Negative Ölpreise: War es Manipulation?
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Erwähnte Instrumente
- Brent Crude ÖlKursstand: 43,19100 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
- WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 41,12000 $/bbl. (FXCM)
- Brent Crude Öl - WKN: 967740 - ISIN: XC0009677409 - Kurs: 43,19100 $/bbl. (FXCM)
Es war ein Schock für viele Trader und eine Überraschung für die Öffentlichkeit: Am 20. April 2020, mitten in der Corona-Krise, brach der Ölpreis der US-Leichtölsorte WTI erstmals in der Geschichte in den negativen Bereich ein.
Wegen der Corona-Shutdowns wurde damals viel weniger Öl verbraucht als gefördert wurde und auch die Lagerkapazitäten in den USA waren bis obenhin voll mit Öl. In dieser Situation einer dramatischen Überversorgung mit Öl waren fallende Preise nicht ungewöhnlich. Dass die Preise aber in den negativen Bereich abrutschen konnten, überraschte auch viele Marktprofis.
Der Preissturz betraf nur April-Kontrakt, der am Folgetag, dem 21. April, seinen letzten Handelstag hatte. In der Spitze brach der WTI-April-Kontrakt auf minus 40,32 Dollar je Barrel ein und beendete den Handel bei minus 37,63 Dollar. Allein in den letzten beiden Minuten des Handels stürzte der Ölpreis dabei um rund 25 Dollar je Barrel ab.
Wegen der bevorstehenden Fälligkeit hatten viele Trader offenbar Angst, dass sie das Öl notfalls in physischer Form hätten abnehmen müssen, falls sie den Kontrakt nicht vor Fälligkeit verkauften. Auch das führte offenbar zu übermäßigem Verkaufsdruck am Abend des vorletzten Handelstages des Kontrakts.
Doch diese Faktoren, die einen fallenden Ölpreis am Abend des 20. April 2020 sicher begünstigten, waren offenbar nicht allein verantwortlich für den Preisrutsch, der viele Trader auf dem falschen Fuß erwischte: Einer Sammelklage zufolge soll die in Sussex in England registrierte Handelsfirma Vega Capital London den Preis zusammen mit anderen Marktteilnehmern absichtlich nach unten manipuliert haben, wodurch ein Gewinn von bis zu 500 Millionen Dollar an einem einzigen Tag verbucht wurde. Dies berichtet das in der Regel gut informierte Branchenmagazin "Institutional Investor".
Laut Klage soll Vega Capital London im Vorfeld den Kauf einer größeren Menge von Öl-Kontrakten zum Schlusskurs vom 20. April fest vereinbart haben. Deshalb hatte die Firma ein Interesse an einem möglichst geringen Schlusskurs. Durch ungewöhnlich riesige Verkaufsaufträge in den letzten Minuten des Handelstages soll Vega Capital dann versucht haben, den Preis künstlich nach unten zu manipulieren. Eine solche Praxis, die verboten ist, wird auch als "Banging the Close" bezeichnet.
Vega Capital kam dabei zu Gute, dass das Handelsvolumen am vorletzten Handelstag in dem Kontrakt bereits gering war und viele andere Marktteilnehmer keine Ahnung davon hatten, dass die WTI-Futurepreise überhaupt in den negativen Bereich rutschen können. Auf vielen Handelsplattformen, so etwa auf der des Brokers Interactive Brokers, war ein Handel zu negativen Preisen zudem auch überhaupt nicht möglich. Trader konnten zu negativen Preisen nicht kaufen und auch nicht ihre Short-Positionen glattstellen, was den Kurssturz zusätzlich begünstigt haben dürfte.
Einige Trader erwischte der Preissturz schwer. Ein 31-jähriger Trader in Kanada mit mehreren 100.000 Dollar auf dem Konto etwa verlor laut "Institutional Investor" nicht nur sein gesamtes Tradingkapital, sondern bekam in der Nacht auch noch einen Anruf (Margin-Call) von Interactive Brokers und sollte 9,9 Millionen Dollar nachschießen. Geld, das der Trader überhaupt nicht besaß und wohl auch niemals besitzen würde. Inzwischen konnte der Trader sich allerdings, wie viele anderen Trader auch, mit Interactive Brokers im Rahmen eines Vergleichs einigen. Allerdings werden durch die Einigung nicht sämtliche Verluste ausgeglichen, die der Trader am 20. April erlitten hat. Zudem musste der Trader sämtliche möglichen Ansprüche gegen Dritte an Interactive Brokers abtreten. Die Brokerfirma behält sich offenbar mögliche Schritte gegen die Börsen und andere Marktteilnehmer vor.
Neben Vega Capital London könnten auch noch andere Unternehmen gut am Preissturz am 20. April verdient haben. Laut "Institutional Investor" etwa soll die Investmentbank Goldman Sachs in den ersten fünf Monaten des Jahres rund 1,4 Milliarden Dollar mit dem Rohstoffhandel verdient haben. Ein Großteil davon sei auf den Handel mit Oil-Futures zurückzuführen, schreibt "Institutional Investor" unter Berufung auf einen Insider.
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