Kommentar
05:22 Uhr, 16.04.2014

FDAX und Bund-Future: Handelstagebuch vom 16. April 2014

Absicherungsverkäufe brachten gestern Nachmittag die europäischen Börsen temporär ins Taumeln. Der Bund-Future profitierte dagegen auffällig an der Zuspitzung der Lage in der Ost-Ukraine.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 9.173,71 Punkte (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Euro-Bund Future
    ISIN: DE0009652644Kopiert
    Kursstand: 144,45 % (Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Hinweis in eigener Sache: weiterführende Markteinschätzungen intraday zu DAX / FDAX und Bund-Future, aber auch interessante Beiträge zum Thema als auch zu anderen Handelsansätzen von anderen Lesern, finden Sie börsentäglich auf meinem Guidants-Desktop

Allgemeine Markteinschätzung

Die Eskalationen in der Ost-Ukraine, deren Entwicklung bis gestern Nachmittag in ihrem wirklichen Umfang und Eskalationsgrad nicht eingeschätzt werden konnte, verursachte gegen 16:00 Uhr unserer Zeit einen erhöhten Absicherungsbedarf einiger institutioneller Investoren. Mit einer hohen Dynamik und einem anhaltenden Angebotsdruck wurden Verkaufsorders in die europäischen Futures-Märkte gedrückt, welche erst gegen 19:00 Uhr abgearbeitet waren und in der Konsequenz zu den gestrigen Tagestiefs führten. Eine Reflektion dessen, welche Mechanismen in Phasen wie diesen an den Märkten greifen, finden Sie in unserer gestrigen „Nabelschau“:

http://www.godmode-trader.de/artikel/kursrutsch-was-geht-in-den-koepfen-der-investoren-nostro-und-arbitage-haendler-vor,3721126

Die US-Indizes, welche zunächst fester in den Handel gestartet sind und damit ihre Erholungsimpulse vom Vortag (Montag) fortgesetzt hatten, drehten im Schatten der Zuspitzung der Lage in der Ost-Ukraine zunächst ebenfalls ins Minus, um dann am Abend um so auffällige wieder deutlich in die Plus-Zone zu drängen. Marktbeobachter wiesen darauf hin, dass die Erwartung auf eine konjunkturelle Belebung der US-Wirtschaft nach dem kalten Winter, die Erwartungshaltungen der Investoren deutlicher belebten, als die Sorge vor einer Kriegseskalation in der Ost-Ukraine. Hinzu kam, dass zumindest gestern Nachmittag die Berichterstattung der Presse zu diesem Konflikt reißerischer erfolgte, als sich am Abend herausstellte. Wurde am Nachmittag bereits von „offenen Kriegshandlungen“ gesprochen, relativierte sich das ganze am Abend auf einen Flughafen, an dem es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Toten und Verwundeten kam.

Jetzt ruhen die Hoffnungen auf den geplanten Gesprächen zwischen der Ukraine, Russland der EU und den USA am morgigen Donnerstag in Genf.

Von der konjunkturellen Seite enttäuschte gestern der ZEW, was Experten ebenfalls auf die vorauseilenden Schatten des Ukraine-Konfliktes zurückführen.

FDAX

(Hinweis: Widerstände, Unterstützungen, Reaktionspotentiale etc. werden ab sofort in einem jeweilig gesonderten Arbeitsblatt zum Abruf bereitgestellt)

Weiterführende Einschätzung

Am Ende des gestrigen Handelstages schlossen die US-Indizes mit plus 0,55 Prozent (Dow Jones) und plus 0,68 Prozent (S&P 500) nahe ihrer Tageshochs und auch FDAX und FESX hatten sich nach dem Auslaufen der Verkaufsorders aus der institutionellen Ecke wieder deutlich erholt, um jedoch noch immer tief rot im Minus in den Feierabend zu gehen.

