Kommentar
08:15 Uhr, 09.10.2014

Und das „Free Lunch“ gibt es doch!

In den elitären Zirkeln derer, die sich auserkoren fühlen, die globale Wirtschaft auf einen besseren Weg zu führen – ich spreche ausnahmsweise nicht von den Zentralabankern – gewinnt eine ziemlich wegweisende Diskussion an Fahrt, die ich hier nur in aller Kürze anschneiden will - um was geht es?

Larry Summers hält „Quantitative Easing“ für mittlerweile ziemlich unwirksam und trommelt schon länger für verstärkteInfrastrukturausgaben, um die Wirtschaft aus ihrer Lethargie zu reißen. Schützenhilfe erhielt der Ökonom dabei Anfang Oktober vom IWF, der seine Position spektakulär verändert hat, und plötzlich nicht länger auf die Konsolidierung der Staatsschulden pocht, sondern ganz im Gegenteil eine beschleunigte Verschuldung fordert, um damit Investitionen in die Infrastruktur zu finanzieren.

Summers hat nun am Montag diesen Doppelpass dankbar angenommen, und in der Financial Times einen Artikel lanciert, in welcher er endgültig mit dem kapitalistischen Vorurteil abrechnet, dass es kein „Free Lunch“ geben darf. Die Rechnung, die er dabei aufmacht um das Gegenteil zu beweisen ist recht simpel:

Angenommen es wird eine Investition in eine neue Autobahn getätigt, deren Bau selbst keine stimulierenden Effekte auslöst, und über die Jahre eine Rendite von 6% erwirtschaftet. Der Staat kann davon je nach Besteuerung einen gewissen Prozentsatz – sagen wir 25% abgreifen und damit 1,5% des ursprünglich investierten Betrages pro Jahr in Form von zusätzlichen Steuereinnahmen kassieren. Da die Realzinsen in den meisten entwickelten Ländern mittlerweile unter 1% liegen, würde die initiale Verschuldung zum Bau des Highways langfristig die drückende Schuldenlast der Länder wunderbarerweise sogar reduzieren.

Ich will auf dieses hypothetische Gedankenspiel nicht weiter eingehen, sondern viel mehr auf den IWF verweisen, der heute ein hochkarätiges Seminar veranstaltet hat, in welchem unter anderem Kenneth Rogoff und Paul Krugman diese Idee weiter vertiefen.

Ich habe mir die Diskussion selbst noch nicht angetan, aber ich finde es schon jetzt sehr faszinieren, wie kunstvoll der IWF - nun nachdem sich Zinssenkungen und serielle QE-Programme als zunehmend ineffektiv herausstellen - eine Agenda pusht, deren Inhalt er vor einigen Jahren noch für unsinnig hielt,

Ich persönlich halte die Idee von massiven und fremdfinanzierten Infrastrukturmaßnahmen als hochgradig riskant, denn wer kann zu 100% garantieren, dass der Multiplikator dieser Art von Investment tatsächlich positiv ist?

Im Gegensatz zu den Zentralbankmaßnahmen wie QE wird hier nämlich nicht mit Spielgeld hantiert, sondern mit ganz realen zukünftigen Steuergeldern.

So, oder so – um Deutschland mit seiner international denunzierten Sparpolitik wird es immer einsamer.

19 Kommentare

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  • Löwe30
    Löwe30

    ​@Investor

    @student

    Das Leben ist den Menschen gegeben, um zu überleben müssen sie arbeiten.

    Die Marktwirtschaft bietet den Menschen die Möglichkeit ihre Lage zu verbessern, also ein besseres Leben zu führen. Sie bietet den Menschen die Möglichkeit der Wertschöpfung. Erreicht wird dies in der Marktwirtschaft im Kapitalismus durch Arbeitsteilung, Sparen, Investieren und Handel. Wird Sparen durch künstlich niedrig gehaltene Zinsen der Zentralbanken unattraktiv, (Zinsen ergeben sich in einer freien Marktwirtschaft durch Angebot und Nachfrage nach Geld.) versiegt die Quelle für Investitionen und die Produktivitätssteigerung, die durch Investitionen erst ermöglicht wird. Die Wirtschaft dient also den Menschen.

