Kann die Anleihen-Rally in den Schwellenländern weiter anhalten?
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New York (GodmodeTrader.de) - Die Schwellenländer-Anleihemärkte erlebten im September eine Korrektur – seit Anfang 2016 ein eher seltenes Vorkommnis. Bietet sich Anlegern damit eine Kaufgelegenheit oder ist dies der Beginn weiteren Ungemachs? Um dies zu beantworten, hat Denise Simon, Portfoliomanagerin für Schwellenländeranleihen bei Lazard Asset Management, die drei größten Risiken der Anlageklasse unter die Lupe genommen und analysiert, ob die Rally in den nächsten Quartalen noch eine Chance hat.
Ob sich die positivere Wachstumsdynamik des Jahres 2017 auch 2018 und 2019 fortsetzen kann, ist für uns das größte Einzelrisiko in den Schwellenländern. Und, vielleicht etwas überraschend, auch der Punkt, den wir am optimistischsten einschätzen. Die fundamentalen Risiken, die die Schwellenländer direkt beeinträchtigen, beunruhigen uns eher wenig. Hingegen sind es die aus der entwickelten Welt importierten Risiken, die uns Sorgen bereiten, wie Simon in ihrer Analyse schreibt.
Anders als vor zehn Jahren, als nur wenige solide Frühindikatoren für die Wirtschaft existierten, könnten Signale wie die EMI-Diffusionsindizes die kurzfristigen Wachstumsaussichten relativ verlässlich vorhersagen. Sie seien allerdings tendenziell volatil, weshalb Analysten sich auf Quartalstrends und deren Veränderung im Zeitverlauf konzentrierten. Der Einkaufsmanagerindex für das produzierende Gewerbe habe die Talsohle im September 2015 erreicht, etwa fünf Monate bevor die Kapitalmärkte und sechs Monate bevor die Wachstumsindikatoren auf dem Tiefstand angekommen seien. Nach dem deutlichen Anstieg des Index auf ein Fünfjahreshoch wirkten die Aussichten für 2018 jetzt günstig, heißt es weiter.
„Die Wachstumsindikatoren für die Schwellenländer liegen auf einem Fünfjahreshoch, und zwar (nicht zufällig) exakt zu dem Zeitpunkt, an dem die Frühindikatoren für große Industriestaaten und China Kurs auf neue Rekordhochs nehmen. Insofern sind wir relativ zuversichtlich, dass sich das Wachstum in den nächsten 6 bis 12 Monaten fortsetzt, wovon Risikopapiere in den Schwellenländern und den Industriestaaten profitieren sollten“, so Simon.
Normalerweise gehe ein Wachstumsanstieg in den Schwellenländern wegen geringerer Produktionslücken und höherem Lohnkostendruck mit steigender Inflation einher. Aktuell aber sinke die Inflation trotz Wachstum in den Schwellenländern, ein bislang einzigartiges Phänomen. Von den Ländern im Index für Lokalwährungsanleihen hätten mehr als die Hälfte Zentralbanken mit Zinssenkungsstrategien. Gleichzeitig bewege sich das Inflationsgefälle schnell zugunsten der Schwellenländer, was tendenziell zu attraktiveren realen Wechselkursen führe. Unter Berücksichtigung der Basiseffekte zu Jahresbeginn sollte sich das Inflationsgefälle zwischen den Schwellenländern und den Industriestaaten bis deutlich ins Jahr 2018 hinein weiter verringern und die Schwellenländerwährungen damit zusätzlich stützen, heißt es weiter.
„Das zweitgrößte Risiko für die Märkte ist eine mögliche Rückkehr der Trump-Reflationswetten. Nach der US-Wahl im November 2016 gingen viele davon aus, dass umfangreiche Konjunkturmaßnahmen in den USA das Wachstum ankurbeln und die Notwendigkeit monetärer Stützungsmaßnahmen senken würden. Dementsprechend verkauften die Anleger in großem Stil US-Staatsanleihen und kauften US-Dollar. Im September 2017 wurden Details des Trump-Konjunkturpakets bekannt gegeben, das über die nächsten zehn Jahre Nettosteuererleichterungen in Höhe von 1,5 Billionen US-Dollar vorsieht. Aufgrund einer veränderten Berechnung künftiger Cashflows wurden die Effekte dieser Maßnahmen teilweise übertrieben, wodurch die Gesamtbewertung etwas zu hoch ausfiel“, so Simon.
