Kommentar
10:11 Uhr, 30.01.2012

Starkes Kaufsignal für den Euro

Weltweit sahen Anleger den Euro in diesem Jahr schon zugrunde gehen. Doch zuletzt erholte er sich wieder deutlich – nicht grundlos!

Nicht nur Temperaturen, auch Währungskurse können sich höher oder niedriger anfühlen, als sie tatsächlich sind. Oder wer hätte gedacht, dass sich der Euro nach so viel Krise und Kurskapriolen noch immer gegenüber dem US-Dollar überbewertet ist? Doch es ist tatsächlich so, wie der der seit 1986 vom britischen Wirtschaftsmagazin „Economist“ berechnete Big Mac Index jüngst wiedergezeigt hat. Denn ein Big Mac der Fastfoodkette McDonald‘s kostet in den 17 Ländern der Eurozone durchschnittlich 3,49 Euro – in seinem Herkunftsland, den USA aber nur 4,20 Dollar. Demgemäß müsste der Euro bei 1,20 notieren, wenn der Kultburger für Europäer und Amerikaner das gleiche kosten sollte. Nun ist es natürlich sehr gefährlich die Kaufkraftparität an einem einzigen Produkt wie dem Big Mac festzumachen, es gibt diesbezüglich aber natürlich auch Berechnungen die den kompletten Warenkorb einbeziehen und die fördern interessanter Weise fast genau das gleiche Ergebnis zu Tage.

Bedeutet dies nun, dass der Euro weiter auf 1,20 fallen wird? Nein, denn allenfalls sehr langfristig spielt dieser „innere Wert“ einer Währung eine Rolle bei der Kursfindung. Außerdem kann sich dieser auch ändern, wenn in einem Land oder währungsraum die Preise stärker steigen, als in einem anderen.

Allenfalls anhand der Positionierung der Anleger lässt sich eine Prognose für die Tendenz einer Währung in den kommenden Monaten anstellen. Sind Anleger massiv in einer Währung engagiert, ist das Abwärtspotenzial, sind sie massiv gegen eine Währung engagiert, ist das Aufwärtspotenzialpotenzial in dieser Devise enorm groß, weil ein Short-Squeeze droht. Denn sind Anleger in einer Währung „long“ engagiert, und setzen damit auf steigende Kurse, dann haben sie eine andere Währung dagegen verkauft, in der sie somit „short“ sind. Sind viele Anleger „short“ in einer Währung, dann fangen sie an, Verluste zu machen, wenn diese Währung plötzlich steigt. Werden die Verluste zu groß, müssen sie ihre Engagements irgendwann auflösen, um die Verluste zu begrenzen. Das bedeutet, dass sie die Währung, in der sie short sind, zurückkaufen müssen. Je mehr Short-Positionen es gibt, desto größer ist somit auch das Potenzial dieser Short-Eindeckungen. So kann sich eine Flut von Kaufaufträgen ergeben, die dann zu einem extrem Anstieg der Währung führen, die alle fallen sahen.

Betrachten wir den Euro, dann ist zu greifen, das die Anleger weltweit massiv gegen die Gemeinschaftswährung positioniert sind und auf einen weiteren Kursverfall spekulieren. Oder anders ausgedrückt: Die Short-Position ist riesig. Der in den USA von Consensus ermittelte Stimmungsindikator gibt Rekordkaufsignale.

Und auch die von Sentix in Deutschland ermittelten Zahlen zeigen eine extrem pessimistische Haltung der Investoren. Dies erklärt durchaus, warum der Euro trotz eigentlich nicht sehr positiver Nachrichten aus der Eurozone nicht mehr weiterfällt. Die Anleger sind mehrheitlich offenbar bereits positioniert und so fehlt es an neuen Verkäufern.

In Phasen solcher Polarisierung, droht dann oft die Trendwende, in dem Moment wo die Nachrichten besser werden. Und hier kann es in der Eurozone durchaus positive Überraschungen geben. Griechenland dürfte bereits abgeschrieben sein, während die anderen Peripherieländer zumindest zunächst einmal die Sparauflagen einhalten. Die von vielen erwartete Entscheidungsschlacht für die Gemeinschaftswährung dürfte insofern noch länger auf sich warten lassen. Wenn diese Tatsache nur einige ungeduldige Spekulanten ihre Short-Positionen auflösen lässt, dann könnte eine Lawine der Euro-Erholung losgetreten werden.

Mehr von und über Stefan Riße erfahren Sie unter www.rissesblog.de

Stefan Riße, ist Portfolio Manager bei der HPM Hanseatischen Portfolio Management in Hamburg. Bekannt ist er durch seine jahrelange Tätigkeit als Börsenkorrespondent für den Nachrichtensender N-TV. Sein aktuelles Buch „Die Inflation kommt“, belegte 2010 erste und zweite Plätze auf den bekannten Wirtschaftsbuch-Bestsellerlisten.

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