    Eine Umverteilung, die von einer Regierung über Steuern und Abgaben vorgenommen wird, führt dazu, dass Mittel aus erfolgreichen produktiven Bereichen in nicht erfolgreiche produktive Bereiche umgeleitet werden (Stichwort "Rettungspolitik") und zusätzlich noch in den Konsum fließt. Das reduziert den Wohlstand. Die Wirtschaft kann den Menschen dann nicht mehr so dienen, wie ohne die Einflussnahme der Politik.

    Was die Verlagerung von Arbeitsplätzen in andere Länder anbelangt, sie bedeutet dies lediglich, dass die über die Arbeitsteilung eine höhere Produktivität ermöglicht wird, das ist für in einer freien, nicht durch die Politik beeinflussten Marktwirtschaft alle Beteiligten besser gestellt werden.

    Die Erkenntnis, dass schon relative, also komparative Kostenvorteile ausreichen, damit sich eine Spezialisierung lohnt, fand erst mit David Ricardo Anfang des 19. Jahrhunderts Eingang in die Wirtschaftswissenschaften.

    Das Prinzip an einem Beispiel: "Unternehmen A hat zehn Bäcker, die je 20 Brote am Tag produzieren und zehn Fischer die ebenfalls je 20 Fische am Tag angeln. Unternehmen B hat dreißig Bäcker, die jeweils nur 4 Brote am Tag produzieren und zehn Fischer, die jeweils nur 12 Fische am Tag angeln. Gesamtproduktion pro Tag: 320 Brote und Fische. Ein Fischer aus Unternehmen A ist fast doppelt so produktiv wie sein Konkurrent aus Unternehmen B, ein Bäcker von Unternehmen A ist sogar fünfmal so produktiv. Der komparative Kostenvorteil für Unternehmen A liegt also bei der Brotproduktion. Wenden sich nun beide Unternehmen nur ihrem produktivsten Zweig zu (A = Brote; B = Fische) und tauschen anschließend die Güter miteinander, so könnten beide ihre Produktion steigern. Unternehmen A hat dann zwanzig Bäcker die je 20 Brote am Tag herstellen und Unternehmen B hat vierzig Fischer, die je 12 Fische am Tag angeln. Gesamtproduktion am Tag: 400 Brote (+80) und 480 Fische (+160). Es wird deutlich, dass es sich für jeden starken Marktteilnehmer rentiert, mit schwächeren zu handeln." Quelle und mehr zum Thema hier: http://www.freitum.de/2011/11/interessenvertretung...

    Dass in den westlichen Industrienationen diese Vorteile nicht realisiert werden konnten, liegt ganz wesentlich am Einfluss der Politik im nationalen Bereich.

    Roland Baader formuliert es treffend so: "Stellen wir einmal Deutschland vor diesen Hintergrund und betrachten es 'mit kapitalistischen Augen'. Wir erkennen ein Land mit einem staatlichen (sprich: sozialistischen) Rentensystem, mit einem staatlichen Gesundheitssystem, einem staatlichen Bildungswesen, mit staatlich und gewerkschaftlich gefesselten Arbeitsmärkten, einem konfiskatorischen Steuersystem, einer Staatsquote am Sozialprodukt von 50 %, mit einem erheblich regulierten Agrarsektor und einer in ein kompliziertes Geflecht zwischen Markt und Staat eingebundenen Energiewirtschaft, mit mindestens Hunderttausend Betrieben in 'kommunalem Eigentum' (= Camouflage-Wort für Verstaatlichung) und einem staatlichen Papiergeldmonopol, ja sogar mit einem Staatsfernsehen samt Zwangsgebühren.

    Wir erkennen ein Land, in dem fast 40 % der Bevölkerung ganz oder überwiegend von Staatsleistungen lebt und in welchem das gesamte Leben der Bürger von staatlichen Regelungen überwuchert ist. Wer diesen 80%-Sozialismus als Kapitalismus bezeichnet, muß mit ideologischer Blindheit geschlagen sein. Und wer gar von Turbo- oder Raubtierkapitalismus redet, den muß der Verstand ganz verlassen haben (oder die panische Angst vor dem Machtverlust zu verbalen Veitstänzen getrieben haben).

    Wir haben es also bei dem, was hierzulande (und auch in anderen Ländern) als Kapitalismus bezeichnet wird, in Wirklichkeit mit einem staatsverkrüppelten Rumpfkapitalismus und mit einem vom Sozialismus durchseuchten Schein-Kapitalismus zu tun. Walter Eucken, der Vater des (echten) Neoliberalismus, hat schon in den 50er Jahren von einem 'staatlich versumpftem Kapitalismus' gesprochen und die permanente Gleichsetzung dieser Karikatur mit 'dem Kapitalismus' als die wirksamste Waffe der Antikapitalisten ausgemacht."

