Kommentar
11:40 Uhr, 26.03.2015

Japan: Alles auf eine Karte

Das Land der aufgehenden Sonne pokert gerade mit besonders großen Beträgen und damit auch mit seiner Zukunft.

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  • Nikkei225
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Die Rente ist sicher - zumindest in Deutschland und wenn es nach Norbert Blüm geht. Seit knapp 20 Jahren kennt diesen Spruch fast jeder Deutsche. Bisher hat das Versprechen gehalten. Derzeit sieht es so aus, als würde es auch noch einige Jahre mehr halten. In Japan gibt es ein ähnliches Versprechen. Ob dieses aber 20 Jahre halten wird, darf man bezweifeln.

Japan hat die größten Pensionsfonds der Welt. Der GPIF (Government Pension Investment Fund) hat ein Vermögen von ca. 1,1 bis 1,2 Mrd. USD (je nach USD/Yen Umrechnungskurs). Das ist das mit Abstand größte Vermögen eines solchen Fonds weltweit. Grafik 1 zeigt wie groß andere solcher Fonds sind. Die Norweger sind ganz gut mit dabei, folgen aber auch erst mit großem Abstand.

Ein Vermögen, das die Höhe von 25% der jährlichen Wirtschaftsleistung hat, weckt Begehrlichkeiten. Kann man das Geld in eine gewisse Richtung bewegen, dann kommt da etwas ganz Großes in Gang. Die Regierung hat etwas in Gang gesetzt. Innerhalb von zwei Jahren gab es zwei Reformen, die die Asset Allokation neu bestimmt hat. Grafik 2 zeigt die derzeitige Asset Allokation und die Zielallokationen von 2013 und die aktuelle. Noch 2013 wurde bestimmt, dass 60% der Investments in japanische Anleihen fließen sollten. Davon ist heute keine Rede mehr. Die Quote wurde gekürzt. Offiziell soll der Anteil japanischer Anleihen auf 35% sinken. Unter Berücksichtigung, dass auch ein Teil in kurzfristige Investments fließen muss, ergibt sich dann ein tatsächlicher Wert von 33%.

Die Anleihenquote wird drastisch reduziert. Die Aktienquote geht dafür deutlich nach oben. Sie verdoppelt sich. Bereits die frühere Zielallokation sah ein Viertel Aktienanteil vor. Das ist relativ viel. 50% ist fast schon undenkbar hoch. Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass es das Geld ist, welches für Generationen von Japanern einmal die Rente zahlen soll. Für gewöhnlich sind da Privatpersonen und Pensionsfonds eher konservativ in ihrer Anlagestrategie. Schaut man sich die Bilanzen von großen Versicherungen an, dann findet man so gut wie nirgends eine Aktienquote von über 10%. In Japan soll es zukünftig das Fünffache sein.

Per Gesetz ist das jetzt erst einmal in Stein gemeißelt. Der GPIF ist dabei nicht der einzige Fonds, der das tun muss. Das Gesetz sieht eine Harmonisierung der Allokation aller Fonds vor. Bis Ende 2015 muss die Zielallokation umgesetzt sein. Damit das gelingt, müssen japanische Pensionsfonds noch ca. 150 Mrd. USD in inländische Aktien investieren. Allein das dürfte die Rallye intakt halten.

Der GPIF ist der mit Abstand größte Fonds. Dabei ist er noch gar nicht einmal so alt. Es gibt ihn seit 2001. Grafik 3 zeigt die Entwicklung der Assets seit Beginn des Fonds. Die Fondsgröße hat sich ziemlich schnell nach oben geschraubt. Seit 2007 ist dann nicht mehr viel passiert. Die neue Allokation kann wieder mehr Schwung in die Sache bringen und das muss sie auch. Japan überaltert so schnell wie kein anderes Land. Die Pensionsfonds müssen das auffangen. Grundsätzlich gibt es auch in Japan ein System, in dem die arbeitende Generation die Renten zahlt. Je weniger Menschen im Vergleich zu den Rentnern arbeiten, desto schwieriger wird das natürlich. Eigentlich wird das irgendwann unmöglich. Ein Arbeitnehmer kann ja schlecht die Pension von 2 Rentnern erwirtschaften. Um das aufzufangen gibt es die Fonds.

