Kommentar
10:44 Uhr, 01.09.2017

Hurrikan Harvey als Chance?

Hurrikan Harvey könnte am Ende höhere Schäden verursachen als der Jahrhundertsturm Katrina. Alles, was zerstört wird, muss auch wieder ersetzt werden. Eine Goldmine?

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Hurrikan Harvey verursacht schier unglaubliche Schäden. Das bezieht sich nicht nur auf materielle Werte. Bislang dürften mehr als drei Dutzend Menschen ums Leben gekommen sein. Die Evakuierungen entwurzeln Familien, die, wenn sie zurückkehren können, kaum noch etwas von ihrem Leben vorfinden werden.

In diesem Artikel soll es jedoch um den wirtschaftlichen Aspekt des Hurrikanes gehen. Hier scheint die Logik vergleichsweise einfach. Die vielen zerstörten Häuser und Autos sowie die Infrastruktur müssen erneuert, ersetzt und repariert werden. Die Betroffenen müssen tief in die Tasche greifen.

Bislang gibt es noch keine zuverlässigen Schätzungen über die Schadenhöhe. Banken, offizielle Stellen und der Katastrophenschutz versuchen sich aber an ersten Prognosen. Diese reichen inzwischen von 30 Mrd. bis 120 Mrd. Dollar. Das ist eine Menge.

Die Menschen und der Staat haben keine große Wahl als die Schäden zu ersetzen. Zerstörter Wohnraum muss wieder aufgebaut werden. Die Menschen können ja nicht ewig in Notunterkünften unterkommen. Ebenso ist es für viele unmöglich auf das eigene Auto zu verzichten.

Ohne funktionierende Infrastruktur geht es auch nicht. Straßen, Stromleitungen, öffentliche Gebäude und die Kanalisation müssen schnell repariert werden. Das Leben kann ohne die Infrastruktur kaum wieder aufgenommen werden.

Wer die Rechnung zahlt, ist derzeit noch vollkommen offen. Wer ein dickes Sparschwein hat, kann die Ausgaben stemmen. Viele Amerikaner haben jedoch keine hohen Rücklagen und sind auch größtenteils nicht gegen Flutschäden versichert. Das wird ein harter Kampf.

Zu allem Überfluss werden viele Menschen ihre Arbeit zumindest vorübergehend verlieren. Unternehmen, die schließen müssen, teilweise für Monate, bis die Schäden repariert sind, werden Mitarbeiter entlassen. Einige erschreckende Analysen gehen davon aus, dass bis zu 1 Mio. Menschen kurzfristig ihre Arbeit verlieren könnten.

Wirtschaftlich bedeutet der Wiederaufbau einen Boom. Es kann sogar sein, dass das Wirtschaftswachstum kurzfristig anzieht. Zunächst wird es aber zurückgehen. Solange das Wasser nicht weg ist und viele Unternehmen stillstehen, wird nicht produziert. Das senkt das BIP zunächst.

Der Wiederaufbau bedeutet zwar einen Boom, aber feiern kann man diesen nicht. Unterm Strich verlieren die Menschen Vermögen. Wer ein Haus verliert und dieses wieder aufbauen muss, sorgt zwar für Beschäftigung, aber hat trotzdem Vermögen verloren – und zwar ein Haus.

Immobilien sind größtenteils nicht versichert, solange es keine Hypothek darauf gibt. Für viele, die z.B. ihre Immobilie als Altersvorsorge vorgesehen haben, stehen nun mit leeren Händen da. Immerhin sind Schäden aus Naturkatastrophen in vielen Autoversicherungen gedeckt. Daher gehen Analysten davon aus, dass es einen wahren Boom bei Autokäufen geben wird.

Auch wenn man davon ausgehen kann, ist es für die USA als Ganzes unerheblich. Grafik 1 zeigt die Autoverkäufe jeweils einen Monat vor einem Hurrikane, in dem Monat, in dem er die Zerstörung anrichtete und ein Monat danach. Es lässt sich nicht wirklich erkennen, dass nach einem Ereignis ein Boom stattfindet.

