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16:59 Uhr, 10.04.2019

Türkei: Regierung stützt Wirtschaft weiter auf Pump

Mit einem Konjunktpaket will die Türkei die kriselnde Wirtschaft stützen. Unter anderem will die Regierung die Banken mit Staatskrediten stärken. Für den Staat heißt das, dass die Verschuldung steigt.

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Istanbul (Godmode-Trader.de) - Die türkische Regierung plant ein Konjunkturprogramm und eine Entlastung der Banken. So soll die Kapitalausstattung der Institute gefestigt werden. Der Finanzsektor wurde durch die Währungskrise des vergangenen Jahres stark gebeutelt. Unter anderem wolle man die Banken mit Staatskrediten stärken, sagte Finanzminister Berat Albayrak am Mittwoch bei der Vorstellung des Reformprogramms in Istanbul. Staatliche Banken erhielten Darlehen in Höhe von 28 Mrd. Lira (4,4 Mrd Euro) und Privatbanken könnten ihr Kapital bei Bedarf erhöhen.

Dividenden- und Bonuszahlungen würden begrenzt und einige Problemkredite würden auf Off-Balance-Fonds lokaler Banken und internationaler Investoren übertragen, so Albayrak weiter. „Dieser Veränderungs- und Reformprozess wird in den nächsten vier Jahren entscheidend fortgesetzt", sagte er. Die Entlastung der Banken ist der erste Schritt im lang erwarteten Reformpaket der Regierung, das auch Zusagen zur Ankurbelung der Exportsektoren und eine Steuerreform enthält.

Die türkische Wirtschaft befindet sich seit vergangenem Jahr in der Krise. Seit Ende 2018 steckt die Wirtschaft gar in der Rezession. Die Inflation bleibt weiter hoch und liegt zurzeit bei rund 20 Prozent. Vor allem Lebensmittel werden immer teurer. Der Internationale Währungsfonds erwartet laut seiner aktuellen Prognose, dass die Wirtschaft der Türkei in diesem Jahr um 2,5 Prozent schrumpfen wird.

Die Lira, die im vergangenen Jahr fast 30 Prozent einbrach und in den letzten Wochen fragil wirkte, schwächte sich nach den Ankündigungen ab. Analysten bemängelten, dass das staatliche Defizit durch die Reformschritte steigen werde und die Regierungsmaßnahmen insgesamt unausgegoren und übereilt wirkten.

Internationale Investoren hatten vielmehr darauf gewartet, dass die Regierung einen Bruch mit der kreditfinanzierten Wachstumsstrategie unter Präsident Tayyip Erdogan einführt. Sie hatten ehrgeizigere langfristige Verpflichtungen zur Unterstützung der Banken, zur Entlastung verschuldeter Unternehmen, zur Steigerung der Exporte und zur Befreiung der Zentralbank gefordert. „Der Markt wird sehr empfindlich auf eine Verschlechterung des Haushalts reagieren, denn das ist einer der wenigen Anker, die die Türkei noch hat", zitierte Reuters Cristian Maggio, Leiter der Emerging Markets-Strategie bei TD Securities.

Das Reformpaket umfasst auch Zusagen zur Senkung der Befreiungen und der Körperschaftssteuer. Man wolle die Körperschaftssteuer stufenweise senken und wettbewerbsfähiger machen. Hohe Einkommen sollten außerdem „gerechter" besteuert werden, sagte Albayrak.

Erste Ergebnisse der Kommunalwahlen vom 31. März zeigten, dass Erdogans AKP die Kontrolle über Ankara und Istanbul verloren hat, was die Befürchtung der Investoren aufkommen ließ, dass die Türkei weiterhin auf kurzfristige Konjunkturmaßnahmen setzt und keine grundlegenden Strukturreformen angehen wird.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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