Türkei: Ist Erdogan jetzt der wahre Notenbank-Gouverneur?
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Istanbul (Godmode-Trader.de) - Diese Woche steht ganz im Zeichen der Notenbanken. Auch die Zentralbank der Türkei wird am 12. September tagen und ihren Zinsentscheid verkünden. Laut einer Reuters-Umfrage erwarten die Analysten im Schnitt eine Senkung des Leitzinses um 250 Basispunkte auf 17,25 Prozent. Bis zum Jahresende soll der Satz auf 16 Prozent abgesenkt werden, so der Konsens. Der Lockerungszyklus soll dazu beitragen, die Wirtschaft endgültig aus der Rezession zu befreien.
Die Zentralbank hatte im Juli den Leitzins von 24 auf 19,75 Prozent runtergefahren. Es war die erste geldpolitische Änderung seit September 2018. Im vergangenen Jahr hatte eine Währungskrise den Wert der Lira um 30 Prozent einbrechen lassen und die Inflation auf ein 15-Jahres-Hoch von über 25 Prozent getrieben.
Ein Rückgang der Inflation in diesem Jahr machte den Weg für tiefere Zinsen frei. Im August war die Inflationsrate auf den niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr gefallen. Sie lag bei 15 Prozent. Vor allem aber hat die Einsetzung von Murat Uysal zum neuen Zentralbankgouverneur dafür gesorgt, dass der Lockerungszyklus eingeschlagen wurde. Der türkische Präsident Tayyip Erdogan, ein selbsternannter „Feind" hoher Zinsen, hatte Anfang Juli den ehemaligen Gouverneur der Zentralbank Murat Cetinkaya mit der Erklärung entlassen, dieser habe sich nicht an die geldpolitischen Anweisungen gehalten.
Erdogan macht nun auch im Vorfeld der September-Sitzung klar, was die Notenbank zu tun hat: „Ich habe eine Allergie gegen Zinsen", verkündete er wenige Tage vor dem Termin. „Ich bin gegen hohe Zinsen.“ Er wiederholte auch seine unorthodoxe Ansicht, dass die Inflation mit tieferen Zinssätzen sinken wird.
Die Wirtschaft des Landes kann eine weitere Zinssenkung stützen, diese droht in diesem Jahr ansonsten zu stagnieren. „Die Zentralbank hat sich mit einer aggressiven geldpolitischen Lockerung abgefunden, um Ankaras Streben nach einer kreditgetriebenen wirtschaftlichen Erholung zu erleichtern, kommentierte der Spezialist für EM-Investments, Phoenix Kalen von der Societe Generale laut Reuters. „Doch eine sehr lockere Geldpolitik würde die türkischen Vermögenswerte anfälliger für Portfolioabflüsse machen, und das in einer Zeit, in der die Nettokapitalströme in die Türkei bereits stark eingebrochen sind“, warnte der Experte.
Auch die Commerzbank kritisierte den Einfluss der Politik. Präsident Erdogan bestimme offensichtlich schon das Mikro-Timing der Zinspolitik der Zentralbank, hieß es laut Focus in einem Kommentar der Bank. Es spreche leider weiterhin alles dafür, dass die tatsächlichen Entscheidungsträger weit entfernt von einem vernünftigen geldpolitischen Konzept seien. Nicht zuletzt schüre Erdogan mit seinen Eingriffen in die Geldpolitik ein hohes Maß an Unsicherheit.
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