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15:25 Uhr, 09.09.2021

EZB verlangsamt Anleihenkäufe moderat

Die EZB wird das Volumen der monatlichen Anleihenkäufe im Rahmen des Pandemieprogramms PEPP moderat reduzieren. Das Gesamtvolumen bleibt unverändert bei 1,85 Billionen Euro (1.850 Milliarden Euro). Über die Zukunft des Programms will die EZB im Dezember entscheiden.

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Die Europäische Zentralbank (EZB) wird ihre Anleihenkäufe im Rahmen des PEPP-Programms im Vergleich zum zweiten und dritten Quartal moderat verlangsamen. Dies kündigte die EZB im Rahmen ihres Zinsentscheids am Donnerstag an.

"Auf Grundlage einer gemeinsamen Beurteilung der Finanzierungsbedingungen und der Inflationsaussichten ist der EZB-Rat zu der Einschätzung gelangt, dass günstige Finanzierungsbedingungen auch dann aufrechterhalten werden können, wenn der Umfang des Nettoerwerbs von Vermögenswerten im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) gegenüber den beiden Vorquartalen moderat reduziert wird", teilte die EZB mit. Im zweiten und dritten Quartal hatte die EZB ihre Käufe im Vergleich zum ersten Quartal ausdrücklich erhöht. Im August allerdings hatte die EZB bereits aus saisonalen Gründen ihre Ankäufe im Rahmen des PEPP-Programms verringert.

Das Gesamtvolumen des PEPP-Programms bleibt unverändert bei 1,85 Billionen Euro (1.850 Milliarden Euro) und es soll weiterhin bis mindestens Ende März 2022 und in jedem Fall solange fortgesetzt werden, bis die Krisenphase der Corona-Pandemie überwunden ist. Tilgungsbeträge der im Rahmen des PEPP-Programms erworbenen Wertpapiere sollen weiterhin mindestens bis Ende 2023 bei Fälligkeit wieder angelegt werden. Das Volumen des regulären Anleihenkaufprogramms APP bleibt bei 20 Milliarden Euro pro Monat. Diese Käufe des APP-Programms sollen weiterhin erst kurz vor der ersten Zinserhöhung beendet werden. Tilgungsbeträge der im Rahmen des APP-Programms erworbenen Wertpapiere sollen noch für längere Zeit nach der ersten Zinserhöhung reinvestiert werden.

An den Leitzinsen in der Eurozone ändert sich ebenfalls nichts. Der Hauptrefinanzierungssatz wurde auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent belassen. Der Einlagesatz bleibt bei minus 0,5 Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz bei plus 0,25 Prozent. An dem Zinsausblick ändert sich ebenfalls nichts. "Um sein symmetrisches Inflationsziel von 2 % zu unterstützen und im Einklang mit seiner geldpolitischen Strategie, geht der EZB-Rat davon aus, dass die EZB-Leitzinsen so lange auf ihrem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden, bis er feststellt, dass die Inflationsrate deutlich vor dem Ende seines Projektionszeitraums 2 % erreicht und sie diesen Wert im weiteren Verlauf des Projektionszeitraums dauerhaft hält, und er der Auffassung ist, dass die Entwicklung der zugrunde liegenden Inflation hinreichend fortgeschritten ist, um mit einer sich mittelfristig bei 2 % stabilisierenden Inflation vereinbar zu sein", heißt es weiter im Statement. "Dies geht unter Umständen damit einher, dass die Inflation vorübergehend moderat über dem Zielwert liegt."

"Der EZB-Rat ist bereit, alle seine Instrumente gegebenenfalls anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation mittelfristig bei seinem Zielwert von 2 % stabilisiert", bekräftigte die EZB.

Update: Auf der Pressekonferenz sagte EZB-Präsidentin Lagarde, dass die Erholungsphase der Wirtschaft weiter fortgeschritten sei und die Wirtschaftsleistung zum Jahresende das Vorkrisenniveau wieder erreichen werde. Die Wirtschaft sei weitgehend geöffnet und der Inflationsausblick habe sich leicht aufgehellt. Die Finanzierungsbedingungen seien günstig geblieben. Die Delta-Variante könnte die Wiedereröffnung der Wirtschaft verzögern, habe bisher aber noch nicht zu Einschränkungen geführt. Die Erholung der Wirtschaft hänge von der Pandemie und dem Fortschritt der Impfungen ab. Eine geldpolitische Unterstützung sei weiter unerlässlich.

Gefragt, ob man die Reduzierung der Anleihenkäufe als "Tapering" bezeichnen könne, sagte Lagarde, dass es sich um eine "Rekalibrierung" für die nächsten drei Monate handele. Die Entscheidung sei einstimmig gewesen. Man könne auch mit den reduzierten Käufen für günstige Finanzierungsbedingungen sorgen und habe nicht darüber gesprochen, was nach dem PEPP-Programm komme. Wenn das PEPP-Programm vorbei sei, sei die Aufgabe der EZB noch nicht beendet. Eine geldpolitische Unterstützung der Wirtschaft sei weiter unerlässlich. In Bezug auf die Zukunft des PEPP-Programms wies Lagarde ausdrücklich auf den Zinsentscheid im Dezember hin, dann werde man mehr darüber hören.

Der EZB-Mitarbeiterstab hob seine Inflationsprognosen an und rechnet für 2021 nun mit einer Inflationsrate von 2,2 Prozent (zuvor 1,9 Prozent), für 2022 von 1,7 Prozent (zuvor 1,5 Prozent) und für 2023 von 1,5 Prozent (bisher: 1,4 Prozent). Die Prognose für das BIP-Wachstum im aktuellen Jahr wurde von 4,6 Prozent auf 5,0 Prozent angehoben. Für 2022 wurde die erwartete Wachstumsrate von 4,7 auf 4,6 Prozent leicht gesenkt. 2023 wird das BIP-Wachstum weiter bei 2,1 Prozent gesehen.

Lagarde betonte, dass der gegenwärtig zu beobachtende Inflationsanstieg größtenteils temporär sei und teilweise auf Sondereffekten wie dem Ende der Mehrwertsteuersenkung in Deutschland basiere. Gleichzeitig schloss Lagarde allerdings auch nicht aus, dass sich die höhere Inflation verstetigen könne. Die Auswirkungen von Lieferengpässen bleibe abzuwarten. Man beobachte mögliche Zweitrundeneffekte genau. Lieferengpässe sollten ab dem ersten Halbjahr 2022 vermieden werden.

Marktreaktionen: Die Aktienmärkte, der Euro und der Goldpreis konnten unmittelbar nach Veröffentlichung des Zinsentscheids um 13.45 Uhr leicht zulegen. Der Euro brach während der Pressekonferenz zeitweise ein, stabilsierte sich anschließend aber wieder. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe gab etwas nach, der Bund-Future legte entsprechend zu. Die Verlangsamung der Anleihenkäufe scheint die Marktteilnehmer also, anders als vielleicht zu erwarten gewesen war, nicht besonders zu stören. Vielmehr scheint der Fokus darauf zu liegen, dass die EZB die konjunkturelle Situation offenbar als positiv genug beurteilt, um ihre Stützungsmaßnahmen leicht reduzieren zu können.

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Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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