Kommentar
09:16 Uhr, 03.03.2021

Hohe Volatilität bei Aktien erwartet: Anleger trauen dem Bullenmarkt immer noch nicht

Seit fast einem Jahr steigt der Aktienmarkt fast unaufhörlich. Anleger bleiben trotzdem misstrauisch.

Erwähnte Instrumente

  • CBOE Volatility Index (VIX) Futures - WKN: A0AEVR - ISIN: US12498A1016 - Kurs: 23,24 $ (ARIVA Indikation)

Im Februar feierte ein Indikator einen denkwürdigen Geburtstag. Der Volatilitätsindex VIX, der die erwartete Schwankungsbreite des S&P 500 abbildet, feierte ein Jahr mit Schlusskursen über der Marke von 20. Insgesamt hielt sich der VIX 246 Handelstage über dieser Marke. Das gibt es selten.

CBOE Volatility Index (VIX) Futures
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    ARIVA Indikation

Tatsächlich gelang das dem VIX bisher nur einmal zuvor. Das war zur Zeit der Finanzkrise. Damals reichte es für eine Serie von 330 Tagen (Grafik 1). Die aktuelle Serie von Schlusskursen über 20 ist deswegen denkwürdig, weil die historische Volatilität deutlich niedriger ist.


Der VIX berechnet sich aus Optionen und zeigt die Erwartung über die kommenden 30 Tage. Die historische Volatilität zeigt hingegen den Wert der letzten 30 Tagen, also das, was wirklich geschehen ist. Seit einem Jahr ist die erwartete Volatilität deutlich höher als die realisierte. Das ist nicht ungewöhnlich. In den meisten Fällen ist die erwartete Schwankungsbreite höher als die historische. Das derzeitige Ausmaß ist allerdings außergewöhnlich (Grafik 2).

Die Abweichung liegt beim Doppelten des langjährigen Durchschnitts. Seit Einführung des VIX vor 30 Jahren gab es das in diesem Ausmaß und in dieser Dauer noch nie. Das wirft Fragen auf. Wie kann es sein, dass Anleger ein Jahr nach dem Crash immer noch so skeptisch sind und eine hohe Volatilität erwarten?

Das ist alles andere als normal. Im Normalfall fällt der VIX im Aufwärtstrend. In unregelmäßigen Abständen gibt es ein Schockereignis. Dieses steckt Anlegern dann einige Zeit in den Knochen. Die Nachfrage nach Optionen ist groß. Weil der Schock noch präsent ist, wird die Volatilität überschätzt. Es wird zu viel für Optionen gezahlt und da sich die Volatilität aus dem Optionspreis herleitet, ist der VIX hoch.

Dieser Effekt ebbt für gewöhnlich schnell ab. Nach dem Tief im März 2009 hielt sich der VIX noch 10 Monate über der Marke von 20. Wir sind aktuell bereits im zwölften Monat nach dem Tief. Dabei dauerte die eigentliche Krise am Aktienmarkt gerade einmal einen Monat. Bei der Finanzkrise waren es fast drei Quartale. Was steckt also dahinter?


Derzeit fragen vor allem Kleinanleger Optionen nach. Das Interesse ist so groß wie nie. Das treibt einerseits die Preise der Optionen, andererseits sorgt es auch bei Einzelwerten für höhere Volatilität (Stichwort Gamestop). Wenn der Markt vergleichsweise ruhig ist (das zeigt die historische Volatilität), der VIX aber durch übermäßige Spekulation über Optionen getrieben wird, ist Vorsicht geboten.

Das letzte Mal gab es das Ende der 90er Jahre. Auch damals trieben Kleinanleger einen Spekulationsexzess. Es ist nicht unbedingt so, dass der VIX hoch ist, weil Anleger unsicher sind oder eine Korrektur erwarten. Vielmehr zeigt es einen Überhang an Spekulation, der früher oder später durch eine Korrektur endet. Auch wenn die Ursache des hohen VIX nicht unbedingt Verängstigung ist, sondern das Gegenteil (Gier), ist die Schlussfolgerung die gleiche: Vorischt.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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