Kommentar
14:46 Uhr, 11.07.2014

Paradigmenwechsel in der konkreten Umsetzung der Zinspolitik?

Die Fed hat ein Problem. In einem Umfeld welches in überschüssiger Liquidität ertrinkt, stellt es nämlich eine nicht unerhebliche Herausforderung dar, die kurzfristigen Zinsen wieder anzuheben.

Vielleicht entgegen der allgemeinen Meinung setzt die Fed den Leitzins nicht auf ein bestimmtes Niveau fest, welches dann ohne Widerstand akzeptiert wird, sondern versucht es, durch An- und Verkäufe von Wertpapieren, (wodurch die Reserven im System verringert bzw. erhöht werden) in die gewünschte Richtung zu manipulieren.

Das funktionierte bis 2008 wunderbar, hat aber in einem Umfeld, in welchem die Banken Billionen an Überschussreserven halten keine Chance mehr. Was tun?

Der Boden unter die kurzfristigen Zinsen wird momentan mit Hilfe des Satzes für Überschussreserven (Interest On Excess Reserves, IOER), welcher bei 0,25 % liegt, eingezogen .

Dieser Boden ist aber durchlässig. Weil nur Banken in der Lage sind IOER zu beziehen, notieren viele andere Zinssätze, inklusive der Federal Funds Rate (dem Leitzins) unter diesem Niveau.

Um nun wieder die volle Kontrolle über die kurzfristigen Zinsen zu erlangen, hat die Fed das Reverse Repo Program (RRP) entwickelt, über welches im großen Stil für einen beliebigen Zinssatz Wertpapiere in den Markt gegeben (Entzug von Liquidität) werden können.

Der Vorteil des RRP ist, dass als Gegenpartei nicht nur Banken in Betracht kommen, sondern auch Primary Dealers, Money Market Funds, und GSEs (z.B. Fannie & Freddie), wodurch eine breitere Anzahl an Zinssätzen kontrolliert werden kann.

Wie aus den FOMC Minutes (das ist sozusagen die Dokumentation der Sitzungen) nun hervorgeht, wurde dieses Werkzeug auch ausgiebig diskutiert:

„Most participants agreed that adjustments in the rate of interest on excess reserves (IOER) should play a central role during the normalization process. It was generally agreed that an ON RRP facility with an interest rate set below the IOER rate could play a useful supporting role by helping to firm the floor under money market interest rates.

Die Notenbankmitglieder sprachen sich für einen relativ großen Spread von 20 Basispunkten zwischen dem RRP und IOER aus. Wenn also IOER bei 0,25 % liegt, dann sollten RRPs (wie aktuell auch) mit 0,05 % verzinst sein. Dadurch würde ein Doppelboden etabliert, um die „Leitzinsen“ zu kontrollieren:

„The appropriate size of the spread between the IOER and ON RRP rates was discussed, with many participants judging that a relatively wide spread--perhaps near or above the current level of 20 basis points--would support trading in the federal funds market and provide adequate control over market interest rates.“

Interessanterweise wurden dann auch einige „Unintended Consequences“ des RRP angesprochen:

„Most participants expressed concerns that in times of financial stress, the facility's counterparties could shift investments toward the facility and away from financial and nonfinancial corporations, possibly causing disruptions in funding that could magnify the stress. In addition, a number of participants noted that a relatively large ON RRP facility had the potential to expand the Federal Reserve's role in financial intermediation and reshape the financial industry in ways that were difficult to anticipate.

Was hat das zu bedeuten? Über die RRPs würde die Fed zur potentiellen Universalbank aufsteigen, und nicht nur das Geschäft der traditionellen Institute beschädigen (wieso Geld bei unsicheren Banken einlegen, wenn ich Zugang zur Federal Reserve habe), sondern sich auch zu einem maßgeblichen Player in der Schattenbankenwelt wandeln.

Wenn man etwas verschwörungstheoretisch veranlagt ist, könnte man die Frage stellen, ob es sich hier wirklich nur obskure Nebeneffekte handelt, oder der Griff zur Alleinherrschaft im Bankenuniversum mehr oder weniger gezielt "in Kauf genommen wird" .

Wie dem auch sei..es wird ein Paradigmenwechsel in der praktischen Umsetzung der Zinspolitik vorbereitet, der möglicherweise keine geringen Auswirkungen auf die gegenwärtige Funktionsweise des Finanzsystem haben wird.

1 Kommentar

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  • Löwe30
    Löwe30

    Die "Gottspieler" (Roland Baader) sind mal wieder am Werk.

    Was die Zentralplaner der FED betreiben, ist nichts anderes als was Politiker tun, wenn ihre Interventionen in den Markt nicht das gewünschte Ergebnis bringen, sie erfinden neue Interventionen.

    „Systembedingt kommt es hier zwangsläufig zu Geldentwertung, Preisinflation und zyklischen Wirtschaftskrisen. Geld kann nicht mehr neutral sein, sondern manipuliert Preise. Denn eine Behörde verfügt niemals über das erforderliche Wissen, um Nachfrage und Angebot von Geld in Deckung zu bringen. Das herrschende Geldsystem ist keine Marktwirtschaft, sondern 'Geldsozialismus' (Roland Baader), eine monetäre Zentralplanwirtschaft mit staatlichem Geld, privilegierten Geschäftsbanken, politisch beeinflussbaren Zentralbanken, geleitet durch Experten oder Technokraten" (MICHAEL VON PROLLIUS in einem Li-Paper unter dem Titel „Die Euro-Misere – eine ordnungspolitische Krisenzwischenbilanz“)

    Es gibt doch nun schon wirklich genug gescheiterte Versuche durch Planwirtschaft die Situation der Menschen zu verbessern. Sollte man da nicht inzwischen gelernt haben, das Planwirtschaft immer in eine Katastrophe führt?

    11:57 Uhr, 11.07.2014

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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