Kommentar
14:40 Uhr, 24.04.2015

Falsche Propheten...

"Hütet Euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu Euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe". (Matthaeus 7:15)

Es gibt nur einige wenige Kollegen, die schon vor Jahren darauf hingewiesen haben, dass die bestehenden Strukturen völlig aus dem Ruder laufen und dass unser Geldsystem immer deutlicher an seine Grenzen stößt. Dirk Müller fällt mir da ein, Bestsellerautor Marc Friedrich oder auch der frühere Bankdirektor Roland Leuschel, der die Probleme früher erkannt hat als die meisten von uns und der seit Jahren vor den Folgen warnt – sie alle können sich gratulieren:

Die „kruden Thesen“, für die diese Kollegen unermüdlich aufgestanden sind, und für die auch wir an dieser Stelle von zahlreichen Lesern belächelt wurden, werden allmählich salonfähig. Was vor einigen Jahren noch als Spinnerei einiger durchgeknallter „Verschwörungstheoretiker“ abgetan wurde, das findet allmählich nicht nur den Weg in die Mainstream-Medien. Handelsblatt, Focus, Stern und Spiegel haben sich längst des Themas angenommen. Doch sogar hochrangige Finanz-Institutionen und Regierungsvertreter „schmücken“ sich plötzlich mit veritablen Crashwarnungen.

Ex-Fed-Chef Alan Greenspan beispielsweise, den sie einst den „Magier der Märkte“ nannten, und der maßgeblich zu dem ganzen Schlamassel beigetragen hat, findet Gold plötzlich doch ein „sehr sinnvolles Investment“. Der frühere Notenbanker kokettiert dabei keineswegs mit seinen eigenen Prognosen aus den 1960er Jahren, sondern blickt auf die aktuellen Geschehnisse:

Mit markigen Worten warnte Greenspan kürzlich, etwas „ganz Großes“ sei im Anmarsch. Im Zuge der Ereignisse, die er, Greenspan, heraufziehen sehe, werde nicht nur die Inflation explodieren.

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"Gold is a currency. It is still, by all evidence, a premier currency. No fiat currency, including the dollar, can match it." (Alan Greenspan)

Die aktuelle Fed-Chefin Janet Yellen pflichtet ihrem Vorgänger bei: Cashbestände seien nun wirklich kein sinnvoller Wertspeicher. Das sagte Yellen kürzlich auf einer Pressekonferenz.

Wie bitte? Ausgerechnet die Vorsitzende der mächtigsten Finanzinstitution unseres Planteten hält das selbst erzeugte „Baumwollfüllmaterial“ für eine unsinnige Wertanlage? Yellen hat zweifellos Recht mit ihrer Äußerung und doch fragt man sich, woher der plötzliche Gesinnungswandel kommt.

Nebenbei bemerkt: Wer sich für den wenig ruhmreichen Weg der US-Notenbank interessiert, der findet hier einen kurzen Überblick. Das aber nur am Rande.

Doch wir sind damit noch nicht am Ende der Geschichte. Denn wie es aussieht, fängt das alles erst so richtig an:

JPMorgan-Chef Jamie Dimon etwa warnte kürzlich in seinem Aktionärsbrief vor einem Crash bei US-Staatsanleihen.

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht erhebliche “Schattenbankrisiken”, die an den Finanzmärkten eine Katastrophe auslösen könnten.

In seinem jüngsten Bericht zur globalen Finanz-Stabilität gesteht der IWF sogar ein, das weltweite Schuldenproblem sei außer Kontrolle geraten. Schon eine vergleichsweise harmlose Krise könne zu einem weltweiten Crash führen.

Dazu passend sah sich auch die Weltbank vor einiger Zeit genötigt, mit der deutlichen Warnung an die Öffentlichkeit zu gehen, jetzt sei „die richtige Zeit, um sich auf die nächste Krise vorzubereiten”.

Zu guter Letzt schwenkt auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in den Tenor der prominenten Crashpropheten ein und warnt in jüngster Zeit regelmäßig vor einer „weltweiten Finanzkrise“. Dass die „Zentralbank der Zentralbanken“ den Zusammenbruch des Kreditmarktes in den USA im Jahr 2007 rechtzeitig angekündigt hatte, gibt der Prognose aus diesem Hause eine besonders pikante Note.

Was wollen die Insider?

Bei all den unmissverständlichen Aussagen von Vertretern, die das ganze Theater maßgeblich zu verantworten haben, drängt sich folgende Frage auf:

Warum tun die das plötzlich alle? Warum warnen immer mehr gut informierte „Insider“ vor erheblichen Turbulenzen in unserem Finanzsystem, wo doch vor nicht allzu langer Zeit angeblich alles in bester Ordnung war? Und warum warnen sie jetzt alle gleichzeitig?

Menschenfreunde?

Da nicht anzunehmen ist, dass US-Notenbank, Weltbank, IWF und Konsorten plötzlich unter die Menschenfreunde gegangen sind, und uns mit ihren wohlfeilen Prognosen etwas Gutes tun wollen, müssen die Gründe woanders liegen.

Wollen sich die Herrschaften vielleicht den Ruf treffsicherer Propheten erarbeiten, denen die Menschen willig folgen werden, wenn deren düsteren Vorhersagen eingetroffen sind?

„Wir haben es Euch ja gesagt, deshalb folgt auch jetzt unbedingt unserem Rat“.

So könnte es in einigen Jahren überall zu hören und zu lesen sein, wenn es darum geht, ein nagelneues Finanzsystem aus dem Hut zu zaubern. Einen Neustart eben, der auch dann wieder ganz im Sinne der bisherigen Profiteure über die Bühne gehen soll.