    Da lohnt sich Unternehmertum eben kaum noch. Kaum noch jemand ist bereit irgendwelche Risiken einzugehen. Die Quellen für die Mehrung des Wohlstands versiegen. Da können die Zentralbanken noch so viel Geld aus dem Nichts schöpfen. Der Fluss des Lebens erstarrt zur Eissäule.

    Vom Konsum wird man eben nicht Reich. Einem Robinson auf seiner einsamen Insel kann man Millionen Dollars schenken, er muss arbeiten um zu überleben. Dieses ganz einfache Prinzip versuchen die Zauberer bei den Zentralbanken außer Kraft zu setzen. So als ob man versuchen würde die Schwerkraft außer Kraft zu setzen, indem man aus einem Flugzeug ohne Hilfsmittel abspringt und nach den ersten 1.000 m glaubt, es sei doch noch nichts passiert. Es nützt auch nichts aus einem höher fliegenden Flugzeug zu springen. Früher oder später wird man sehr hart landen und diese Landung nicht überleben.

    09:14 Uhr, 10.10. 2014
  • student
    student

    ​wo gibt es einen free lunch?

    Im Zentrum der Wirtschaft steht der Mensch selbst. Seine Bedürfnisse sind der Antrieb, Waren herzustellen und Dienstleistungen anzubieten. Das alles muss produziert und auch nachgefragt und verbraucht werden. Für diesen Austausch von Arbeit braucht man etwas Geld. Geld, das auf die Menschen angemessen umverteilt werden muss, will man deren Konsum ankurbeln. Mehr gibt es nicht !!!

    Geld bereitzustellen, dann noch mehr Geld und noch mehr . . . wenn die Banken und die Unternehmen das Geld nicht mehr auf die breite Masse umverteilen, stockt der Kreislauf aus Arbeit und Geldumlauf. Die Menschen leben nicht vom Geld, sondern von dem, was sie letztlich produzieren.

    Stattdessen wird Geld in die Blase aus Derivaten und Krediten gepumpt, werden wertlose Papiere letztlich mit Kreditbürgschaften der Allgemeinheit aufgekauft und einigen wenigen Spekulanten und Reichen nachgeworfen. Damit will man unsere lebenswichtigen Sozialsysteme ausbluten lassen und ruinieren.

    Die Arbeit der EZB ist ein unwürdiger und respektloser Umgang mit Geld. Am Ende wird die totale Überschuldung von systemrelevanten Banken stehen. Oder doch nicht ? Für dieses Szenario hat man schon vorgesorgt: Ein Bilanzsystem nur für Banken erdacht:

    für die Bewertung von Verlustpositionen haben sie die freie Wahl: zum tatsächlichen Marktpreis, aber auch zum Kaufpreis, zum Höchst- /Tiefstpreis und alles dazwischen ist auch erlaubt. So werden aus Pleitegeiern weisse Schwäne gebastelt.

    01:14 Uhr, 10.10. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    ​Im Schuldenuniversum der Papiergeldkönige scheint langsam aber sicher eine gewisse Panik zu entstehen. Die System-Protagonisten sind sich auch nicht zu schade, sich für total durchgeknallte Ideen zu prostituieren. Einstein würde anmerken: Im Gegensatz zum Genie ist die Dummheit grenzenlos.

    20:57 Uhr, 09.10. 2014
  • Löwe30
    Löwe30

    ​Weitere Gegenargumente hier: http://www.misesde.org/?p=8664

    19:47 Uhr, 09.10. 2014
  • Löwe30
    Löwe30

    Lese gerade bei Jandaya: „IWF-Chefin Lagarde: Deutschland und die USA müssen ihre Infrastruktur-Investitionen erhöhen“

    Wie das Beispiel Sandy Springs zeigt, ist der Staat der schlechtere Unternehmer und Deutschland und die USA könne doppelt so viel Infrastruktur schaffen, würde man die Infrastruktur privaten Unternehmen überlassen. Oder es würde nur die Hälfte kosten und man könnte die Steuern senken. Dann könnten Privatleute mehr sparen und ihre Ersparnisse für Investitionen bereitstellen. So herum wird ein Schuh daraus, denn nur echtes Sparen und Investieren der Ersparnisse führt zu mehr Wohlstand für alle.