Hurrikane-Harvey-als-Chance-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-1

So sieht es dann auch bei Aktien aus (Grafik 2). Die Aktien von Ford und Home Depot müssten theoretisch gefragt sein. Sind sie historisch gesehen aber nicht. Dafür sind selbst die enormen Schäden nicht hoch genug. Wenn ein Autobauer aufgrund eines Hurrikanes vielleicht 10.000 Autos einmalig mehr verkaufen kann, ist das nicht viel. Ford verkaufte in den USA zuletzt gut 2,6 Mio. Fahrzeuge. Harvey wird vermutlich mehrere zehntausend Häuser unbewohnbar machen. Das ist zwar viel, doch für die gesamte Industrie trotzdem nicht genug, um eine Aktienkursrally zu rechtfertigen.

Hurrikane-Harvey-als-Chance-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-2

Zusammengefasst heißt das: für Aktien ist der Wiederaufbau nach der Zerstörung kein Grund für eine Rally. Einzelne Ausnahmen mag es geben. Unter landesweit und international tätigen Unternehmen sind keine Ausnahmen zu erwarten. Was bleibt, ist vor allem eine Schlechterstellung der Betroffenen.

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7 Kommentare

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  • Stockhorn
    Stockhorn

    Ja die Regierung könnte jetzt mal das Rüstungsbudget um 100Mrd. kürzen und da investieren.. wäre wesentlich sinnvoller und nachhaltiger.. wird man aber natürlich nicht tun. Sowieso ist ja die ganze Infrastruktur in den USA komplett verlottert, nur für die Rüstung ist nichts teuer genug! Das wird sich sowieso mal rächen. Kommt dazu, dass die Amis ihre Häuser extrem billig bauen. Eigentlich nur ein kleines Holzgerüst mit Spannplatten drüber. Kein Wunder, ist es danach immer ein Totalschaden. Ware das massiv gebaut, wären die Schäden tiefer.

    Herr Hoose, ja richtig, unser Geldsystem braucht zwingend Wachstum, sonst fällt es auseinander. Ist ja nichts weiter wie ein Schneeball-System. Der Grundfehler ist ganz einfach. Es wird Geld geschöpft z.B. für ein neues Auto. Aber der Zins dazu wird eben nicht geschöpft, dafür muss sich dann ein weiterer frisch verschulden, der das bezahlt. Daher sind wir zwingend auf Wachstum angewiesen und es braucht immer viele neue Schuldner, sonst können die Zinsen nicht mehr bezahlt werden, da dazu das Geld fehlt. Daher bleibt nur eines übrig, neue Länder erobern und dort neue Schuldner, oder eben alles kaputt machen mit Krieg, abschreiben und wieder neu verschulden. Nein, das ist eben der totale Systemfehler im Geldsystem und keiner merkt es und jeder Ökonom begreift es nicht. Hätten wir ein Zinsloses Geldsystem, bräuchten wir kein Wachstum, das ist ganz einfach. Aber das wird man nie hinkriegen, schliesslich profitieren ja die 1% vom Zins und die anderen 99% sind Netto-Zinszahler! Also automatische Vermögensumverteilung von unten nach oben, das darf man natürlich wirklich nicht abschaffen, die armen armen Reichen hätten sonst weniger Gewinn, man hätte oder bräuchte keine Kriege mehr und man müsste keine armen anderen Länder mehr überfallen.

    11:57 Uhr, 01.09.2017
    1 Antwort anzeigen
  • Hoeli
    Hoeli

    Au Mann...

    Oder vielleicht ein Krieg mit Nordkorea...

    Oder gar ein 3. Weltkrieg....

    Das wären Chancen für den Markt!!!

    11:15 Uhr, 01.09.2017
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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