Marktbeurteilung nach dem Conviction Circle

(1) Einschätzung der grundsätzlichen Ausrichtung der Aktienmärkte: Verblieb die technische Ausgangslage per gestern in den US-Börsenbarometern am Ende des Handels im Erholungsmodus, ohne neue Bewegungstiefs in den übergeordnet gültigen tertiären Abwärtstrends zu markieren, gaben Europas Indizes am Nachmittag kräftig nach. Der FDAX rutschte im Tagestief auf 9.102,50 Punkte und setzte damit formal seinen übergeordnet gültigen Abwärtstrend im Tageschart fort. Die Tatsache, dass im Vorfeld die Überwindung der errechneten Minimumkorrektur im Bezug auf das bisher letzte Bewegungsfraktal des Abwärtstrends (und erst recht des gesamten Abwärtstrends) nicht erfolgte, bestätigte am Ende die statistisch belegte Aussage, dass mit einer etwa 65 prozentigen Wahrscheinlichkeit ein neues Bewegungsextrem zu erwarten gewesen war (auch wenn die Ukraine hier temporeich mitgeholfen hat).

FDAX-und-Bund-Future-Handelstagebuch-vom-16-April-2014-Kommentar-Uwe-Wagner-GodmodeTrader.de-1

Dow Jones und S&P 500 schafften im Tageshoch und Schlusskurs einen Rücklauf in ihre im Vorfeld nach unten hin verlassenen Konsolidierungszonen (eine Entwicklung, welche den Bestand der übergeordneten Abwärtstrends bisher (noch) nicht gefährdet). Der FDAX konnte sich auf Basis seines Schlusskurses wieder über das 9.200er Niveau zurückziehen (Eindeckungskäufe) und im Ergebnis eine ausgeprägte Lunte ausbilden.

Halten wir fest: Europas Märkte, besonders der deutsche Markt, scheint aktuell deutlich besichert zu sein. Wir unterstellen aktuell einen hohen Grad an Short-Positionen im Future (gegen Bestände in der Kasse), sowie einiges in Optionen gegen Kasse. Das heißt im Umkehrschluss, dass bei einer Relativierung bzw. Entspannung der Lage in der Ukraine ein stetiger Gegenlauf wegen einseitiger Eindeckungen durchaus möglich ist – man sollte diese Möglichkeit als Option im Hinterkopf behalten.

(2) Technische Beurteilung DAX / FDAX: Losgelöst von jeglicher politischer Einflussnahme auf die Kursentwicklung an den Märkten, setzten per gestern DAX und FDAX ihren übergeordnet gültigen Abwärtstrend fort und markierten neue Bewegungstiefs (nachdem die jeweils errechneten minimalen Reaktionspotentiale nach oben hin nicht überwunden werden konnten). Eindeckungskäufe in den letzten Abendstunden formten im FDAX schlussendlich eine ausgeprägte Lunte im Tagesmuster.

Die Markttechnik trübte sich mit der gestrigen Kursentwicklung konsequenterweise weiter ein, der im Tageschart hinterlegte Richtungsfilter steht im FDAX kurz vor einem set-up-Wechsel auf „short“, bei gleichzeitig weiter nachgebender Schwungkraft. Charttechnisch liegt uns weiterhin ein „bilderbuchmäßig“ ausgeformter Abwärtstrend vor, der bisher alle Beurteilungskriterien aus charttechnischer Sicht erfüllt.

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In der Konsequenz der Markierung eines neuen Bewegungstiefs im gestrigen Handel, errechnen wir per heute Morgen neue Reaktionspotentiale auf der Oberseite. Bezogen auf die gesamte Wegstrecke des Abwärtstrends seit dem Hoch bei 9.741,50 lauten diese: 9.314 / 9.346 (Minimumkorrektur), 9.421 (Normalkorrektur) und 9.496 / 9.527 (Maximumkorrektur). Bezogen auf die Wegstrecke des letzten Bewegungsfraktals errechnen wir die Potentiale wie folgt: 9.268 / 9.292 (Minimumkorrektur), 9.351 (Normalkorrektur) und 9.410 / 9.434 (Maximumkorrektur). Mit der gestrigen Erholung, hat sich der FDAX am Abend fast an das errechnete minimale Reaktions-Ziel herangeschoben.

