Kommentar
08:00 Uhr, 10.07.2021

Öl: Langfristig winken neue Allzeithochs

Öl ist ein Auslaufmodell und scheint im Überfluss vorhanden zu sein. Das ist ein Irrtum.

Erwähnte Instrumente

  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 74,67000 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 74,67000 $/bbl. (FXCM)

Die USA sind wieder Teil des Pariser Klimaabkommens und die EU wird auch immer ambitionierter, wenn es um die Reduktion von Treibhausgasen geht. Das ist auch notwendig, wenn der Temperaturanstieg auf 1,5° bis 2° begrenzt werden soll. Aktuell reichen die Zusagen und Pläne nicht, um dieses Ziel zu erreichen. Bis 2050 muss die Nettonull erreicht werden. Das heißt nicht, dass keine Treibhausgase mehr emittiert werden. Das, was emittiert wird, muss nur eben auch wieder aus der Atmosphäre entfernt werden. Selbst die ambitioniertesten Länder gehen nicht davon aus, dass es ohne fossile Brennstoffe bis 2050 geht. Unter einem Szenario, bei dem 2050 netto keine Emissionen mehr in die Atmosphäre gelangen, werden immer noch 10 % des Energiebedarfs durch Öl gedeckt. Das entspricht einem täglichen Verbrauch von ca. 24 Mio. Barrel. Kohle und Erdgas machen weitere 25 % aus. Über ein Drittel des Energiebedarfs kommt also noch aus fossilen Brennstoffen.


Bedenkt man, wie lange es dauert, um eine Energieinfrastruktur aufzubauen, ist es nach aktuellem Stand durchaus wahrscheinlich, dass der Ölbedarf 2050 höher sein wird als 24 Mio. Barrel pro Tag. Daher fürchten sich einige Ölunternehmen auch nicht vor der Energiewende. Öl hat eine Zukunft, ob man es will oder nicht. Die Frage ist nur, wie attraktiv diese Zukunft ist.

Sie könnte weitaus attraktiver sein als angenommen. Nach den Zahlen von BP liegen die aktuellen weltweiten Ölreserven bei 1,7 Billionen Barrel. Derzeit werden jeden Tag (Niveau vor Pandemiebeginn) 98 Mio. Barrel Öl benötigt. Die Reserven halten demnach fast 50 Jahre lang. Geht der Ölverbrauch bis 2050 auf 24 Mio. Barrel je Tag zurück, reichen die Reserven fast bis in alle Ewigkeit.

Selbst wenn keine neuen Ölvorkommen mehr gefunden werden, verlängert sich die Reichweite der Reserven wegen des niedrigeren Verbrauchs von 50 Jahren auf über 100 Jahre bis 2050 (Grafik 2). Wird weiterhin so konsumiert wie bisher, sinkt die Reichweise auf 20 Jahre bis 2050.


Auf den ersten Blick scheint es überhaupt keine Knappheit an Öl zu geben und der Verbrauch wird sinken. Das wirkt nicht wie eine attraktive Zukunft. Der Schein trügt jedoch. Die Reserven von 1,7 Billionen Barrel umfassen alle bekannten und wahrscheinlichen Reserven. Das bedeutet nicht, dass diese auch gefördert werden können.

Es ist z.B. unwahrscheinlich, dass Kanada das ganze Potential seiner Ölsande ausschöpfen wird. Ölgewinnung aus Ölsanden ist sehr teuer und die Umweltverträglichkeit zweifelhaft. Allein dadurch dürften 100 Mrd. Barrel der Reserven nicht gefördert werden.

Fast 300 Mrd. Barrel entfallen auf das ultraschwere Öl im Orinoco Gebiet (Venezuela). Die geringe Qualität und hohen Kosten der Verarbeitung machen auch hier eine Förderung eines Großteils der Reserven unwahrscheinlich.

Die Liste lässt sich beliebig fortführen. Am Ende bleiben 300 bis 500 Mrd. Barrel an Reserven übrig. Plötzlich reichen die Reserven nicht mehr 50 Jahre, sondern nur noch ein Bruchteil davon. Seit dem ersten Ölpreiscrash 2014 wird davor gewarnt, dass niedrige Preise zu geringen Investitionen führen und viele Jahre später Öl dann plötzlich knapp wird. Genau das ist zu beobachten.

Förderbare Ölreserven sind knapper, als es der erste Eindruck vermuten lässt. Die aktuelle Überversorgung verdeckt die Probleme, die in einigen Jahren auftauchen werden, zumal die Energiewende Investitionen in Ölprojekte nicht schmackhafter macht. Bevor Öl obsolet wird, sehen wir vermutlich neue Allzeithochs. Man muss dafür allerdings einen langen Atem haben. Kurzfristig gibt es zu hohe Förderkapazitäten. Langfristig (10 Jahre) droht eine Unterversorgung.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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