Kommentar
21:23 Uhr, 16.02.2010

PIGS hilft nur noch Inflation

Bereits in zweiter Auflage zusätzlich mit einem Nachwort von Françoise Kostolany, der Witwe des 1999 verstorbenen legendären Börsenexperten André Kostolany ist nun das Buch von Stefan Riße erschienen.

Der Titel: „Die Inflation kommt!“

Stefan Riße, Chefstratege von CMC Markets macht darin deutlich, warum eine Inflation eine unausweichliche Folge der aktuellen Wirtschaftspolitik ist. Auch auf die Probleme Griechenlands und anderer EU-Staaten macht er bereits aufmerksam.

Herr Riße, kann Griechenland zum Stolperstein für den Euro werden?

Stefan Risse: Griechenland alleine sicher nicht. In Bezug auf die Euroschwäche wird die ganze Thematik völlig überinterpretiert. Erstens weil Griechenland alleine nur drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes der Eurozone ausmacht und zweitens weil die USA insgesamt kaum besser da steht als Griechenland, weder in Bezug auf Neuverschuldung, Gesamtverschuldung und Leistungsbilanzdefizit. Die Kursverluste des Euro gegenüber dem Schweizer Franken kann ich insofern nachvollziehen, nicht aber gegenüber dem mit eigenen Problemen beladenen US-Dollar.

Wie aber ist die Situation zu beurteilen, wenn Spanien, Portugal und Italien ebenfalls in Zahlungsschwierigkeit geraten?

Zum US-Dollar auch nicht anders, da die Eurozone insgesamt inklusive dieser mittlerweile als PIGS bezeichneten Problemländer Portugal, Italien, Griechenland und Spanien immer noch solider da steht als die USA mit zehn Prozent Neuverschuldung in diesem Jahr. Wie ich in meinem Buch auch ausführlich erkläre, ist das Problem der „PIGS“ im Grunde ein ganz anderes, nämlich die mangelnde und abnehmende Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den anderen Staaten der Eurozone insbesondere gegenüber Deutschland. Seit der Gründung der Eurozone waren die Inflationsraten in den mediterranen Ländern bedingt durch deren Verschuldungsboom höher als hierzulande. Griechenland hat so in den vergangen zehn Jahren 30 Prozent an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Deutschland eingebüßt. Das schwächt den Export und erhöht den Import und schafft somit enorme Handelsbilanzdefizite. In der Zeit vor dem Euro war die Situation nicht anders, doch da konnten diese Länder durch eine Abwertung Ihrer Währung im europäischen Währungssystem (EWS) die Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen. Das geht nun nicht mehr und das wird den Euro noch auf eine harte Probe stellen.

Inwiefern?

Wollen die genannten Staaten nicht immer stärker von den starken Ländern wie Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten abhängig werden, müssen Sie ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder verbessern. Das geht entweder, indem sie aus dem Euro ausscheiden, was ich nicht für ausgeschlossen halte, oder indem die Preise sich dort zurückbilden und im Verhältnis zu Deutschland wieder günstiger werden. Das würde bedeuten, dass diese Länder durch eine längere Phase der Deflation laufen müssten. Da das politisch aber in einer Demokratie nicht durchsetzbar ist, weil Deflation automatisch zu Rezession und Massenarbeitslosigkeit führt, bleibt nur eine deutliche Inflation in der Eurozone, in der die Inflationsraten überall hoch sind, in den Problemländern aber leicht unter den der ehemaligen Hartwährungsländer liegen. Das wäre machbar. Und der angenehme Nebeneffekt wäre, dass die Schulden auf diesem Weg weginflationiert würden.

Also erwarten sie vor allem in Euroland die Inflation?

Nein ganz genauso oder sogar noch stärker in England und in den USA und damit im Grunde weltweit, weil sich dieser Inflation kein Währung ganz wird entziehen können. Es ist die einzig gangbare Lösung für das Verschuldungsproblem.

Aber wie soll denn eine Inflation entstehen. Überall in der Industrie gibt es Überkapazitäten?

