EZB erhöht Leitzins um 75 Basispunkte
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Im Kampf gegen die hohe Inflation in der Eurozone strafft die EZB ihre Geldpolitik deutlich. Die Leitzinsen werden um 75 Basispunkte (0,75 Prozentpunkte) angehoben, wie die EZB am Donnerstag im Rahmen ihres Zinsentscheids mitteilte. Die Märkte hatten zuletzt bereits mit einem solchen drastischen Zinsschritt gerechnet. Es handelt sich um den größten einzelnen Zinsschritt seit der Euro-Einführung als Buchgeld im Jahr 1999.
Der Leitzins (Hauptrefinanzierungszins) steigt damit von 0,50 Prozent auf 1,25 Prozent. Der Einlagensatz für die Banken erhöht sich von 0,00 Prozent auf 0,75 Prozentpunkte. Der weniger wichtige Spitzenrefinanzierungszins wird von 0,75 Prozent auf 1,5 Prozent angehoben.
"Grund für den Beschluss des EZB-Rats ist, dass die Inflation nach wie vor deutlich zu hoch ist und voraussichtlich für längere Zeit über dem Zielwert bleiben wird", erläuterte die EZB in ihrem Statement zum Zinsentscheid. "Aus demselben Grund geht der EZB-Rat davon aus, dass er die Zinsen weiter anheben wird."
Beim Zinsentscheid im Juli hatte die EZB den Leitzins zum ersten Mal seit dem Jahr 2011 wieder angehoben, und zwar um 50 Basispunkte, statt der früher üblichen 25 Basispunkte.
Die Inflationsrate in der Eurozone war im August auf 9,1 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit Bestehen der Währungsunion geklettert. Bereits seit rund einem Jahr liegt die Teuerung über dem EZB-Ziel von zwei Prozent. Trotzdem hat die EZB ihre Geldpolitik bisher nur zögerlich gestrafft. Kritiker werfen der EZB vor, viel zu spät auf die hohe Inflation reagiert zu haben. Der Inflationsdruck könnte nach Einschätzung der EZB kurzfristig weiter zunehmen: "Der Preisdruck hat in der gesamten Wirtschaft weiterhin an Stärke und Breite gewonnen. Auf kurze Sicht könnte die Inflation zudem weiter anziehen", heißt es im Statement zum Zinsentscheid. Der EZB-Mitarbeiterstab hat seine Inflationsprognosen deutlich angehoben und rechnet nun mit Inflationsraten von 8,1 Prozent im Jahr 2022, 5,5 Prozent im Jahr 2023 und 2,3 Prozent im Jahr 2024.
Mit Blick auf die Wirtschaftsentwicklung zeigt sich die EZB pessimistischer als bisher: "Nach einer Erholung des Wirtschaftswachstums im Euroraum im ersten Halbjahr 2022 deuten jüngste Daten auf eine erhebliche Verlangsamung hin. Für den weiteren Jahresverlauf und das erste Quartal 2023 wird mit einer wirtschaftlichen Stagnation gerechnet", heißt es im Statement zum Zinsentscheid. Der EZB-Mitarbeiterstab hat seine Wachstumsprognosen für 2022 und 2023 deutlich nach unten korrigiert und erwartet nun ein Wachstum von 3,1 Prozent für 2022, von 0,9 Prozent für 2023 und von 1,9 Prozent für 2024. "Sehr hohe Energiepreise schmälern die Kaufkraft der Menschen. Zudem wird die Wirtschaftstätigkeit nach wie vor durch Lieferengpässe gebremst, obgleich sich diese verringern. Darüber hinaus belastet die ungünstige geopolitische Situation, vor allem der ungerechtfertigte Angriff Russlands auf die Ukraine, das Unternehmer- und das Verbrauchervertrauen."
Updates von der Pressekonferenz (15:10 Uhr): Auf der Pressekonferenz betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, dass die Inflation kurzfristig weiter steigen dürfte und die EZB bereit sei, den Leitzins bei den kommenden Treffen weiter anzuheben. Die Inflation sei viel zu hoch und werde auch für längere Zeit über dem Zielwert bleiben. Die EZB werde bei ihren Zinsentscheidungen datenabhängig agieren.
Mit dem heutigen Zinsentscheid ziehe die EZB den Übergang von einer "sehr entgegenkommenden" Geldpolitik zu einer Geldpolitik, die eine Rückkehr zum Inflationsziel ermögliche, vor, sagte Lagarde. Lagarde sprach in diesem Zusammenhang ausdrücklich von einem "frontloading", also einem "Vorziehen" von nötigen Zinserhöhungen. Das deutliche Abweichen vom Inflationsziel habe ein solches Frontloading bei den Zinserhöhungen gerechtfertigt, so Lagarde. Zinserhöhungen um 75 Basispunkte seien aber nicht die Norm, sagte Lagarde. Der Zinsentscheid sei einstimmig gefallen, obwohl es unterschiedliche Ansichten im EZB-Rat gebe.
Man benötige nicht nur rasche, sondern auch angemessen hohe Zinsanhebungen, sagte Lagarde. Sie wisse nicht genau, wo der finale Zins liegen werden, sondern dies werde man herausfinden, wenn man sich dem finalen Zins nähere. Wie hoch die Zinserhöhungen ausfallen werden, werde man von Meeting zu Meeting datenabhängig entscheiden.
Man sei noch "weit entfernt" von dem Zins, den man erreichen müsse, um die Inflation auf das Ziel von zwei Prozent zu bringen, sagte Lagarde. Es werde noch einige Zinsschritte erfordern, bis man dort ankommen werde. Man werde wahrscheinlich mehr als zweimal und weniger als fünfmal noch die Zinsen anheben müssen.
Marktreaktionen: Die Aktienmärkte reagierten mit einer erhöhten Volatilität auf den Zinsentscheid, bewegten sich zunächst kaum von der Stelle. Während der Pressekonferenz gaben die Aktienmärkte aber deutlich nach.
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