Fait Accompli Hollande
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Auch wenn die Wahl in Frankreich wie erwartet ausgeht, dürfte es zunächst eine Erleichterung für die Märkte sein.
Darf man den Wahlumfragen auch nur ein wenig Glauben schenken, dann ist es mehr oder minder schon jetzt eine vollendete Tatsache, oder wie die Franzosen sagen, ein Fait Accompli dass Francois Hollande am kommenden Sonntag zum nächsten Präsidenten Frankreichs gewählt wird. Daran dürfte auch das dreistündige Fernsehduell nichts mehr ändern. Für die Börse ist es das so oder so spätestens Montagmorgen nach der Wahl ebenfalls. Der Belastungsfaktor, auf den an dieser Stelle mit dem Titel „Stolperstein Frankreich“ bereits vor zehn Wochen hingewiesen wurde, dürfte damit aus dem Weg geräumt sein. Ich gehe davon aus, dass die Börsen danach ihren Aufwärtstrend fortsetzen werden. Darauf zu setzen, und zwar insbesondere auf französische Aktien, die zuvor überproportional verloren haben, könnte eine sehr lohnenswerte Spekulation sein. Schon einmal in meiner „Börsianer-Karriere“ habe ich mit einer Spekulation auf den CAC 40 nach einem von Börsianern befürchteten Wahlsieg der Sozialisten sehr ordentlich profitiert. Das war 1997 und damals waren es die Parlamentswahlen. So wie heute setzte ich darauf, dass politische Börsen bekanntermaßen kurze Beine haben, und dass eine Befürchtung in dem Moment, wo sie Realität wird, an der Börse niemanden mehr interessiert. Die Kurse erholten sich wie erwartet.
Soweit die kurz- bis mittelfristige Börsenaussicht, die bekanntlich einer eigenen, Börsenlaien oft unverständlichen – Logik folgt.
Langfristig sind die Befürchtungen in Bezug auf einen Präsidenten Hollande keineswegs unbegründet, und französische Aktien nicht die erste Wahl. Seit Ausbruch der Eurokrise habe ich immer wieder gesagt und geschrieben, dass die Sparmaßnahmen, die notwendig sind, um die Schulden in der Währungsunion ohne Inflation und ohne Schuldenschnitt abzubauen, politisch nicht durchsetzbar sind. Mit dem zu erwartenden Wahlausgang in der Fünften Republik, erfährt diese Ansicht das erste Mal Bestätigung durch die Realität. Die Franzosen wollen keine Einschnitte, sondern aus den Schulden herauswachsen. Natürlich ist das völlig illusorisch. Das Land leidet an seiner unflexiblen, weil zu großen Teilen staatlich gelenkten Wirtschaft. Seit Jahren verliert Frankreich an Wettbewerbsfähigkeit, entsprechend groß ist das Leistungsbilanzdefizit. Nicolas Sarkozy hatte das erkannt. Er war ein wenig der Gerhard Schröder Frankreichs, wenngleich er am Ende weit davon entfernt war, so etwas wie die Agenda 2010 durchzusetzen. Es erwies sich im Land der Revolutionäre schon vor Jahren als nicht durchsetzbar. Doch das wenige, was er vollbrachte, will Hollande nun auch noch zurück drehen. So soll Rentenalter wieder von 62 auf 60 Jahre abgesenkt und mit Steuersätzen bis zu 75 Prozent von oben nach unten umverteilt werden – Rezepte, die sich bereits in den 70er Jahren als völlig kontraproduktiv erwiesen und es in einer globalisierten Welt erst recht sein dürften.
Das Eurorettungsduo mit dem Markennamen Merkozy ist damit Geschichte und erheblicher Zwist über den Fiskalpakt und Themen wir Eurobonds sind vorprogrammiert. Der Währungsunion drohen damit vielleicht nicht sofort aber längerfristig erneute Erschütterungen. Ob sie überlebt, hängt am Ende von Deutschland ab. Die Franzosen dürften nur das erste Volk sein, das sich per Wahlentscheid dem Spardiktat wiedersetzt. Nur wenn wir hierzulande bereit sind, es auch mal „krachen“ zu lassen, also Löhne kräftig zu erhöhen, um den anderen Ländern mehr Wettbewerbsfähigkeit zu schenken, wird die Eurozone langfristig überleben können. Auf die Vernunft der Italiener, Spanier, Griechen und Portugiesen zu setzen, ist nicht nur illusorisch, sondern dumm. Die Vorgänge sind viel zu komplex, und die Rezepte der Wahlkämpfer viel zu verlockend, dass die breite Masse ihnen wird wiederstehen können.
Mehr von und über Stefan Riße erfahren Sie unter www.rissesblog.de
Stefan Riße, ist Portfolio Manager bei der Vermögensverwaltung HPM Hanseatischen Portfoliomanagement in Hamburg. Bekannt ist er durch seine jahrelange Tätigkeit als Börsenkorrespondent für den Nachrichtensender N-TV. Sein aktuelles Buch „Die Inflation kommt“, belegte 2010 erste und zweite Plätze auf den bekannten Wirtschaftsbuch-Bestsellerlisten.
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