Türkei: Der Kampf mit Gottes Hilfe gegen die hohe Inflation
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Ankara (Godmode-Trader.de) - Konventionelles Mittel zur Bekämpfung der Inflation sind im Allgemeinen bzw. laut klassischer ökonomischer Lehre Zinserhöhungen, obwohl damit ein Wirtschaftsaufschwung gedämpft wird. Doch nicht alle Länder gehen mit dieser Art von Geldpolitik d’accord. Prominentestes Beispiel ist die Türkei. Der Präsident Recep Tayyin Erdogan ist ein erklärter Gegner hoher Zinsen, er hält das Gegenteil für das bessere Rezept gegen die Teuerung. Niedrigere Zinsen sollen die Finanzierungskosten von Unternehmen reduzieren und dadurch auch die Erzeuger- und Verbraucherpreise in Schach halten, so sein Kalkül. Doch die Effekte bleiben unsichtbar. Die niedrigen Zinsen treiben nicht nur die Teuerung, sie schwächen auch den Außenwert der Landeswährung enorm. Die inflationstreibende Wirkung der Lira-Schwäche dominiert.
Die Türkei hat die Zinsen gesenkt innerhalb kurzer Zeit deutlich gesenkt. Seit August 2021 nahmen die Währungshüter in Ankara unter der Kuratel der Regierung des Präsidenten Erdogan die Zinsen um insgesamt 5,0 Prozentpunkte auf das aktuelle Niveau von 14 Prozent zurück. In der Folge brach die Lira zu Dollar und Euro wiederholt auf Rekordtiefs ein und die Inflationsrate schoss auf zuletzt 36 Prozent nach oben. Das ist die offizielle Rate, nach Ansicht vieler Türken ist die reale Inflation um ein Vielfaches höher. Der hohe Preisdruck macht es für die Menschen im Land schwer, auch nur das Notwendigste wie Lebensmittel zu kaufen.
Nun hat die türkische Zentralbank CBRT ihre Prognose für die Inflationsrate in diesem Jahr verdoppeln müssen. Die Verbraucherpreise sollen demnach in diesem Jahr im Mittel um 23,2 Prozent steigen, wie die Währungshüter laut Reuters am Donnerstag mitteilten. Bislang waren sie von 11,8 Prozent ausgegangen. Die Zentralbank strebt eigentlich eine Teuerungsrate von fünf Prozent an. 2023 soll das Plus bei 8,2 Prozent liegen. Die Abwertung der Lira habe nichts mit den Zinssenkungen zu tun und wäre unabhängig davon eingetreten, behauptet demnach Notenbankchef Sahap Kavcioglu. Seine Notenbank werde die Inflation mit Gottes Hilfe schon in den Griff bekommen.
Die Zentralbank hantierte schon mit Maßnahmen wie Devisenbeschränkungen, der zusehends unbeliebte Präsident Erdogan aber geht noch weiter: Er will Anleger aus der Staatskasse entschädigen, wenn ihre Währungsverluste mit der Lira die Zinsen auf ihren Bankkonten übersteigen. Das könnte sich noch als überaus teuer entpuppen und einen der letzten verbliebenen Pluspunkte eines Engagements ausländischer Investoren ausradieren: die vergleichsweise niedrige Staatsverschuldung der Türkei.
Präsident Erdogan bleibt mit sich im Reinen. Denn für die hohe Inflation und die Schwäche der Währung macht er nach wie vor internationale Kräfte verantwortlich. Dabei wäre ein Sinneswandel in der Türkei ungemein wichtig. Ein entscheidendes Datum und eine Chance auf einen Kurswechsel der türkischen Finanz- und Wirtschaftspolitik ist die Parlaments- und Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr. Die Zustimmung für Erdogan und seine unorthodoxe Wirtschaftspolitik erodiert gerade. In der jüngsten Umfrage des Instituts Metropoll landete Erdogan auf der Beliebtheitsskala nur noch auf dem vierten Platz hinter drei Oppositionspolitikern und potenziellen Präsidentschaftskandidaten.
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