Mentaltraining: DAX 10.000!
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Haben Sie diese Kolumne jetzt angeklickt, weil Sie gerne wissen möchten wohin der Dax geht? Dann muss ich Sie enttäuschen. Ich kann es ihnen nicht sagen. Fragen Sie sich dennoch einmal welche Gedanken Ihnen bei der Überschrift gerade durch den Kopf gegangen sind. Vielleicht freuten Sie sich schon auf die möglichen Gewinne, weil Sie schon im Dax investiert sind. Oder Sie haben überlegt, dass Sie dann jetzt ja auch einsteigen können, weil der Gewinn Ihnen ja sicher ist. Ich bin überzeugt irgendetwas hat die Zahl 10.000 in Ihnen ausgelöst!
Auf Trader-Veranstaltungen beobachte ich immer wieder, dass die Referenten nach ihrem Vortrag noch stundenlang von Besuchern belagert werden, um die Experten zu fragen „Wo steht denn die Deutsche Bank Aktie Ende des Jahres?“, „Steigt der Dax wieder auf 8000?“, „Sollte man jetzt in Aktien einsteigen?“. Was zeigt das? Wenn ihnen die Antworten darauf wirklich wichtig sind, dann sind Sie noch kein professioneller Trader.
Das antwortet ein Profi.
Wenn Sie einen erfahrenen Trader fragen wo der Dax oder irgendeine Aktie zum Ende des Jahres steht, dann wird er ihnen vermutlich antworten „Ich weiss ja nicht einmal wo sie morgen alle stehen, und das ist mir auch egal!“
Was unterscheidet also den Profi vom Amateur? Der Amateur braucht einen Profi dem er glauben kann, weil er sich selbst nicht glaubt. Doch vorsicht: Es gibt sehr viele „Experten“ mit unterschiedlichen Empfehlungen.
Der Profi muss es ja wissen! Genau das ist die Falle, die sich auftun kann. Mal ehrlich. Gebe es einen, der sicher wüsste wo eine Aktie bald steht, bräuchte er den Job wohl nicht zu machen. Und wäre all das so einfach könnte man auf Stopps gänzlich verzichten.
Warum wir den anderen trauen.
Wer sich selbst nicht traut sucht jemanden dem er vertrauen kann. Vertrauen beginnt meist schon bei Kleinigkeiten. Ein Arzt, der einen weißen Kittel trägt ist für viele immer noch vertrauensvoller und erfahrener als ein Arzt, der in Rollkragenpulli praktiziert. Wissenschaftlich nachgewiesen wurde, dass rote Pillen besser beim Patienten wirken als weiße. In unserer westlichen Welt haben wir gelernt, dass die Farbe Rot eine höhere Priorität hat.
Das Anzugdenken steht dem erfolgreichen Trading im Weg.
Gestern traf ich mich mit einem Traderkollegen zum gemeinsamen Mittag. Wir sprachen über Veranstaltungen und Seminare. Er meinte: „Wenn ich als Referent bei Trader-Veranstaltungen keinen Anzug trage, nehmen die Teilnehmer mich nicht so ernst.“ Ich denke, da ist etwas dran. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen wie oft in der Presse darauf hingewiesen wird, dass Apple-Chef Steve Jobs immer mit schwarzem Rollkragenpulli und Turnschuhen bei Firmenpräsentationen auftritt? Viele fanden anfangs das sei seiner Position nicht angemessen. Heute ist es einfach cool, so wie seine Produkte! Er „darf“ das. Wir handeln und bewerten nach dem was wir gelernt haben. Wir sind geprägt durch Erfahrungen aus unserem Leben und folgen den unbewussten Mustern. Und genau dieses Musterdenken steht uns beim erfolgreichen Trading sehr oft im Weg.
