 2008 wie ein Stein und ist so niedrig wie seit 36 Jahren nicht mehr. Hier an einen Zufall zu glauben fällt schon etwas schwer...

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Die strukturellen Element muss man im Auge behalten. Kurz- und mittelfristig sehe ich kein Problem im Rückgang der Partizipationsrate. Langfristig kann es zum Problem werden. Für gewöhnlich sind die ganzen Sozial- und Gesundheitssysteme darauf ausgelegt, dass die Partizipation tendenziell steigt und nicht fällt.

Auf Sicht von einigen Jahren muss man sich damit noch nicht befassen. Auf dieser Zeitebene sind die Signale positiv. Die USA kehren in vielerlei Hinsicht zurück zur Normalität. Sie sind noch nicht dort angekommen, aber nahe dran. Das ist positiv für Aktien. Anleger haben heute entsprechend kräftig zugegriffen. Die letzten Wochen haben aber auch immer wieder gezeigt, dass andere Daten weniger positive Signale gesendet haben. Dann wird auch schnell wieder verkauft.

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  • Investor
    Investor

    Nach den Daten des National Centers of Educational Data sind die Zahl der Studenten von 2008 = 28 Mio bis 2011 = 31 Mio gestiegen.

    Dieser Zuwachs von 3 Mio erklärt nicht, die sinkende Participationsrate. Im Gegensatz zu Deutschland darf man nicht vergessen, daß viele dieser Studenten für ihre Ausbildung Kredite um die 150 T USD aufnehmen müssen und wegen der Kosten oft auch keine Krankenversicherung haben.

    Wenn Sie die Participationsrate mit den Beschäftigtenquote, der Dauer der Arbeitslosigkeit in Beziehung und den food stamp Beziehern in Verbindung bringen, dann scheinen die Beschäftigten zwischen 9-12 Monaten entweder aufzugeben (food stamp oder Familie), oder in den Niedriglohnsektor zu wechseln.

    Dies passt recht gut zu den 26 Wochen Arbeitslosengeld in den USA. Danach gibt es keinen Grund sich weiter Arbeitslos zu melden und die Menschen fallen aus der Statistik

    http://www.businessinsider.com/heres-how-long-unemployment-benefits-now-last-in-each-state-2014-1

    08:21 Uhr, 06.10.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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