Kommentar
08:26 Uhr, 21.12.2011

Goldprognose 2012

Immer wieder habe ich in diesem Jahr in früheren Beiträgen die Goldpreisentwicklung mit der im Frühjahr 2006 verglichen. Auch damals hatte es einen rasanten Anstieg gegeben von rund 550 auf 730 US-Dollar. Dem folgte dann ab Mitte Mai ein scharfer Einbruch der den Kurs dann zurück auf 545 Dollar schickte. Es folgte eine ebenso rasante Erholung, die den Feinunzen-Preis wieder bis auf 675 klettern ließ, bis dann die Kurse erneut einbrachen, um im Oktober 2006 wieder die 560 Dollar im Tief zu erreichen.

Sehen wir uns die Entwicklung in diesem Jahr an, dann sieht der Chart verblüffend ähnlich aus, nur mit dem Unterschied, das alles drei Monate später im Jahr stattgefunden hat. Dem Anstieg von 1.550 auf 1.920 Dollar, folgte ein Absturz auf 1.532 Dollar mit anschließender Erholung auf 1.800 und erneutem Absturz auf bisher 1.560 Dollar.

Läuft es weiter wie damals, dann schleppt sich der Markt jetzt lange seitwärts und erreicht erst im Dezember 2012 neue Höchststände. Denn damals brauchte er ganze 16 Monate bis die Champagner-Korken wieder knallten.

Bereits direkt nach dem steilen Einbruch des Goldpreises im September dieses Jahres hielt ich einen Korrekturverlauf wie in 2006 für die wahrscheinlichste aller Varianten. Das hat bisher voll gepasst. Und ich bleibe bei dieser Einschätzung. Die Konjunktur wird sich im kommenden Jahr abkühlen, und wahrscheinlich auch die Inflationsraten erst einmal wieder etwas zurückgehen. Das fundamentale Bild verschlechtert sich damit leicht. Diesen Effekt würde ich jedoch nicht überbewerten. Bisher hat der Goldpreis in seiner Kursentwicklung keine direkte Reaktion auf Inflationszahlen gezeigt. Viel wichtiger ist derzeit der Dollarkurs und damit im Umkehrschluss die Entwicklung des Euros. Wertet der Dollar gegenüber dem Euro und anderen Währungen auf, dann wertet er auch gegenüber dem Gold auf und umgekehrt. Da für den Euro die Stimmung bereits sehr mies ist, rechne ich nicht mit Kurseinbrüchen bis auf 1,20 wie in der Griechenlandkrise im Mai 2010. Außerdem dürften die Amerikaner massiv gegen ein weiteres Abrutschen der Gemeinschaftswährung intervenieren, um ihre Exportindustrie zu schützen. Es spricht also vieles für eine weitere Seitwärtstendenz, zumindest im ersten Halbjahr 2012.

Dass ich nie zum Verkauf aller Goldbestände geraten und in den vergangenen Wochen auch wieder etwas optimistischere Töne angeschlagen habe, war zum einen einer gesunden Chance-Risiko-Abwägung und zum anderen dem Stimmungsbild geschuldet.

In der Korrektur 2006 und auch im Gold-Absturz inmitten des Lehman-Crashes sanken die Stimmungswerte, die von Consensus gemessen wurden, in sehr tiefe Regionen mit einem Optimisten-Anteil von unter 30 Prozent.

Natürlich hätte man sich auch in dieser Korrektur, oder könnte man sich auch jetzt noch, erst einmal ganz aus dem Gold verabschieden und auf eine weitere Stimmungsverschlechterung warten. Die Ähnlichkeit mit dem Kursverlauf 2006 und die oben angeführten fundamentalen Gründe sprechen durchaus dafür. Doch unter Chance/Risiko-Gesichtspunkten erscheint mir dies zu gefährlich. Denn kommt es anders, und zieht der Goldpreis plötzlich wieder an, läuft man Gefahr, dem fahrenden Zug hinterherlaufen zu müssen. Alle anderen Rallyes, wie die ab September 2009, wie auch die ab Januar 2011 starteten auf neutralem Stimmungsniveau, das wir in der aktuellen Korrekturphase bereits im September erreicht hatten. Das korrespondiert auch fast exakt mit den Stimmungswerten des Hulbert Gold Newsletter Sentiment Index (HGNSI), der auch nur in den beiden Korrekturen 2006 und Herbst 2008 stark negative Werte erreichte. In den anderen Fällen war es auch hier nur ein neutrales Stimmungsbild, das den Boden für neue Höhenflüge bildete, weil fundamental viel fürs Gold sprach und langfristig mehr denn je spricht.

Denn ich bleibe unverändert bei meiner Prognose, dass die seit langem schon stattfindende überproportionale Geldvermehrung in höheren Inflationsraten münden wird und muss. Wahrscheinlich in etwa drei Jahren. Dann dürfte die eigentliche Goldrallye erst starten, denn das gelbe Metall ist Wertaufbewahrungsgegenstand Nummer 1, wenn das Papiergeld diesen Status zu verlieren beginnt. So mancher mag meinen, dass sich im Gold bereist eine enorme Blase gebildet hat, doch betrachtet man die Goldnachfrage durch Kapitalanleger, so ist diese mit 44 Prozent noch immer geringer als die der Schmuckindustrie mit 52 Prozent. Und in Relation zu den Staatsanleiheemissionen ist sie ebenfalls verschwindend gering. Gold ist aktuell einmal gerade Beimischung in den Anlegerportfolios im Rahmen von rund zwei Prozent. Kommt die Inflation, dann dürften diese Anteile stark nach oben Gefahren werden, was die Goldförderkapazitäten dann um ein Vielfaches übersteigen dürfte.

Ich bleibe daher bei meiner Anlagestrategie der nur wenig gehebelten Goldpositionen. Geht die Korrektur weiter, kann ich die Verluste so locker überstehen. Kommt es in diesem Zuge auch zu einer noch weiteren Stimmungseintrübung, werde ich die Hebel nach oben fahren. Kommt es aber zu keiner weiteren Korrektur, dann bin ich auf jeden Fall dabei, wenn es von diesem Niveau wieder aufwärts geht.

Mehr von und über Stefan Riße erfahren Sie unter www.rissesblog.de

Stefan Riße, ist Portfolio Manager bei der HPM Hanseatischen Portfolio Management GmbH in Hamburg. Bekannt ist er durch seine jahrelange Tätigkeit als Börsenkorrespondent für den Nachrichtensender N-TV. Sein aktuelles Buch „Die Inflation kommt“, belegte 2010 erste und zweite Plätze auf den bekannten Wirtschaftsbuch-Bestsellerlisten.

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