Ganz sicher wird es keine Inflation geben, weil die Industrie die Nachfrage nicht mehr befriedigen kann. Der enorme technische Fortschritt und die dadurch ausgelösten Produktivitätssteigerungen sowie die Einbindung der Schwellenländer wie eben China in die globale Industrieproduktion hatten und haben noch immer extrem deflationäre Wirkung. Das war der Grund, warum in den vergangen 25 Jahren Geldmenge und Verschuldung in den alten Industrieländern rund zweieinhalb Mal so schnell wachsen konnte, wie die Wirtschaft, ohne dass es zu nennenswerter Verbraucherpreisinflation kam. Die Inflation fand stattdessen an den Finanzmärkten statt. Aber diese Effekte werden in nicht allzu weiter Ferne auslaufen, oder sich sogar umdrehen, weil die Löhne in China und anderen Emerging Markets zu steigen beginnen. Die Bürger dort wollen nicht nur hart arbeiten um Produkte für Amerikaner und Europäer zu produzieren, sondern selbst den Nutzen haben. Und es ist auch im Interesse dieser Länder ihre Binnenkonjunktur zu stärken, um die Abhängigkeit vom Ausland zu reduzieren. Diese ist im Fall von China sehr gefährlich, denn irgendwann wird man sich in Peking wahrscheinlich nicht mehr gegen eine Aufwertung des Yuan gegenüber Euro und US-Dollar sperren können. Die bisher sinkenden Importpreise für Waren aus China könnten so auf einen Schlag teurer werden. Ein anderer Faktor sind die Rohstoffe. Hier sind die Kapazitäten nicht unbegrenzt, wie sich im Boomjahr 2007 zeigte und sich in Ansätzen bereits wieder zeigt. Und die Rohstoffpreise haben Einfluss auf viele Waren des täglichen Lebens. Die Inflation kann insofern viel schneller zurückkehren, als manche heute denken.

Aber können die Notenbanken dann nicht einfach die Zinsen erhöhen und diese im Ansatz bekämpfen?

Das ist der große Trugschluss, weil genau das nicht gehen wird. Durch den massiven Verschuldungsanstieg, der jeden Tag größer wird, sind viele Volkswirtschaften mittlerweile abhängig von den teilweise fast bei Null liegenden Leitzinsen, wie ein drogenabhängiger von der Nadel. Sobald diese deutlich auf - sagen wir vier bis fünf Prozent - erhöht würden, käme es zu einem erneuten Zusammenbruch der Wirtschaft und vieler Banken. Eine Pleitewelle unfassbaren Ausmaßes wäre die Folge. Auch das ist natürlich ein Weg der Entschuldung, aber einer, der wie in den 30er Jahren erhebliche soziale Unruhen hervorrufen würde und den die Politik unbedingt vermeiden will und muss. Keine Regierung, die eine solche Politik des gesund sparen durchziehen würden, hätte Chancen wiedergewählt zu werden. Also bleibt nur der Weg, die Schulden weg zu inflationieren. Dies wird von selbst passieren, wenn die Inflation nicht bekämpft wird, weil dann steigende Löhne folgen, die die Preise weiter antreiben, gefolgt von einer weiter preistreibenden Flucht in Sachwerte.

Wie kann sich der Anleger Schützen?

Er muss unbedingt jetzt schon auf Sachwerte setzen, die in der Inflation auch im Preis steigen. Die ewige Währung Gold zum Beispiel, in das man in verschiedensten Formen wie auch CFDs anlegen kann. Immobilien sind bei der richtigen Auswahl ebenfalls eine Möglichkeit. Und auch Aktien bieten Inflationsschutz, denn auch Sie gehören, weil sie dem Besitzer einen Anteil am Besitz der jeweiligen Aktiengesellschaft verbriefen, zur Gruppe der Sachwerte. Je substanzstärker sie sind, desto besser. Wer, wie der typische deutsche Sparer, eine liquide Anlage ohne Kursrisiko sucht, dem bieten zukünftig nur noch inflationsgeschützte Anleihen eine Möglichkeit, seine Ersparnisse einigermaßen unbeschadet durch die Inflation zu bringen.

Doch den besten Schutz liefern sie nicht, denn sie sind mit dem Zins an die offizielle Inflationsrate gebunden. Diese aber gibt schon längst nicht mehr die tatsächliche Steigerung der Verbraucherpreise wieder. Und je stärker sie steigt, desto mehr werden die politisch Verantwortlichen dazu geneigt sein, sie nach unten zu manipulieren. Ein Staat, der illegal erworbene Daten von Steuersündern kauft, wird auch vor einer Manipulation der Statistiken nicht zurückschrecken, wenn es aus seiner Sicht der Allgemeinheit dient.

Stefan Rißes Buch „Die Inflation kommt“ ist im Finanzbuchverlag, München erschienen (19,90 Euro)

Detailinformationen und Kaufmöglichkeit:

http://d3c11ad3.shops.finanzbuchverlag.de/shop/article/2296-die-inflation-kommt/

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