Kommentar
14:52 Uhr, 20.10.2020

Fluggesellschaften: Wann ist Licht am Ende des Tunnels?

Kaum ein Sektor ist so stark von der Coronakrise betroffen wie Airlines. Der Umsatz ist bis zu 90% eingebrochen. Wann wird es wieder besser?

Erwähnte Instrumente

  • Delta Air Lines Inc. - WKN: A0MQV8 - ISIN: US2473617023 - Kurs: 31,500 $ (NYSE)
  • United Airlines Holdings Inc. - WKN: A1C6TV - ISIN: US9100471096 - Kurs: 35,500 $ (NASDAQ)
  • Deutsche Lufthansa AG - WKN: 823212 - ISIN: DE0008232125 - Kurs: 8,068 € (XETRA)
  • Southwest Airlines Co. - WKN: 862837 - ISIN: US8447411088 - Kurs: 39,860 $ (NYSE)

Von den größten Airlines in den USA (Delta, United, Southwest, American) und Deutschlands (Lufthansa) bleibt in diesem Jahr nicht viel übrig. Die Berichtssaison läuft und die ersten Milliardenverluste für das abgelaufene Quartal wurden veröffentlicht. Die Verluste sind besonders schmerzhaft, da das Sommerquartal sonst das beste des Jahres ist. Im Winter schreiben Airlines häufig Verluste, weil weniger gereist wird. In der Feriensaison sprudeln die Gewinne dafür. Dieser Rettungsanker war für Airlines in diesem Jahr nicht vorhanden. Es ist absehbar, dass allein die großen US-Airlines und die Lufthansa in diesem Jahr über 36 Mrd. Dollar Verlust schreiben werden. Im kommenden Jahr soll es besser werden. Die meisten dürften ihre Verluste eindämmen. Mit etwas Glück kann der nächste Sommer vieles herausreißen, wenn ein effektiver Impfstoff in großen Mengen verfügbar ist. Doch selbst unter den positiven Annahmen fällt insgesamt noch ein Verlust an. Erst 2022 wird wieder mit Gewinnen gerechnet.


Für die gesamte Branche weltweit dürfte 2020 ein Verlust von fast 100 Mrd. Dollar anfallen (Grafik 2). Im kommenden Jahr könnte das Minus noch bei 16 Mrd. liegen. Trotz dieser äußerst prekären Lage bleiben die Aktienkurse stabil. Seit Juni tendieren die Kurse seitwärts. Das hat einen guten Grund.

Jeder weiß, dass 2020 ein katastrophales Jahr wird. Die meisten Airlines sind zwar keine staatlichen Unternehmen, doch wenn es schlimm kommt, werden sie vom Staat gerettet. Es ist nicht das erste Mal, dass Airlines in einer Krise mit vielen Milliarden unterstützt werden.

An den Airlines hängen viele Arbeitsplätze. Die großen Airlines beschäftigen je mehr als 100.000 Personen. Hinzu kommen viele indirekte Arbeitsplätze, die an den Airlines hängen. Würde man alle Airlines bankrottgehen lassen – de facto sind alle Airlines bankrott – würden weltweit Millionen an Arbeitsplätzen verlorengehen.

Alle sind sich aber einig, dass irgendwann in naher Zukunft wieder geflogen wird. Jetzt alle bankrottgehen zu lassen schadet der Infrastruktur enorm. Das macht keinen Sinn. Auch die Folgen für den Finanzmarkt sind nicht zu unterschätzen. Airlines haben in den Jahren eine halbe Billion an Schulden angehäuft. Würden große Teile dieser Schulden nicht zurückgezahlt werden, bleibt das nicht ohne Folgen.

Airlines werden durchgefüttert, komme, was wolle. Einzelne nicht „systemrelevante“ Airlines könnten in den nächsten Jahren bankrottgehen. Der Großteil wird jedoch überleben. Staatliche Hilfe macht es möglich. Anleger müssen daher vor allem Sitzfleisch haben. Bevor sich die Lage bessert, werden die Kurse nicht steigen. Das kann in wenigen Wochen der Fall sein oder auch erst Ende 2021. Bis dahin sind große Airlines mit dem Rückhalt staatlicher Hilfe bei größeren Rücksetzern ein Kauf.

Clemens Schmale


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1 Kommentar

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  • Tüskendör
    Tüskendör

    Als dummer Mensch verstehe ich indes nicht, warum eine Airline - nehmen wir die Lufthansa - mit Kurs rund 8 EUR, also einer Marktkap. von etwa 4,8 Mrd bewertet ist, wenn sie de facto pleite ist nur durch Stützung/Subvention am Leben gehalten wird, auch 2021 keine Gewinne schreiben wird, vor 2026 kein reales Wachstum generieren wird und darüber hinaus über Jahre einen Schuldenabbau betreiben muss - der üppige Dividenden ausschließt. Die Unternehmens-"Werte" wie z.B. Flugzeugpark, Infrastruktur etc. sind derzeit keine - es sind im Wesentlichen bittere Kostenfaktoren - keine andere Airline der Welt braucht "auf Sicht" Flugzeuge.

    Warum hat die Lufthansa jetzt - in dieser veritablen Hyper-Krise - nur einen rund 12 Prozent geringeren "Kurswert" als im Tief 2016 - als das Unternehmen unverschuldet, die Bilanz quasi schwarz und die nahe Zukunft rosa war?

    Das Überleben sei von Herzen gegönnt, dennoch sind die 8 Euro eine relativ gewagte Spekulation auf sehr unsichere bessere Zeiten: 70 Cent täten es derzeit auch....

    - und am langen Ende kommt noch Greta.

    23:25 Uhr, 20.10. 2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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