Italien gewinnt in doppelter Hinsicht
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Strohfeuer oder Wende? Update aus Sicht der Sentiment-Analyse.
Nicht nur im Fußball, sondern auch auf dem Eurogipfel haben sich die EM-Finalisten Spanien und Italien durchgesetzt. Sie werden Zugang zum Rettungsschirm auch ohne weitere Sparauflagen erhalten und Spanien nicht direkt für seine Banken haften.
Die Märkte erholen sich daraufhin heute Morgen rasant und reißen in Europa dementsprechende Gaps auf. Das erhöht natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass der DAX im Verlauf des Tages, oder in den kommenden Tagen auf das Schlusskursniveau von gestern Abend zurückfällt. Ohnehin wird es ganz spannend sein, wie sich der Markt aufgrund dieser Nachricht nun verhält. Startet er nach oben durch, dann ist womöglich wirklich die Konsolidierung hier abgeschlossen. Um hier ein abschließendes Urteil treffen zu können, braucht es aber etwas Stabilität im Trend, was dann zu einem Einstieg zu noch höheren Kursen führen würde – nicht wirklich das, was ich mag. Lieber wäre mir ein erneutes Verpuffen der positiven Nachrichten gepaart mit fallenden, aber im Bereich der bisherigen Korrekturtiefs sich einpendelnden Kursen. Das dürfte auch wegen der fortschreitenden Dauer dieser schaukelbörse bei den Anlegern das Gefühl hinterlassen, dass alles nichts hilft und die Kurse einfach keine Kraft für einen Anstieg haben. Fallen Sie in dieser Situation aber nicht weiter, wäre dies ein guter Hinweis darauf, dass auch der Verkaufsdruck weg ist. Hier würde sich dann der für mich perfekte Einstiegsmoment ergeben, denn meistens startet eine Aktienrallye in einem Moment, wo niemand mehr so richtig dran glaubt, nicht einmal die grundsätzlichen Optimisten. Diese sehen zwar langfristig steigende Kurse, im jeweiligen Moment rechnen sie aber auch nicht damit. Idealer Weise wäre dieser Moment gepaart mit in den einschlägigen Stimmungsindikatoren für den US-Aktienmarkt negativeren Einschätzungen als aktuell. Das diesbezügliche Bild ist immer noch zu optimistisch, insbesondere bei den US-Börsenbriefen nach Lesart von Investors Intelligence. Aber auch der Hulbert Stock Newsletter Sentiment Index (HSNSI) befindet sich mit Werten von +22,1 Prozent für Standard- und +23,5 für Technologiewerte nicht mehr im Bereich von Kaufsignalen, genauso wenig wie die US-Anlageberater mit zuletzt 54 Prozent Bullen. Konstruktive Signale kommen allein vom AAII Index, der Stimmung der Privatanleger misst.
Es stellt sich zudem die Frage, wie viel Gewinnenttäuschung bereits in die Kurse eingepreist ist, denn an der weltweit nachlassenden Konjunktur kann es keinen Zweifel geben, wenngleich sich von den Märkten weitestgehend unbemerkt, der Immobilienmarkt in den USA zuletzt stabilisiert hat. Von diesem ging die Krise einst aus und hier scheint die Notenbankpolitik nun ihre Wirkung zu zeigen, denn viele US-Immobilienbesitzer haben zuletzt die günstigen Zinsen zur Umschuldung genutzt. Erfreulich ist auch, dass der von mir favorisierte Aktienmarkt in Hong Kong zuletzt durch relative Stärke auffiel. Hier könnte die Lockerung der Geldpolitik erste Wirkung zeigen, zudem bleiben die Konjunkturaussichten solide.
Um die technische Verfassung in Bezug auf die Anlegerpositionierung zu beurteilen, sind die nächsten Tage spannend. Da heute der letzte Handelstag des ersten Halbjahres ist, dürfte es der Fondsmanagerzunft aber ganz recht sein, wenn die Kursgewinne zumindest bis zum Abend halten. Insofern ist hier mit Windowsdressing zu rechnen. Entscheidender wird der kommende Montag sein.
Mehr von und über Stefan Riße erfahren Sie unter www.rissesblog.de
Stefan Riße, ist Fondsmanager des Investmentfonds „Riße Inflation Opportunities UI“ bei der HPM Hanseatischen Portfoliomanagement in Hamburg. Bekannt ist er durch seine jahrelange Tätigkeit als Börsenkorrespondent für den Nachrichtensender N-TV. Sein aktuelles Buch „Die Inflation kommt“, belegte 2010 erste und zweite Plätze auf den bekannten Wirtschaftsbuch-Bestsellerlisten.
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