Nach Bereinigung des Bilanzierungsansatzes dürften die tatsächlichen Steuererleichterungen annualisiert etwa 1,1 Billionen US-Dollar oder circa 0,57 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) betragen. Die entscheidende Frage für die Märkte werde sein, welche Multiplikatoreneffekte für das jährliche BIP-Wachstum in den USA zu erwarten seien. Vereinfachend gelte: Je stärker die Wirtschaftsflaute, desto effektiver seien Konjunkturmaßnahmen und umgekehrt. Sofern die US-Wirtschaft also kurz vor dem Ende ihres Wachstumszyklus stehe, seien die Impulse für das BIP-Wachstum wahrscheinlich nur minimal. Halte die US-Konjunkturerholung aber noch mehrere Jahre an und erreichten die Impulse irgendwann auch die Verbraucher, die dann ihre Ausgaben erhöhten, könnte das jährliche Wirtschaftswachstum stärker zulegen, heißt es weiter.
„Anlegern ist mit dieser Aussage leider wenig geholfen, denn erst die Zeit wird zeigen, welches der beiden Szenarios zutrifft. Wir dürfen aber mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Impulse das Wachstum in den USA ganz generell und unabhängig von Verteilungseffekten ankurbeln, was sich wiederum mittelfristig positiv auf die Schwellenländermärkte auswirkt. Insofern wäre zu klären, ob der kurzfristigere Rücksetzer (d.h. der 2,5-prozentige Rückgang des Gesamtindex seit Anfang September) erst einmal beendet ist oder der Markt ähnlich wie nach dem Brexit-Entscheid und dem Trump-Sieg um fünf Prozent absackt. Auch wenn die Antwort noch aussteht, halten wir alle weiteren Korrekturen auf dem aktuellen Niveau für attraktive Chancen, bestehende Positionen in Schwellenländeranleihen auszubauen“, so Simon.
Das einzige binäre Risiko, das die Karten im Jahr 2018 definitiv neu mischen würde, habe mit der US-Notenbank zu tun. Anleiheninvestoren hätten in vielerlei Hinsicht von der Politik Ben Bernankes und Janet Yellens profitiert. Beide seien nach unserem Dafürhalten ausgesprochen expansiv vorgegangen und hätten große Fortschritte dabei erzielt, den Entscheidungsprozess der US-Notenbank Fed transparenter zu gestalten. Punktediagramme, zeitnahe Veröffentlichungen der Fed-Sitzungsprotokolle und Reden von stimmberechtigten Mitgliedern hätten dazu beigetragen, die Pläne der Fed für eine Rückführung der Stimuli im Zuge der US-Konjunkturerholung nach der globalen Finanzkrise klarer herauszuarbeiten. In vielerlei Hinsicht habe diese Transparenz zu einer niedrigeren Volatilität im gesamten Rentensegment geführt. Nur einmal habe die Fed spektakulär die Kontrolle über ihr Erwartungsmanagement verloren und die sogenannten Tapering-Turbulenzen des Jahres 2013 ausgelöst. Seitdem habe sie die Erwartungen der Anleger mit äußerster Vorsicht geleitet, heißt es weiter.
„Im nächsten Quartal wird Präsident Trump entscheiden, ob Frau Yellen im Amt bleiben soll oder ersetzt wird. Potentielle Nachfolger dürften eher aus dem Hardliner-Lager kommen. Interessanterweise ist es aber wohl weniger die Aussicht auf eine restriktivere Politik, die die Märkte aus der Ruhe bringen könnte, sondern die Unsicherheit darüber, wie die Politik unter einer neuen Führung aussieht. Ganz gleich ob positiv oder negativ, der potentielle Machtwechsel an der Spitze der einflussreichsten Zentralbank der Welt bleibt bis zum Jahresende das größte Extremrisiko für Anleihenportfolios, und wir denken über Absicherungsmaßnahmen nach, um dieses Risiko zu mindern“, so Simon.
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