Sollte das Vermögen der Fonds deutlich sinken, dann hat Japan ein unkontrollierbares Problem. Die Renten wären alles andere als sicher. Sie müssten wohl deutlich gekürzt werden. 50% in Aktien zu stecken ist daher ziemlich riskant. Langfristig sind Aktien eine gute Wette, aber was heißt schon langfristig? Wer in Japan vor 25 Jahren in Aktien investiert hat, der ist immer noch in der Verlustzone. Kommt eine neue, deflationäre Welle, dann sitzt man einen Drawdown nicht innerhalb weniger Jahre aus. Das kann Jahrzehnte dauern, was einfach zu lange ist. Das wissen Versicherungen und Pensionsfonds überall auf der Welt und halten sich mit hohen Aktienquoten zurück. Nur Japan geht einen anderen Weg.
Man muss sich schon fragen, wieso Japan dieses enorme Risiko eingeht. Die Performance des GPIF ist seit 2007 nicht überragend, aber in Ordnung. Grafik 4 zeigt die jährliche Performance. Über den gesamten Zeitraum hinweg lag die reale Rendite bei knapp 3% pro Jahr. Nun gibt es allerdings die Situation, dass Japan mit aller Macht wieder Inflation erzeugen will. Diese soll 2% betragen. Damit der GPIF nun aber die Renten langfristig zahlen kann, braucht er eine Realrendite von 1,7%. Die bekommt er nicht mit Staatsanleihen. Diese bringen nominal gerade einmal 0 bis 0,5%. Real entsteht ein hoher Verlust, wenn das Inflationsziel erreicht wird.

Um eine Realrendite von 1,7% zu erwirtschaften muss der Fonds umschichten und in andere Assets gehen. Das erklärt die neue Zielallokation. Japan setzt damit aber zunehmend alles auf eine Karte. Die Notenbank muss Geld drucken, um den Staat zu finanzieren und Inflation zu erzeugen. Die Pensionsfonds werden in Aktien und damit risikoreichere Assets gedrängt, damit sie ihren zukünftigen Verpflichtungen nachkommen können. Damit das gelingt, müssen Aktien immer weiter steigen. Das können sie nur, wenn die Notenbank druckt und druckt und druckt. Im Notfall muss die Notenbank Aktien kaufen. Das tut sie bereits jetzt. Wenn es hart auf hart kommt, dann müssen es halt ein paar hundert Milliarden mehr sein.

Der Weg, den Japan eingeschlagen hat, ist inzwischen zu einer solchen Sackgasse geworden, dass es einfach nicht schief gehen darf. Das Risiko ist viel zu groß. Gehen die Abenomics schief, dann ist der Staat bankrott und die Renten sind weg. Viel schlimmer kann es für die Bevölkerung eigentlich nicht kommen.

Ob die Rechnung am Ende aufgeht muss sich zeigen. Der GPIF ist optimistisch. Sie rechnen verschiedene Szenarien durch, um zu sehen, was passiert, wenn es nicht so läuft, wie sie es sich denken. Die Szenarien bringen allerdings wenig. Japanische Aktien performen im guten Szenario mit durchschnittlich 3,2% real pro Jahr und im schlechten Szenario mit 3,1%. Das ist nicht gerade eine Annahme, die das Risiko des Aktienmarktes widerspiegelt.

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3 Kommentare

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  • Craepp
    Craepp

    Sehr geehrter Herr Schmale,

    "Grundsätzlich gibt es auch in Japan ein System, in dem die arbeitende Generation die Renten zahlt. Je weniger Menschen im Vergleich zu den Rentnern arbeiten, desto schwieriger wird das natürlich. Eigentlich wird das irgendwann unmöglich. Ein Arbeitnehmer kann ja schlecht die Pension von 2 Rentnern erwirtschaften. Um das aufzufangen gibt es die Fonds."

    hier leider liegen Sie hier einen Fehler auf.

    Es ist egal, ob die japanischen Pensionen über ein Umlageverfahren oder über ein Fonds finanziert werden. Die Menge des Kapitals entscheidet über die Produktivität der Arbeitenden und damit über deren Potenzial, reale Güter und damit reales Einkommen zu erwirtschaften, aus dem die Renten bezahlt werden können.

    Das heißt, die Papiere, die heute ausgestellt werden, garantieren nicht, dass es in dreißig Jahren einen wirtschaftlich effizienten Kapitalstock gibt.

    Dies alles wird nur sicher gestellt, sofern Japan ein reales Wirtschaftswachstum aufweist.

    Sofern dies nicht geschieht und trotzdem eine positive reale Rendite erzielt werden soll, welche oberhalb des Wirtschaftswachstums liegt, wird der Anteil der ausgezahlten Renten zum BIP immer größer ( r > g).

    Wie lange dies gut gehen kann wird sich zeigen.

    15:22 Uhr, 25.03. 2015
  • cysonic
    cysonic

    Japan wird im Ruin enden. Daran habe ich keine Zweifel. Um 2020 denke ich, dass Japan in eine inflationäre Phase übergeht und die Menschen "alles verlieren" werden. Dazu lesenswert:

    http://www.kaufkraftschutz.de/quantitative-easing-japan-wird-scheitern-und-zum-kollaps-fuehren/983

    10:08 Uhr, 25.03. 2015
  • JBee
    JBee

    .......ein Vermögen von ca. 1,1 bis 1,2 Mrd. USD......

    wäre ein bißchen wenig gele :-))

    07:50 Uhr, 25.03. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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