(3) Wie sieht das Tagesmuster im FDAX aus? Wie interpretieren wir den FDAX intraday? Das gestrige Tagesmuster fällt durch seine ausgeprägte Lunte auf. Unter Berücksichtigung des Wissens, wie es zu dieser Luntenbildung gekommen ist, wollen wir diese „zaghaft“ als positiv werten. Wir wissen, dass hier noch immer größere Besicherungspositionen im Markt bestehen, welche größere Kassebestände gegen Verwerfungen schützen sollen (nach oben hin aber auch Kursgewinne in den besicherten Portfolios verhindern). Das bedeutet, dass hier potentielle Nachfrageüberhänge schlummern, welche greifen werden, sobald sich die Lage in der Ost-Ukraine aufhellen sollte. Kommt es morgen in Genf zu dem Vierertreffen und kommen dann dort halbwegs positiv verwertbare Nachrichten, könnten wir uns vor Ostern Eindeckungskäufe vorstellen. Spitzt sich die Lage in der Region jedoch weiter zu, sollten weitere Absicherungsverkäufe dem gestrigen folgen.

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Der gestrige intraday-Chart des FDAX lässt zum heutigen Handelsstart kaum eine aussagekräftige Einschätzung zu, dazu wurde er im gestrigen Handelsverlauf zu sehr gebeutelt (in beide Seiten). Auch wenn die potentiellen Wendemarken aktuell „weit weg“ sind, lässt sich sagen, dass Chancen bestehen (immer vorausgesetzt, es kommt nicht zu unvorhergesehenen Zuspitzungen in der Ost-Ukraine), dass sich die Erholung von gestern Abend am heutigen Mittwoch fortsetzt. Sollte es anfänglich noch einmal zu Kursverlusten kommen, könnte sich hier ein möglicher Doppelboden ausformen, dessen Nackenlinie im Bereich um 9.233,50 läge. Setzt sich die Erholung gleich fort, fokussieren wir noch einmal auf die 9.252,50 als möglicher Widerstandsbereich, weisen aber darauf hin, dass im Grunde kaum noch Long-Schieflagen (aus denen sich definitionsgemäß Widerstände definieren) im Markt vorliegen dürften. Spätestens gestern Nachmittag müsste nahezu alles bereinigt worden sein.

Folglich werden wir eine konkrete „Neusondierung“ im heutigen Tagesgeschäft durchführen müssen und dazu im Stream zeitnah kommentieren.

(4) Geplante Handelsrichtung: Im Schatten solch seltener Ereignisse wie die sich zuspitzende Lage in der Ost-Ukraine, ist es schwer und wahrscheinlich auch wenig seriös sinnvoll, Tagestendenzen festlegen zu wollen. Wir unterstellen, dass der Absicherungsüberhang ein latentes Nachfragepolster im Markt bilden sollte, sofern die Akteure von einer weniger dramatischen Entwicklung in der Ost-Ukraine ausgehen, als es gestern noch aussah. Kommt da heute nichts nach, ist unserer Ansicht nach die Kaufseite zu bevorzugen. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die US-Märkte, welche sich deutlich nach oben hin entwickelt haben (damit einen recht auffälligen Spread zu Europa und erst recht zum DAX / FDAX aufgebaut haben). Wir verweisen aber auch, dass es spontan aufgebaute Absicherungen im Markt gibt, welche zwar keine „nacked shorts“ darstellen, aber nun immerhin nicht planmäßig in den Portfolios schlummern. Folglich halten wir (unter der Maßgabe, dass die Investoren keine weiteren Zuspitzungen erwarten) Kursgewinne im DAX / FDAX in der Folge für sehr wahrscheinlich.