Ganz uneigennützig versteht sich...

Es könnte sich lohnen, während der nahenden Sommerpause darüber einmal in aller Ruhe nachzudenken...

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de

31 Kommentare

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  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Vielleicht sind die massenhaft bullischen Äußerungen der Entscheider ja auch nur als Kontraindikator zu werten: Also, raus aus Gold ... ;-)

    Spaß beiseite. Ich glaube auch, dass es vor allen Dingen zwei Aspekte sind, die sie antreiben:

    1.) verunsichern

    2. nicht als Vollpfosten darzustehen, wenn es zum Crash kommt. So hat man immer die Möglichkeit zu sagen: "Seht doch mal in meinem Artikel vom so-und-so-vielten nach, da habe ich es doch vorausgesagt."

    17:53 Uhr, 26.04. 2015
  • Cramer
    Cramer

    Der untenstehende link fuehrt zu einem 11 Monate alten Artikel auf CNBC

    Dazu passend sah sich auch die Weltbank vor einiger Zeit genötigt, mit der deutlichen Warnung an die Öffentlichkeit zu gehen, jetzt sei „die richtige Zeit, umsich auf die nächste Krise vorzubereiten”.

    05:36 Uhr, 26.04. 2015
  • Gargol
    Gargol

    Gibt auch Schafe im Wolfspelz

    21:53 Uhr, 25.04. 2015
  • Chamäleon
    Chamäleon

    Aber was die falschen Propheten wirklich wollen liegt doch klar auf der Hand.

    Verunsichern, und dazu bin ich nicht mehr bereit.

    Nur zuoft habe ich in der Vergangenheit zu viel Zeit damit verplemert und mir unzählige Gedanken gemacht, wie man sich schützt, was alles passieren kann usw.

    Passiert ist meistens nichts, was den Vorstellungen nahe kam.

    Deshalb sollte man zwar nicht alles ignorieren, aber eben auch die Dinge laufen lassen und sich verstärkt auf seine Tradingstrategien konzentrieren, bevor es wirklich einmal zu spät ist.

    Denn eins ist ziemlich sicher, unter uns ist wohl niemand der die Zukunft kennt und das ist auch gut so.

    Wir werden schon sehen was die "Propheten" mit uns vorhaben, aber ohne uns - und davon bin ich überzeugt - können die auch nichts machen.

    Es besteht eine untrennbare Symbiose, und das wissen die Entscheider.

    Also Augen zu und durch.

    17:03 Uhr, 25.04. 2015
  • 2 Antworten anzeigen
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Die sog. falschen Propheten wollen vielleicht ganz einfach nicht als Vollpfosten dastehen, wenn der unvermeidbare 2. Abschnitt der Staatsschuldenkrise zu einem schmerzhaften Bereinigungsprozess führt.

    12:54 Uhr, 25.04. 2015
  • Kahroba
    Kahroba

    Also da sagen ein paar "insider" dass man gold kaufen soll. und das mit nachdruck. daraus lesen sie dass der grosse crash naht?? wann war eigentlich der crash nicht nah?

    12:21 Uhr, 25.04. 2015
  • Rolli1001
    Rolli1001

    @CRISS1 !! Die beste Antwort auf diese unendliche Diskussion. @ ALL Leute wir sind Trader oder Investoren was sollen wir mit solchen Infos anfangen.

    Gold kaufen und eingraben. Sehr Tief, denn wenn es einen Krieg gibt könnte ja ne Bombe drauf fallen = Gold weg. :-)

    Also immer das handeln was wir sehen Stopps und entspannen. Weltverbessere gabs schon zu Christus Zeiten

    Wünschen schönes WE

    10:57 Uhr, 25.04. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    was ich damit sagen will: klar, hr hoose hat recht, wenn er schreibt, die in seinem Artikel genannten Propheten, die jetzt gerade vor einer Krise warnen, sind nicht an dem finanziellen Erfolg von uns interessiert und wollen sich nur profilieren. Aber was fange ich als trader/investor mit dieser info an? Was leite ich daraus für meine nächsten Investitionen ab?

    Fakt ist erstmal nur folgendes. Shiller-KGV vom s&p500 hat 27 erreicht. Hoch bewertet gilt um 25, Unterbewertung ist 10, zur krise 2000 stand es bei 47. Also kann ne Korrektur kommen, es kann aber auch übertreibend noch erheblich hoch gehen.

    Seit 2009 wird hier der Absturz proklamiert. Der Dax hat aber 6000 Punkte zugelegt. Soll ich, weil irgendjemand was abstuerziges prophezeit, nun aussteigen?

    Fakt ist, s&p hat gerade neues ATH erreicht (eher ein Kaufsignal) und Dax hat trotz aller Erwartung kein neues tieferes Tief unter 620 erzeugt. Also kann es das auch gewesen sein und auf zu neuen Hochs ggf bis zu ATs 18000 übertreiben (Steige ich aus verpasse ich ggf weitere 6000 Punkte :-) )

    Also orientiere ich mich nicht an Prophezeihungen, sondern halte ich mich an die Fakten: Montag schauen, wahrscheinlich long. (Wir reden hier von einem lacherlich kleinen Risiko von 300 Punlten im Verhaltnis zum 12000er Kursstand). Wird in der nächsten Woche/n doch ein tieferes Tief ausgebildet und damit den Aufwärtstrend erstmal beendet und Korrektur in Richtung 10500 eingeleitet, bleibt noch genügend Zeit longinvestments abzusichern/longtrades zu verkaufen und shorteinstiege bei Rückläufen zu suchen.

    So einfach ist das. Ohne jede prophetische Begabung.

    09:30 Uhr, 25.04. 2015