Fundamentale Nachricht
16:20 Uhr, 15.07.2020

Die OPEC+ riskiert, einen weiteren Ölpreiseinbruch auszulösen

Der Übergang zu einer höheren Produktion im August fällt mit neuen Lockdowns in den bevölkerungsreichen US-Bundesstaaten und anderen Ländern der Welt zusammen. Sollte sich die Öl-Nachfrage weiter nachweislich abschwächen, wäre das für die Ölpreise verheerend.

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Wien (Godmode-Trader.de) - Innerhalb der OPEC+ gibt es Bewegung. Wie geht es ab August weiter, wenn die aktuelle Vereinbarung zur Förderbeschränkung in großem Stil ausläuft? Laut Bloomberg gibt es dazu bereits Überlegungen.

Die Abweichler, die in den vergangenen Monaten ihren Verpflichtungen in Sachen Förderbeschränkung nicht nachgekommen sind, müssen dies nachholen. Sie sollen nun zu zusätzlichen Drosselungen ab August verdonnert werden. Ein technischer Ausschuss der OPEC+-Gruppe, der am Dienstag per Videoschalte zusammentrat, habe seine Überlegungen für die betreffenden Mitgliedsländer wie Irak, Nigeria und Kasachstan vorgestellt, so Bloomberg unter Berufung auf mit den Gesprächen vertrauten Insidern. Demnach müssen diese im August und September zusätzliche 842.000 Barrel pro Tag an Ausgleichskürzungen vornehmen.

Der Vorschlag solle heute von einem ministeriellen Überwachungsausschuss unter Leitung von Saudi-Arabien und Russland diskutiert werden. Dabei werde erwartet, dass die Gruppe ankündigt, dass die Gesamtkürzungen der Allianz von derzeit 9,6 Mio. Barrel pro Tag - etwa 10 Prozent der weltweiten Lieferungen - im August gelockert werden, da sich die weltweite Nachfrage wieder erholt habe, so Bloomberg weiter.

Um zu verhindern, dass der Angebotsanstieg einen noch fragilen Markt destabilisiert, sind Riad und Moskau offenbar sehr daran interessiert, dass die besagten Nachzügler-Staaten frühere Nachlässigkeiten wettmachen. Auf dem Papier könnte eine vollständige Umsetzung der Kompensationskürzungen das geplante höhere Angebot um 2 Mio. Barrel pro Tag um fast die Hälfte schrumpfen lassen.

Die staatliche irakische Ölmarketinggesellschaft hat nach Informationen der Nachrichtenagentur mindestens vier asiatischen Raffinerien mitgeteilt, dass sie im nächsten Monat weniger Rohöl an sie liefern werde, da sie ihre OPEC+-Verpflichtung nachkommen wolle. Es sei aber immer noch unklar, in welchem Ausmaß sich die besagten Länder insgesamt beschränken werden. Auch an ihre früheren Zusagen hätten sie sich schließlich nicht gebunden gefühlt.

Im vergangenen Monat einigten sich die Nachzügler im Bündnis darauf, ihre Versäumnisse vom Mai nachzuholen, die sich seinerzeit auf 1,26 Mio. Barrel pro Tag beliefen. Der technische Ausschuss stellte laut Bloomberg nun jedoch fest, dass mehrere Staaten ihre Bemühungen im Juni zwar verstärkt hatten, aber immer noch nicht die Umsetzungsquoten erreicht hätten. Die Überproduktion innerhalb des OPEC-Kartells belief sich im vergangenen Monat demnach noch auf 380.000 Barrel pro Tag.

Der Übergang zu einer höheren Produktion im August fällt mit neuen Lockdowns in den bevölkerungsreichen US-Bundesstaaten und anderen Ländern der Welt zusammen. Sollte sich die Nachfrage weiter nachweislich abschwächen, wäre das für die Ölpreise verheerend.

Im aktuellen OPEC-Monatsbericht gibt das Kartell einen Einblick, warum man trotz der anhaltenden Wirtschaftskrise ein höheres Angebot für gerechtfertigt hält. Darin wird prognostiziert, dass die Nachfrage nach OPEC-Rohöl ab jetzt kräftig steigen und 2021 sogar das Niveau von vor dem Virusausbruch übertreffen wird.

Während des zweiten Quartals, als die Restriktionen zur Eindämmung der Pandemie auf ihrem Höhepunkt waren, belief sich die Nachfrage nach OPEC-Rohöl mit nur 15,87 Mio. Barrel pro Tag kaum halb so hoch wie im Vorjahr. Die Gruppe geht jedoch davon aus, dass sie im vierten Quartal wieder auf dem früheren Niveau von über 30 Mio. Barrel liegen wird. Deshalb sei es nun der richtige Weg, schrittweise mit der Produktion nach oben zu gehen.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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