Was hat das mit Trading zu tun? Sehr viel! Es zeigt, wie sehr wir uns ständig von Äußerlichkeiten beeinflussen lassen. Und Äußerlichkeiten sind hier wörtlich zu nehmen. Wir lassen uns von dem Außen beeinflussen und bringen uns weg von unserem Weg. Verpackung vor Inhalt statt Inhalt vor Verpackung. Auf den Handel übertragen bedeutet das: Wenn Sie von einem „Experten“ wissen möchten wo Dax & Co bald stehen werden um sich sicher zu sein, dass Sie mit ihrer Investition richtig liegen, dann haben Sie hier schon den ersten Fehler gemacht! Sie würden dann nämlich nicht ihre Analyse traden, sondern die Analysen des Anderen. Vorteil ist natürlich, sollte der Trade nichts werden und Sie verlieren Geld können Sie einem anderen die Schuld dafür in die Schuhe schieben. Wenn Ihnen das wichtig ist - nur weiter so!
Eine Idee ist noch kein System.
Natürlich geht es um etwas viel Wichtigeres: es zeigt, dass Sie vermutlich gar kein System haben. Sie haben eine Idee, wissen aber nicht wie Sie sie umsetzen sollen. Ihre Idee könnte sein „Ich lese gerade viel über die VW Aktien. Die sind ja gerade so stark gestiegen. Und ich habe schon bei 70 € gedacht das ich die kaufen sollte. Nun sind die schon bei 116 € und ich bin immer noch nicht dabei. Vielleicht sollte ich mal den Experten fragen, wo die Aktie noch hinläuft. Vielleicht bekomme ich ja doch noch ein Stück vom Kuchen ab und kann meine „entgangenen Gewinne“ zurück holen“.
Entgangene Gewinne sind schmerzhaft. Und wenn man erst einmal eine Meinung über eine Aktie hat, dann will man die auch bestätigt sehen. Unbewusst suchen wir Menschen nach Informationen, die unsere eigene Meinung widerspiegeln. Verkündet nun ein Finanzexperte „Ja, VW-Aktien steigen noch locker bis 200 €!“, dann ist die Entscheidung zum Kauf praktisch schon gefallen. Doch was machen Sie, wenn Sie bei 116,50 € kaufen und die Aktie dann auf 90 € fällt? Die meisten Amateure warten bis endlich die „versprochenen“ 200 € des „Experten“ auf dem Kurszettel stehen. Fällt die Aktie auf 60 € möchte der Anleger sich nicht die Blöße geben, dass er einen Fehler gemacht hat und bewertet die Situation neu „Ich wollte die Aktie sowieso als Langzeitinvestment haben“. Der Profi ist vermutlich beim alten Durchbruch von 116 € eingestiegen und z.B. bei 113 € wieder ausgestiegen. Denn das gab sein Handelssystem so vor: Bei 1% Verlust ist Schluss! Und ein Aktienkurs von 113 € entsprach bei ihm 1%.
Wenn Sie so wie oben beschrieben handeln, dann handeln Sie was Sie denken und nicht was der Kurs Ihnen mitteilt. Kaufen Sie die VW-Aktien z.B. bei 116,50 € sagt der Kurs Ihnen schon bei 116,49 € das der Kurs nicht in Ihre Richtung läuft. Da können Sie noch so viele Finanzexperten nach Ihrer Meinung gefragt oder sonstige Informationen zusammen getragen haben, die etwas anderes versprachen. Tatsache ist: Der Kurs tut nicht, was Sie sich erhofft hatten. Was nun? Der Markt stellt Ihnen gerade eine Frage - und es ist IHRE Aufgabe die Antwort zu geben. Haben Sie eine ? Die meisten Amateure haben keine! Sie verlassen sich lieber auf die Meinung des Finanzexperten. Denn der muss es ja wissen. Stimmt: SIE wissen nämlich nichts! Aber es ist ihr Geld und nicht das des „Experten“. Der gibt Ihnen die entstandenen Verluste bestimmt nicht zurück.
Wenn Sie im Trading erfolgreich werden wollen lernen Sie am Besten mit Informationen wie „DAX 10.000!“ richtig umzugehen. Und richtig bedeutet hier, dass Sie IHRE Analyse machen. Wichtig ist, dass Sie IHR Ergebnis in IHR Handelsystem einweben und nicht irgendwelchen „Experten“ blind folgen! Denn blind traden war noch nie erfolgreich!
Norman Welz
Mentalttrainer / Tradercoach
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