Wir betonen im Handelstagebuch, im Stream und in der allabendlichen Nabelschau immer wieder, dass es nicht darauf ankommt, wie wir die Dinge sehen, sondern darauf, wie die marktbewegenden Großinvestoren (Fonds, Versicherungen usw.) die Lage mittel- bis langfristig einschätzen und im Sinne ihrer Anlageportfolios entscheiden. Wir können uns da nur ranhängen. Also wird hier und jetzt das Zünglein an der Waage die Vision sein, welche diese Investorengruppe hinsichtlich der Entwicklung in der Ukraine hat. Wir halten es für wahrscheinlich, dass der Absicherungsbedarf vorerst ausgeschöpft sein sollte.

Bund-Future

(Hinweis: Widerstände, Unterstützungen, Reaktionspotentiale etc. werden ab sofort in einem jeweilig gesonderten Arbeitsblatt zum Abruf bereitgestellt)

Der Bund-Future war per gestern der Oberprofiteur der Entwicklung an den Märkten. Anlagen im Europäischen Anleihemarkt sind derzeit nicht unter Renditegesichtspunkten zu sehen, sondern unter den Gesichtspunkten der Sicherheit. Folglich brach der FGBL per gestern Nachmittag nach oben hin aus und markierte mit 144,64 ein neues Hoch innerhalb seines Aufwärtstrends im Tageschart. Damit bestätigte sich auch die aktuell wieder vorherrschende negative Korrelation zwischen Aktien und Renten einmal mehr.

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Markttechnisch wird der Aufwärtstrend derzeit im Tageschart des FGBL bestätigt, im Stundenchart geht es derzeit etwas hektischer „hin und her“. Liegen wir mit unserer Gesamteinschätzung richtig, wonach es hier eine entsprechende negative Korrelation zwischen Aktien und Renten noch immer gibt, halten wir temporäre Abschläge im Bund-Future für heute Vormittag für wahrscheinlich, sofern sich unsere zaghafte Erwartung weiter anziehender Kurse auf der Aktienseite durchsetzt. Unterstützung erwarten wir im FGBL bei etwa 144,32 / 144,30 und darunter um 144,09 und um 143,94. Widerstand leitet sich im Bereich um 144,64 her.

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Über den Experten

Uwe Wagner
Uwe Wagner
Technischer Analyst und Trader

Uwe Wagner arbeitete bereits während seines Wirtschaftsstudiums als Maklergehilfe an den Börsen in Berlin, Wien und Madrid. 1991 trat er dann in die Deutsche Bank AG ein, wo er eine fundierte Ausbildung im Wertpapier- und Derivatehandel erhielt – in Frankfurt/Main sowie in Chicago im International Trading Institute unter dem bekannten Warenhändler Toni Saliba. Innerhalb der Deutschen Bank AG durchlief Wagner diverse Etappen im Handelsbereich. So betreute er als DTB Market Maker zunächst diverse Werte, verantwortete anschließend den Options- und Future-Handel in der Deutsche Bank S.A. in Madrid und mehrere Jahre die spekulative Verwaltung von Teilen des Eigenkapitals der Bank über DB Advisor. Wagner baute innerhalb der Deutsche Bank AG das damals erste Internet-Tool für Technische Marktanalysen (dbS-Trade) auf und führte den systembasierten Handel in Future-Märkten. Sein Schwerpunkt liegt seit über 20 Jahren auf dem FDAX und dem Bund-Future-Markt, den er täglich analytisch seziert, um daraus Handelsszenarien zu entwickeln und diese dann auch aktiv umzusetzen. Seit 2003 lebt und arbeitet Wagner in Hamburg. Uwe Wagner ist aktiv im FDAX und Bund-Future tätig.

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