    16:47 Uhr, 09.10. 2014
  • Löwe30
    Löwe30

    Auf einen kurzen Nenner gebracht: Es gibt kein “free lunch”, dass heißt es gibt nichts umsonst, da können die denn es entstehen immer Opportunitätskosten. Die Produktion von Euros bringt eine Umverteilung zu den „Erstempfängern“ der neuen Euros, der EZB, den Europäischen Banken und deren Darlehensnehmern, zum Nachteil der „Letztempfänger“, vornehmlich EU-Bürger, die mit einem entwerteten Euro konfrontiert werden.

    Zu Larry Summers, Paul Krugman u.a. diese „...auf den Spuren des genialen Gauklers J. M. Keynes wandelnden geldpolitischen Masters of the Universe. Der Sparer ist endlich überflüssig geworden. Ersetzt wurde er durch die moderne Schuldgeldalchemie. Gold aus Dreck zaubern zu wollen – das war gestern. Heute entstehen Geld und Kredit auf Knopfdruck aus dem Nichts. Ein Besuch bei der Bank, eine zusätzliche Buchungszeile – und schon ist der gewünschte Kredit – neues Geld – verfügbar. Ganz ohne die spießige Mühsal des Sparens. Genial, nicht wahr? Was für eine schöne neue Welt!“ ( http://www.misesde.org/?p=8129 )

    Die Welt wird von den Zentralbanken nun schon lange mit Geld geflutet. Wenn dieses wertlose Zeugs Unternehmer nicht mehr haben wollen, dann ist das ein Zeichen von Verstand.

    13:03 Uhr, 09.10. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • student
    student

    ​Ein gesundes Wirtschaftswachstum ist nicht umsonst zu haben. Es muss innerhalb des Staatsgebietes bzw. innerhalb eines Steuer- und Währungsgebietes generiert werden. Eine Verschuldung im Ausland ist zu vermeiden.

    Wenn die Bevölkerung aus eigener Kraftanstrengung Infrastrukturprojekte durchzieht, so ist das der Grundstein für eine Wirtschaftsentwicklung und soll auch mit eigenem Geld vom Staat/Steuerzahler bezahlt werden. Das "verteilte Geld" wiederum kurbelt den Konsum an und setzt einen Prozeß der wirtschaftlichen Expansion und des Wirtschaftskreislaufs in Gang.

    Durch Inflation wird das Geld mit dem "Verbrauch" der hergestellten Einrichtungen entsprechend entwertet bzw. neu bewertet. Das wäre die Aufgabe einer Notenbank.

    12:09 Uhr, 09.10. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • Investor
    Investor

    ​Herr Hauser,

    Sie können die Argumentation auch noch erweitern und sagen, die FED druckt neues Geld, der Staat baut die Autobahn, zahlt die Firmen und diese ihre Beschäftigten.

    Umsatz-, Firmen- und Lohnsteuer spühlen dann gleich direkt rd 25% der Aufgaben in die Staatskassen und der erhöhte Konjunktur später weiteres Geld.

    Jetzt sind die Wirtschaftswissenschaftler beim perpetuum mobilee angekommen. So wir dies in der Physik nicht funktioniert, sehe ich auch bei den Wirtschaftswissenschaften Probleme

    - Eigentlich ist das Programm ein Konjunkturankurbelungsprogramm. Von diesen Wissen wir,

    daß wenn die USA 1$ investieren, kommen ca 0,5$ beim BIP an.

    - Das Programm trifft die Annahme, daß die durch die Investion induzierte Wirtschaftswachstum nachhaltig ist. Da die USA auch überaltern, ist diese Annahme zu hinterfragen. Bei einer überalternden Gesellschaft müssen immer weniger Beschäftigte das BIP sicherstellen. Gleichzeitig zähren Rentner ihre Ersparnisse auf.

    - Neue Technologien (Internet, video Konferenzen, 3D Druck usw) verändern die Gesellschaft. und verändern die Bedeutung von Infrastruktur. Wenn alle von zuhause arbeiten, dann werden Strassen weniger wichtig

    - Wenn sich nicht das BIP durch die Investionen ausweitet, dann wird das Geld der Sparer entwertet. Dies bedeutet, die Finanzierung wird von den Arbeitenden auf die Sparer/Rentner verlagert.

    Nur einmal einige Argumente die mir in die Schnelle eingefallen sind

    09:05 Uhr, 09.10. 2014
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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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