Gold im zweiten Halbjahr wieder gefragt?
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Erwähnte Instrumente
Vor fast genau einem Jahr empfahl ich in meiner Focus Money Kolumne, auf N-TV und dem CMC Markets Kundenportal ins Gold einzusteigen oder Positionen zu vergrößern. Der Kurs stand bei rund 1.000 Dollar oder in Euro gerechnet bei 670 pro Feinunze. Ich stand mit dieser Meinung relativ allein dar. Vielzitierte Rohstoffexperten aus Deutschland verwiesen auf die hohen Bestände an Netto-Long-Positionen an der New Yorker Terminbörse NYMEX. Als eingefleischter Antizykliker schenkte ich diesem Hinweis durchaus meine Aufmerksamkeit, blieb am Ende jedoch bei meiner positiven Einschätzungen. Die Tatsache, dass viele Marktexperten auf diesen Optimisten-Überhang hinwiesen, zeigte dass es ganz offenbar auch noch eine Menge Skeptiker gab und war insofern ein antizyklisches Kaufsignal. Außerdem hat sich zuletzt auch beim Euro wieder gezeigt, dass diese Statistiken über hohe Netto-Long- oder Shortpositionen ganz offenbar kein gutes Instrument zum Timing darstellen.
Die vom amerikanischen Institut Consensus befragten Anleger waren zu 70 Prozent optimistisch, was zwar nicht wenig war, aber auch noch kein Verkaufssignal darstellte, während das Put/Call-ratio eher Markttechnisch unterstützenden Pessimismus zeigte.
Sich diese Werte nochmals zu vergegenwärtigen ist deshalb sinnvoll, weil es interessant ist, sie mit den heutigen zu vergleichen. Denn Anfang September stehen wir an dem Punkt, an dem man eigentlich massiv ins Gold einsteigen sollte. Seit der Goldpreis im Jahr 2001 nach langjähriger Talfahrt die Wende nach oben vollzogen hat, ging es in der zweiten Jahreshälfte meistens ab September deutlich aufwärts, abgesehen allein vom Lehman-Crash-Jahr 2008, als in der Liquiditätsnot am Ende alle Vermögenswerte verschleudert wurden, und auch Gold in die Knie ging.
Diese „Gesetzmäßigkeit“, wobei es solche an der Börse an sich nicht gibt, ist auch mir erst im vergangenen Jahr so deutlich aufgefallen. Die großen Korrekturen fanden dagegen fast immer im Frühjahr statt. Es gibt dafür auch einen gewichtigen fundamentalen Grund: Die indische Hochzeitssaison beginnt in dieser Zeit und es ist in Indien noch immer große Tradition, die Braut auch als ein Teil der Aussteuer mit Schmuck zu behängen. Die Käufe könnten natürlich auch vorgezogen werden, doch da die Bauern nun erst Ihre Ernte verkaufen können, sind sie auch jetzt erst liquide. Indien ist aufgrund dieser Tradition noch immer der größte Goldimporteur.
Im vergangenen Jahr wurden von den Skeptikern Zweifel geäußert, ob den Indern wegen der hohen Preise die Lust auf Goldkäufe womöglich vergehen könnte. Tat sie aber nicht und die größte indische Goldbörse National Spot Exchange (NSEL) schätzt aktuell, dass sich die Goldimporte in diesem Jahr auf 600 bis 625 Tonnen belaufen könnten, was einem Anstieg von 30 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr bedeuten würde. Die aktuellen Preise würden als dauerhaft angesehen und dem Goldpreis ein weiterer Anstieg zugetraut, heißt es.
Vergleicht man nun die aktuelle Stimmung mit der vor einem Jahr, so sieht es sehr ähnlich aus. Der Anteil der Consensus-Goldoptimisten ist mit 68 Prozent fast exakt auf Vorjahresniveau und auch das Put/Call-Ratio gibt annähernd identische Signale. Allein die Analystenkommentare sind optimistischer als im vergangenen Jahr. So erwartet die Deutsche Bank mittlerweile einen Preis von 1.700 US-Dollar pro Feinunze. Doch optimistische Analystenstimmen zum Gold allein als Anlass zum Verkauf zu nehmen, wäre in den vergangenen Jahren falsch gewesen. Die breite Anlegereuphorie fehlt noch völlig. Die Nachfrage aus Indien und die weiter hohe Investmentnachfrage aufgrund der anhaltenden weltwirtschaftlichen Unsicherheit sind starke fundamentale Argumente für einen weiteren Goldpreisanstieg.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich dieser im zweiten Halbjahr vollzieht ist hoch, da Saisonmuster erst dann nicht mehr funktionieren, wenn alle darauf schauen und darüber reden. Das ist aber noch nicht der Fall. Der Markt liegt zudem solide über einer kontinuierlich steigenden 200-Tage-Linie.
Stefan Riße, ist Deutschlandchef und Chefstratege von CMC Markets. Bekannt ist er durch seine jahrelange Tätigkeit als Börsenkorrespondent für den Nachrichtensender N-TV. Sein aktuelles Buch „Die Inflation kommt“, steht seit Wochen oben auf den Bestsellerlisten.
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